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Schuldig wer vergisst

Titel: Schuldig wer vergisst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Charles Anke und Dr Eberhard Kreutzer
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drückte ihr die Schulter. »Für Trevor.«
    Sie brachten es schnell hinter sich. Gemeinsam betraten sie den Raum; der Gerichtsmediziner legte das Gesicht frei; Rachel nickte und presste dann ihr Gesicht an Yolandas Hals. Es bedurfte keiner Worte.

    Danach war die Leiche zur Obduktion freigegeben, und sie würden bald um einiges besser wissen, womit sie es zu tun hatten.
    Bis jetzt konnten sie mit Sicherheit nur eines sagen: dass Trevor Norton keines natürlichen Todes gestorben war.
     
    Alex Hamilton kam in eine leere Wohnung nach Hause. Das war nichts Neues, zumindest nicht in den Monaten, seit sie in London wohnten: Ihr Vater machte Überstunden, und ihre Mutter führte ihr eigenes Leben. Das Einzige, was Alex an Versorgung erwarten durfte, war eine Auswahl an Fertiggerichten im Kühlschrank; Jilly kochte meistens nicht, weder für sich selbst noch für ihren Mann und schon gar nicht für Alex, die, wie sie oft genug betonte, schließlich nicht ihre Tochter war.
    Alex hatte sowieso keinen besonders großen Hunger. Den hatte sie überhaupt nur selten: Essen war ihr nicht wichtig, und deshalb war sie auch dünn wie ein Strich. In der Schule lebte sie vorwiegend von Knabberzeug und Schokolade, und am Abend plünderte sie wahllos, was sich in der Küche fand. Die Fertiggerichte waren in der Mikrowelle leicht aufzuwärmen, und falls sie die nicht mochte, gab es immer noch eine Schale Müsli oder eine Scheibe Toast.
    Wirklich wichtig war für Alex nur ihr Computer, ihre Verbindung zur Welt. Ihr Dad hatte ihn ihr geschenkt, und sie hätte nicht gewusst, was sie ohne ihn anfangen sollte.
    Alex ließ den Rucksack neben der Haustür fallen, warf ihre Jacke über den nächstbesten Stuhl – wofür Jilly sie später zusammenstauchen würde, aber wen interessierte das schon? – und ging direkt in ihr Zimmer. Auch wenn außer ihr niemand in der Wohnung war, schloss sie die Tür hinter sich.
    Sie hatte den Computer zwar immer an, doch der Zugang war mit einem Passwort geschützt. Obwohl Jilly wahrscheinlich
sowieso zu dämlich war, ihn zu benutzen, selbst wenn sie die Neugier treiben würde – aber man wusste ja nie. Dumm wie ein Stuhl, das war Jilly. Wegen ihrer grauen Zellen hatte Dad sie bestimmt nicht geheiratet, so viel stand schon mal fest.
    Genauer gesagt wusste Alex überhaupt nicht, wieso er sie geheiratet hatte. Zugegeben, sie war schön, aber auch wieder nicht so schön. Jedenfalls nicht, wenn man das ganze Make-up von ihrem Gesicht herunterkratzte. Und schon gar nicht so schön wie Alex’ Mum. Im Vergleich zu ihrer Mum war Jilly nichts als eine angemalte Puppe. Sie hatte vor einiger Zeit mal gehört, wie Granny das zu Granddad sagte, und es war ihr im Gedächtnis geblieben. Eine dämliche, eitle Puppe. Und blöd, blöd, blöd.
    Alex tippte ihr Passwort ein und starrte erwartungsvoll auf den Monitor. Zwei neue E-Mails! Als Erste würde sie die von Kirsty öffnen.
    Kirsty war ihre beste Freundin – ihre allerbeste Freundin auf der ganzen Welt, und das schon so lange sie zurückdenken konnte. Sie lagen im Alter nur wenige Wochen auseinander und waren zusammen in Gartenbridge aufgewachsen. Sie waren unzertrennlich gewesen – in der Schule waren sie in dieselbe Klasse gegangen und in den Ferien hatten sie jeden Tag zusammen gespielt, die ländliche Umgebung ausgekundschaftet und ihre Fantasiewelten miteinander geteilt.
    Kirsty fehlte Alex schrecklich. Fast so sehr wie ihre Mum, nur anders. Ihre Sehnsucht nach ihrer Mum war ein gähnender Abgrund, den sie in ihrem Innersten fest abgeschottet hatte und um den sie, weil er einfach zu wehtat, einen großen Bogen machte; höchstens tief in der Nacht, in ihren schlimmsten Albträumen, tappte sie manchmal hinein. Die Trennung von Kirsty dagegen stand sie Tag für Tag durch.
    In ihrer neuen Schule gab es niemanden wie Kirsty. Niemanden, der ihr so seelenverwandt war, eine echte Freundin.
Die fanden sich alle so toll, so gescheit. Das waren Snobs. Sie hielt sich von allen fern und wusste genau, dass die anderen sie seltsam und unnahbar fanden. Sie sah nicht aus wie diese Schickimicki-Tussen, und sie redete auch nicht wie sie. Hinter ihrem Rücken äfften sie ihren Akzent nach, und zwar laut genug, dass sie es auch hörte.
    Alex machte sich nichts draus – das sagte sie sich jedenfalls selbst. Sie wollte keine von denen als Freundin. Dank der Computermagie hatte sie immer noch Kirsty.
    In den ersten schrecklichen Wochen nach dem Umzug schrieben sie sich mindestens ein

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