Schuldig wer vergisst
Seite und die Eltern an den beiden Enden. Brian schnitt dicke Scheiben von dem Rinderbraten ab, den Jane vollendet, genau nach dem Geschmack ihrer Söhne, zubereitet hatte. Die besten Scheiben platzierte er auf dem Teller, den er vor Ellie hinstellte, den Gast des Hauses. »Nehmen Sie sich Gemüse«, forderte Jane sie auf und deutete auf die dampfenden Schüsseln in der Mitte des Tischs.
»Danke, Mrs Stanford.«
»Ehrlich gesagt, Mum«, warf Simon nach einem kurzen Seitenblick auf seine Freundin ein, »hätte Ellie wohl lieber einen leeren Teller. Sie ist nur zu höflich, um es zu sagen, aber sie isst kein Fleisch.«
»Ach so.« Jane presste die Lippen aufeinander und entfernte den Stein des Anstoßes, um ihn Simon hinzuschieben.
»Ich auch nicht, Mum, wenn du nichts dagegen hast.« Er setzte ein wenig überzeugendes Lachen auf. »Sie versucht, auch aus mir einen Vegetarier zu machen, und zwar mit Erfolg. Ich habe seit mindestens zwei Wochen kein Fleisch mehr angerührt.«
»Aber wir lieben Gemüse, Mrs Stanford«, beeilte sich Ellie zu versichern. »Und das alles hier sieht köstlich aus.« Sie nahm von Brian einen leeren Teller entgegen und häufte sich Rosen- und Blumenkohl sowie die Karotten darauf.
Wir.
»Dann gib mir das Fleisch, Mum«, sagte Charlie und griff nach dem Teller. »Auf diese Weise kriege ich die dreifache Portion ab.«
»Dem Himmel sei gedankt«, sagte Brian aus ganzem Herzen. »Ich dachte schon, deine Mutter und ich müssten es ganz allein aufessen.«
»Mich macht so schnell keiner zu einem verweichlichten Vegetarier«, versicherte Charlie ihnen. »Und Mums Rinderbraten könnte ich nie widerstehen.«
Alex wusste genau, was sie später einmal werden wollte: Computergrafikerin. Zu diesem Zweck hatte sie ihren Vater gebeten, ihr die beste derzeit verfügbare Software zu kaufen, damit sie auf dem Weg dahin schon einen kleinen Vorsprung hatte. Mit Photosphop konnte sie schon recht gut umgehen, und so startete sie das Programm, nahm ein Foto von sich und scannte es in ihren Computer ein.
Als Erstes musste mal diese Zahnspange verschwinden. Das war ein Kinderspiel, und bald hatte sie ein perlweißes Lächeln ohne den Makel des Metalls. Sie konnte ihre Nase ein bisschen kleiner machen und vielleicht auch den Mund. An ihrem Haar war nicht viel zu machen, aber sie würde ihr Bestes versuchen, um die Krause ein wenig abzuschwächen. Dagegen konnte sie ihre flache Brust ein bisschen heben und sich ein paar Pfund auf die Rippen zaubern, damit sie nicht gar so dünn aussah.
Die Kunst bestand darin, sich sowohl ein wenig attraktiver als auch ein paar Jahre älter zu machen, ohne sich allzu sehr zu verfremden. Eine neue, verbesserte Alex, so, wie sie für ihren Verehrer erscheinen wollte.
Nein, nicht Alex: Sasha. Unter dem Namen schrieb sie sich mit Jack. Irgendjemand – ihre Mutter? – hatte ihr einmal erzählt, das sei die russische Koseform für Alexandra, und sie fand, dass es viel glamouröser und exotischer klang als das fade alte »Alex«.
Jack hatte ihr sein Foto geschickt und sie um ihres gebeten. Sobald es so gut aussah, wie es eben ging, würde sie es ihm mailen. Mit herzlichen Grüßen von Sasha.
Der Tag schien ewig zu dauern. Zuerst das Mittagessen, dann Spiele am Nachmittag. Wie sich zeigte, war Ellie beim Scrabble brillant und schlug alle anderen mit Leichtigkeit. Beim Monopoly war sie fast genauso gut; niemand anders hatte eine Chance. Als letzten Rettungsanker holte
Jane ein Puzzlespiel heraus, das eigentlich für Weihnachten gedacht war, und sie saßen alle gemeinsam um den Tisch und fügten ihre Teile ein, während sie drauflosplauderten.
Sie aßen Kuchen zum Tee, und später, nachdem sie sich »Songs of Praise« im Fernsehen angeschaut hatten, ein paar Sandwiches. Glücklicherweise hatte Jane für die von Ellie und Simon noch ein Päckchen Käse im Kühlschrank. Sie saßen noch ein paar Stunden am Puzzle, bevor es Zeit für heiße Milchgetränke war.
»Simon, würdest du mir eben ein bisschen helfen?«, bat Jane in der Hoffnung, mit ihrem Sohn ein paar Minuten allein zu sein.
Er sah stirnrunzelnd vom Puzzle auf. »Gleich, Mum.«
»Ich mach das schon«, sagte Charlie prompt und folgte ihr in die Küche. Er holte die Milch aus dem Kühlschrank, sie stellte den Topf auf den Herd.
Jane hatte sich noch gar nicht zurechtgelegt, was sie ihrem Sohn eigentlich sagen wollte, und so war sie auch nicht sicher, wie sie es mit Charlie anpacken sollte. Er machte es ihr
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