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Schuldig wer vergisst

Titel: Schuldig wer vergisst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Charles Anke und Dr Eberhard Kreutzer
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Dutzend Mal am Tag. Alex heulte sich bei Kirsty aus, schrieb sich in ihren Mails den ganzen Kummer von der Seele, und Kirsty spendete Alex den Trost, den sie so nötig brauchte. Es sei ja nicht für lange, versicherte sie Alex. Ihr Vater wäre die langweilige, dämliche Jilly sicher bald leid. Er würde merken, was für einen Riesenfehler er gemacht hatte, und ehe Alex es sich versah, wären sie wieder in Schottland. Wieder in Gartenbridge, und alles wäre wie früher.
    Mit der Zeit war die Flut der E-Mails ebenso verebbt wie der Überschwang der Gefühle. Inzwischen hielt Kirsty Alex darüber auf dem Laufenden, was in der Schule und im Dorf passierte, und berichtete ihr über irgendwelche Veränderungen. Zum Beispiel hatte der Laden an der Ecke, in dem sie nach der Schule immer Süßigkeiten gekauft hatten, dichtgemacht. Eine ihrer Lieblingslehrerinnen würde heiraten und nicht vor dem nächsten Schuljahr wiederkommen. Die Käufer von Alex’ altem Haus hatten es gelb gestrichen.
    Gelb! Die Farbe, die sie am allerwenigsten ausstehen konnte. Es sah bestimmt schrecklich aus. Alex hasste den Gedanken an solche Veränderungen, den Gedanken, dass plötzlich in ihrem Haus irgendjemand anders wohnte. Es war das einzige Haus, das sie je gekannt hatte, das Haus ihrer
glücklichen Kindheit. Es war nur wenige Monate her. Es war eine Million Jahre her.
    Noch weniger wollte sie daran denken, dass Kirsty sich verändern könnte. Doch in ihren letzten Mails gab es bereits die ersten Anzeichen dafür. Kirsty hatte schon ihre Tage bekommen, Alex dagegen hatte diesen Meilenstein auf dem Weg zum Frauwerden noch nicht erreicht. Und Kirstys Neuigkeiten drehten sich zunehmend um Ewan Fraser, einen Jungen, den sie mit seinen Segelohren und Sommersprossen beide einmal verachtet hatten. Wenn sie Kirsty glauben sollte, hatte er sich in den letzten Monaten mächtig zu seinem Vorteil verändert. Er wartete auf Kirsty, ging mit ihr von der Schule nach Hause. Ewan Fraser! Allein bei dem Gedanken bekam man das Kotzen!
    Kirsty mit einem Freund – undenkbar. Wie hatten sie sich über die Mädchen eine Klasse über ihnen kaputtgelacht, wenn sie den Jungen hinterherschmachteten.
    Dabei hatte Alex selbst ein Geheimnis – das sie noch niemandem anvertraut hatte, nicht einmal Kirsty! Sie hatte selber einen Freund. Einen Freund!
    Im Hochgefühl ihres köstlichen Geheimnisses schlang sie die Arme um sich.
    Jack – seinen Nachnamen hatte er ihr noch nicht verraten – sah im Unterschied zu dem jämmerlichen Ewan Fraser sehr gut aus. Er war witzig, und er war nett.
    Nicht, dass sie sich schon persönlich kennengelernt hätten. Noch nicht. Bis jetzt kannte sie ihn nur vom Foto. Aber sie mussten ja auch nichts überstürzen. Er war ihr Freund, ihr Vertrauter, jemand, dem sie ihr Herz ausschütten konnte. Wenn es soweit war, würden sie sich treffen.
    Jetzt wartete erst einmal eine E-Mail von ihm. Mit dem strahlendsten Lächeln seit Monaten, bei dem sie ihre verhasste Zahnspange zeigte, klickte Alex darauf, um sie zu öffnen.

FÜNF
    So ungern Neville zugab, dass Sid Cowley vielleicht richtig lag, musste er doch eingestehen, dass er wahrscheinlich den Nagel auf den Kopf getroffen hatte. Alles sprach dafür, dass Trevor Norton tatsächlich wegen seines iPod getötet worden war.
    Einfach nur eins von diesen sinnlosen Verbrechen – am falschen Ort, zur falschen Zeit. Sie hatten so etwas immer wieder gesehen. So ein armes Schwein geht am Samstagabend auf ein Bier in die Kneipe um die Ecke, gerät mitten in eine Schlägerei und landet auf dem Tisch des Gerichtsmediziners. Oder eine junge Mutter fährt ihr Kleines so wie schon hundertmal zuvor im Kinderwagen spazieren, und irgendso ein besoffener Wichser gerät mit seinem Wagen auf den Bürgersteig – zack, beide tot.
    Tod aus dem Nichts, unvorhersehbar. Und für nichts und wieder nichts. Es hätte ebenso gut den nächsten Typ mit einem iPod treffen können – man sah die Dinger inzwischen überall -, und statt Rachel Norton hätte sich eine andere Frau die Augen ausgeheult. Nach der Autopsie sprachen er und Sid auf dem Weg zurück zum Haus der Nortons darüber. Das Ergebnis war wie erwartet: Trevor Norton war ertrunken, nachdem er mit einem stumpfen Gegenstand einen Schlag auf den Kopf bekommen hatte.

    Nichts deutete darauf hin, es könnte etwas anderes als ein Zufallsverbrechen sein, und das machte die Ermittlungsarbeiten höllisch schwer. Trevor Norton konnte von irgendeinem beliebigen Menschen getötet

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