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Schuldig wer vergisst

Titel: Schuldig wer vergisst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Charles Anke und Dr Eberhard Kreutzer
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widerstrebende Brautjungfer gewesen. Und in ihrer Mitte Jilly selbst – strahlend in einem Kleid, das ein Vermögen gekostet haben musste. Triumphierend.
    Die Hochzeit war im letzten Frühjahr gewesen: Seitdem hatte sich für Morag so viel verändert. Erst der Tod ihres Mannes, dann der Verlust ihres Hundes. Die Entwurzelung aus ihrer Heimat und ihr Umzug nach London, auf Drängen ihres Sohnes.
    Das, so erklärte sie Callie mit einiger Bitterkeit, sei die größte Ironie. Angus hatte sich nicht darin beirren lassen, der Umzug sei nur zu ihrem Besten. Sie wäre dann in ihrer Nähe; schließlich seien sie die einzige Familie, die sie noch habe.

    Doch seit sie in London wohnte, hatte Morag sie nur wenige Male zu sehen bekommen. Sie waren alle zu beschäftigt: Angus hatte einen anspruchsvollen Job und kam erst spät von der Arbeit, und Jilly hatte mit ihrer eigenen Familie genug zu tun. Jedes Mal, wenn Morag ihnen vorschlug, sich einmal zu treffen, hatten sie eine andere Ausrede parat.
    Sie ließen sie nicht einmal zu Alex.
    Und diese Woche, in der sie mehr als je zuvor auf ihre Familie angewiesen gewesen wäre, um mit der Diagnose und der Tatsache fertig zu werden, dass sie an einer schweren Krankheit litt, an der sie vielleicht sterben würde, hatten sie es nicht wissen wollen.
    Immer wieder versuchte sie, einen von ihnen am Telefon zu erreichen, aber es war jedes Mal nur der Anrufbeantworter dran, und trotz der hinterlassenen Nachrichten rief niemand zurück. An diesem Punkt hatte sie keinen anderen Ausweg mehr gesehen, als Angus in der Firma anzurufen.
    Er war abweisend, hatte Morag gesagt. Sogar richtig verärgert. »Mutter, du musst begreifen, dass ich ein beschäftigter Mann bin. Ich nehme bei der Arbeit keine persönlichen Anrufe entgegen.«
    »Aber ich muss mit dir reden«, hatte sie gesagt und sich Mühe gegeben, es nicht wie Betteln klingen zu lassen. »Es ist wichtig. Mir geht es nicht gut, Angus. Ich brauche deine Unterstützung.«
    Sie hatte ihren Ohren nicht getraut, als er ihr sagte, dass sie künftig besser vorher einen Termin abmachen sollte, um mit ihm zu sprechen. »Mach es am besten über Jilly«, hatte er gesagt. »Sie führt unseren privaten Terminkalender. Wenn es wirklich so wichtig ist, können wir dich bestimmt irgendwie einschieben.«
    »Kein Wunder«, sagte Callie zu Bella, »dass die Frau am Boden zerstört ist.«

    Als Mark frühmorgens aufwachte, war er auf sich selbst wütend. Seine Mutter hatte ihm die perfekte Gelegenheit gegeben. Sie hatte die Frage gestellt, ihm goldene Brücken gebaut.
    Und er hatte sich vor der Antwort gedrückt.
    Anders konnte man es nicht sehen. Seine Feigheit hatte gesiegt.
    »Nein«, hatte er gesagt. Keine Freundin. »Ich hab nur bei der Arbeit ziemlich viel zu tun, das ist alles.«
    Abgesehen von allem anderen war es ein Verrat an Callie. Wie Petrus, der Jesus dreimal verleugnet: »Ich kenne den Menschen nicht.«
    Doch seine Mutter hatte ihn kalt erwischt, er konnte sich keine sorgfältige Antwort mehr zurechtlegen. Da war es so viel einfacher gewesen, seiner Feigheit nachzugeben.
    Wie konnte er die Sache jetzt noch in Ordnung bringen? Er konnte schlecht zugeben, dass er ihr keine aufrichtige Antwort gegeben hatte. Das würde die Sache nur noch schlimmer machen.
    Wieso hatte er ihr nicht einfach die Wahrheit gesagt? Wieso hatte er seiner Mutter nicht ins Gesicht gesagt: »Ja, ich habe eine Freundin. Aber die Bezeichnung wird meinen Gefühlen zu ihr nicht gerecht. Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich den Menschen gefunden habe, mit dem ich den Rest meines Lebens verbringen möchte. Und übrigens, sie ist keine Italienerin. Aber das ist mir egal, und wenn du sie erst mal kennengelernt hast, wird es dir auch egal sein. Sie ist wundervoll – du wirst sehen.«
    Stattdessen hatte er zu seinem eigenen Entsetzen versprochen, sich zu bessern und seiner Familie mehr Zeit zu widmen. Auf Drängen seiner Mutter hin hatte er zugesagt, gleich diesen Sonntag – also heute – damit anzufangen.
    Sonntagmittag war die ganze Woche hindurch die einzige Zeit, in der La Venezia geschlossen hatte; erst zum Abendessen machten sie wieder auf. Sonntagmorgens traf sich
die Familie in der italienischen Kirche von Clerkenwell zur Messe, bevor sie sich bei den Lombardis zu einem ausgedehnten, von Mama persönlich zubereiteten Mittagessen einfanden. Sie ließ nicht einmal irgendjemand anderen in die Küche: das Sonntagsessen für la famiglia zuzubereiten war für Mama der Höhepunkt der

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