Schuldig wer vergisst
mit Homer-Simpson-Duff-Bier«, stand darauf.
»Möglicherweise ist er heilbar«, sagte Morag in ihrer nüchternen Art. »Sie können mir natürlich nichts versprechen, aber es ist nicht vollkommen hoffnungslos.«
»Das ist gut«, sagte Callie, die sich der Situation nicht im Mindesten gewachsen fühlte.
»Aber die Behandlung wird kein Zuckerschlecken. Eine Menge Medikamente mit starken Nebenwirkungen.«
Bella tollte vor ihnen durch den Park; sie war überglücklich, draußen zu sein, und war gegen die Kälte immun. Callie wünschte sich, ihre Ausbildung zur Geistlichen hätte einen Kurs darüber eingeschlossen, wie man mit Situationen wie dieser umging. So aber musste sie sich behutsam vortasten und auf ihren gesunden Menschenverstand wie auf ihr Mitgefühl vertrauen – und auf Gott. »Ist es nicht ein großes Glück, Ihren Sohn in der Nähe zu haben? Ihre Familie? Die helfen Ihnen ganz sicher, die schwere Zeit durchzustehen, Morag.«
Die ältere Frau stieß ein lautes, freudloses Lachen aus. »Angus? Machen Sie Witze?«
Yolanda Fish war nicht immer bei der Polizei gewesen. Über zwanzig Jahre lang hatte sie als Hebamme gearbeitet. Dann, nach dem berüchtigten Mord an dem schwarzen Teenager Stephen Lawrence, der nie aufgeklärt werden konnte und zu einer staatlichen Untersuchung hinsichtlich rassistischer Tendenzen bei der Londoner Polizei geführt hatte, hatte diese sich aktiv darum bemüht, Minoritäten anzuwerben und sie – entsprechend den offiziellen Empfehlungen in Verbindung mit dem Ermittlungsverfahren – als Kontaktpersonen zu den Familien der Opfer auszubilden. Yolandas Mann Eli, ein Berufspolizist, hatte von der Initiative gehört und sie ermuntert, sich zu bewerben.
Sie hatte gegen eine berufliche Veränderung in den mittleren Lebensjahren nichts einzuwenden gehabt und schaute nie zurück. »Ich hatte die Wahl: entweder das hier oder die Kirche, und Schwarz steht mir nicht«, witzelte sie gerne.
Die Stelle war wie eigens für sie geschaffen. Yolanda verfügte in großem Maße über sämtliche Qualitäten, die der Job erforderte: Mitgefühl, Takt und eine gute Portion gesunden Menschenverstand. Sie war, im besten Sinne des Wortes, eine weise Frau und eine fürsorgliche obendrein. Und ihre Reife und Erfahrung rundeten das Bild noch ab.
Yolandas größter Kummer war es, dass sie und Eli nicht mit Kindern gesegnet waren. In ihrer früheren Laufbahn waren all die Babys, die sie mit auf die Welt gebracht hatte, das Ventil für ihren Mutterinstinkt gewesen. Jetzt kamen ihre pflegerischen Fähigkeiten den Menschen zugute, mit denen sie zusammenarbeitete, einschließlich ihrer Kollegen bei der Polizei, die in ihr so etwas wie eine Übermutter sahen. Und da sie auf keine Beförderung aus war, sondern nur ihre Pflichten als Detective Constable so gut wie möglich erfüllen wollte, stand sie den Karriereträumen anderer nicht im Weg. Bei diesen Qualitäten war es kein Wunder, dass jeder, der sie kannte, den größten Respekt vor ihr hegte.
Und so huschte ein freudiges, erleichtertes Lächeln über Nevilles Gesicht, als sie bei ihrer Ankunft am Leichenschauhaus Yolanda entdeckten, die wie verabredet bereits auf sie wartete.
Man hätte sie schwer übersehen können: eine große, stattliche dunkelhäutige Frau mit kerzengerader Körperhaltung, gekleidet in leuchtende Farben und mit einer Frisur aus winzigen, rund um den Kopf geflochtenen Zöpfchen. An diesem Tag trug Yolanda – von der Hose über den Pullover bis hin zu den Ohrgehängen und dem Klunkerhalsband – ein strahlendes Türkis.
Mit einem diskreten Nicken in Richtung der beiden Kollegen lief sie schnell auf Rachel Norton zu und stellte sich in knappen Worten vor. »Ach, Schätzchen«, sagte sie dann sanft und leise. »Wann soll das Baby denn kommen?«
»Heiligabend.« Rachels Unterlippe zitterte; ihre Augen füllten sich mit Tränen. »Trevor … er hat immer gesagt, es würde das beste Weihnachtsgeschenk aller Zeiten. Und jetzt ist er … o Gott.« Sie sah sich um, als würde ihr erst in diesem Augenblick bewusst, wo sie sich befand und weshalb sie hergekommen war. Neville hatte den Eindruck, als erwachte sie plötzlich aus ihrem Schockzustand wie aus einem tiefen Schlaf.
Yolandas starker Arm legte sich um die Schulter der jungen Frau. »Ach, armes Schätzchen, armes Schätzchen.«
»Ich ertrage das nicht«, schluchzte Rachel. »Ich kann das nicht.«
»Doch, Sie schaffen das, Mädchen. Es wird schwer, aber Sie schaffen das.« Yolanda
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