Schuldig wer vergisst
das?«
SIEBEN
»Callie, es tut mir leid.«
Sie merkte, dass sie das Telefon umklammerte, und lockerte bewusst ihren Griff. »Ich habe auf dich gewartet. Den ganzen Nachmittag.«
»Ja, ich weiß«, sagte Marco, »ich habe die ganze Zeit gedacht, ich komme früh genug weg. Aber … na ja, es riss einfach nicht ab.«
»Du hast nicht wieder angerufen, nachdem du diese Botschaft hinterlassen hast.« Sie hatte nicht einmal Bella zu einem Spaziergang ausgeführt, weil sie jeden Moment mit einem Lebenszeichen von ihm rechnete.
Callie hörte sein Seufzen in der Leitung. »Ich hatte vergessen, mein Handy aufzuladen. Es hatte, kurz nachdem ich bei dir angerufen hatte, keinen Saft mehr.«
Sie biss sich auf die Zunge, um nicht spitz zurückzufragen: Hat deine Familie kein eigenes Telefon? Sie wollte auf keinen Fall den Eindruck erwecken, sie hätte nichts anderes als ihn im Kopf. Schließlich hatten sie keine festen Pläne für den Nachmittag gemacht, und außerdem war sowieso noch nichts … Festes … zwischen ihnen. Sie mochte ihn, immer mehr; sie hätte nie gedacht, dass sie nach Adam je wieder jemanden so sehr mögen würde. Bis zu diesem Punkt war ihre Beziehung völlig unbeschwert gewesen: Sie verbrachten einfach
viel Zeit miteinander und fühlten sich wohl, wenn sie zusammen waren. Wenn er sie küsste, wurde ihr davon so heiß, dass sie sich manchmal wünschte, alle Vernunft in den Wind zu schlagen und es einfach geschehen zu lassen. Doch bis jetzt hatte sie sich, was das betraf, noch jedes Mal wieder ziemlich gut unter Kontrolle bekommen. In ihren vernünftigeren Stimmungen konnte sie, nach allem, was sie mit Adam durchgemacht hatte, damit leben.
Sie und Mark stritten sich sonst nie, es war noch kein einziges böses Wort zwischen ihnen gefallen. Jetzt aber hatte sie das Gefühl, als fehlte nicht mehr viel. Er war rücksichtslos gewesen, und sie war gerade in keiner vernünftigen Stimmung – keine gute Kombination.
Aber natürlich hatte er jedes Recht, den Sonntagnachmittag mit seiner Familie zu verbringen. Sie hatte ihn schließlich nicht für sich gepachtet.
Diese Gedanken gingen ihr in Bruchteilen von Sekunden durch den Kopf. »In Ordnung«, sagte sie.
»Was genau?«
Sie bewahrte einen neutralen Ton. »Alles in Ordnung, was auch immer.«
»Wir sehen uns später, ja? Heute Abend?«
»Ich glaube, ich bin mit Kochen dran.«
Sie hatte wohl nicht besonders enthusiastisch geklungen, denn er kam mit einem Gegenvorschlag. »Nein, wir gehen aus. Ich lade dich ein. Einverstanden?«
»Einverstanden.« Er hatte höchstwahrscheinlich ein schlechtes Gewissen.
»Dann bis später. Um sieben herum, hoffe ich. Vielleicht schon ein bisschen früher.« Er beendete das Gespräch.
»Männer!« Callie warf das Telefon aufs Sofa.
Bella sah sie aufgeschreckt an.
»Mal ehrlich, Bella. Man kann keinem von ihnen trauen. Sind doch alle gleich. Ich weiß wirklich nicht, wieso wir
Frauen uns eigentlich was aus ihnen machen. Ist mir völlig schleierhaft.« Sie setzte sich und umarmte den Hund. Während sie ihn hinter den Ohren kraulte, murmelte sie: »Willst du einen guten Rat, Bella? Lass dich nie mit einem Mann ein. Sie machen nichts als Ärger.«
Yolanda Fish hatte die zweite Nacht auf ihrem Lager in Rachel Nortons Kinderzimmer geschlafen. Normalerweise wäre sie jetzt nach Hause gegangen, aber für Yolanda war das kein normaler Fall. Sie brachte Rachel einen außergewöhnlichen Beschützerinstinkt entgegen – vor allem wegen des Babys, aber auch, weil die Frau so ganz und gar allein war. Niemand war bisher gekommen, um sie zu trösten oder nach ihr zu sehen; niemand hatte sich auch nur telefonisch gemeldet, außer diesem mysteriösen abgebrochenen Anruf. Und Rachel machte keinerlei Anstalten, ihrerseits jemanden anzurufen. Das bereitete Yolanda Kopfzerbrechen; es war irgendwie nicht normal, so isoliert zu sein. Als sie frühmorgens wach lag und auf Geräusche aus dem Nachbarzimmer lauschte, nahm sie sich fest vor, das Thema bei Rachel zur Sprache zu bringen.
Als sie hörte, dass Rachel wach war und aufs Klo ging, begab sie sich selbst nach unten und machte Tee. Sie kehrte mit dem Tablett direkt wieder nach oben zurück und klopfte mit der freien Hand an die Schlafzimmertür.
»Herein«, sagte Rachel, und Yolanda folgte der Aufforderung.
Rachel saß aufrecht im Bett. Sie war rot im Gesicht, fast, als hätte sie Fieber.
»Alles in Ordnung, Schätzchen?« Yolanda war mit wenigen Schritten bei ihr und legte Rachel die
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