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Schuldig wer vergisst

Titel: Schuldig wer vergisst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Charles Anke und Dr Eberhard Kreutzer
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nicht.« Vielleicht, überlegte er, war es doch keine so tolle Idee gewesen, Rachel ins Spiel zu bringen; er rief besser anschließend Yolanda an, um sie vorzuwarnen. »Mrs Norton ist tief erschüttert, und ich möchte Sie bitten, ihre Privatsphäre zu respektieren.«
    Es war eine Fernsehkamera im Raum, auch wenn Neville nicht im Mindesten damit rechnete, die Geschichte könnte es in die Abendnachrichten schaffen. Der Reporter neben dem Kameramann fragte: »Hat Mrs Norton eine Beschreibung des iPod geliefert?«

    Neville erwiderte seinen Blick mit blankem Unverständnis. Er gehörte nicht der iPod-Generation an; sein technisches Territorium reichte noch so eben bis zu CDs. Wenn er ehrlich war, zog er Langspielplatten vor und besaß eine heiß geliebte Sammlung traditioneller irischer Musik in diesem museumswürdigen Format.
    Sehen nicht alle iPods gleich aus?, fragte er sich. Solche weißen Dinger mit weißen Ohrstöpseln dran? Er würde Cowley danach fragen. Möglicherweise war es wichtig, erkannte er jetzt: Ein neuer und vielleicht auffälliger iPod im Besitz eines Jugendlichen konnte irgendjemandem aufgefallen sein und möglicherweise den Durchbruch in diesem Fall bedeuten. »Dazu kann ich Ihnen im Moment noch keine Angaben machen«, sagte er.
    »Inspector Stewart«, beharrte die schicke Frau, »haben Sie irgendetwas dazu zu sagen, inwiefern dieses Verbrechen den Zustand der Jugend in diesem Land reflektiert? Die Art und Weise, wie sie die Straßen dieser Stadt für unbescholtene Bürger, die ihren Geschäften nachgehen, zur No-Go-Zone machen?«
    Neville verspürte nicht die geringste Lust, in dieses Wespennest zu stechen. Sein Chef, Detective Superintendent Evans, wäre sicher nicht erfreut, wenn er irgendetwas sagte, das ein schlechtes Licht auf die Fähigkeit der Polizei warf, die Straßen von London sicher zu machen. »Wir haben bis jetzt noch keinerlei Erkenntnisse über den Täter«, sagte er energisch. »Nach allem, was wir wissen, könnte es ebenso gut ein Pensionär gewesen sein.«
     
    Die Presse brauchte nicht lange, um Rachel Norton aufzuspüren. Zuerst kam ein Anruf von einem der anspruchsvolleren Blätter, und Yolanda fing ihn höflich, doch bestimmt ab.
    »Mrs Norton hat Ihnen zum gegenwärtigen Zeitpunkt nichts mitzuteilen«, erklärte sie. »Sollte sie sich entschließen,
eine Erklärung abzugeben, werden Sie sicher davon erfahren.«
    Die Boulevardpresse dagegen wäre mit einer solch manierlichen Abfuhr sicher nicht zu beeindrucken. Eine Stunde nach der Pressekonferenz klingelte es an der Tür.
    Yolanda setzte ihre abweisendste Miene auf und sah die Frau auf dem kurzen Weg zwischen Bürgersteig und Haustür mit zusammengekniffenen Augen an. »Mrs Norton steht Ihnen nicht zur Verfügung«, sagte sie entschieden und blies ihren heißen Atem in die feuchte, kalte Luft.
    Die Frau, die in einem teuer wirkenden Kamelhaarmantel vor ihr stand, sah nicht aus wie eine Journalistin und schenkte Yolanda ein strahlendes Lächeln. »Eigentlich wollte ich mit Ihnen sprechen.«
    Das traf Yolanda unerwartet. »Mit mir ?«
    »Ich wollte Sie nach Ihrer Meinung über Straßenkriminalität fragen.«
    »Straßenkriminalität!«
    »Und über das Bandenwesen, das es gesetzestreuen Bürgern in diesem Land unmöglich macht, unbehelligt ihren Geschäften nachzugehen«, fügte die Frau in schmeichelndem Ton hinzu.
    Jetzt war Yolanda nicht zu halten; es war ein Thema, zu dem sie eine klare Meinung und starke Gefühle hegte. »Ich glaube«, sagte sie, »es gibt da draußen eine Menge Eltern, die hinter Schloss und Riegel gehören.«
    »Dann machen Sie die Eltern verantwortlich.«
    »Sehen Sie, diese Jugendlichen, die um Mitternacht noch draußen auf der Straße sind, manchmal sogar noch später – das ist eine Schande. Was denken sich die Eltern eigentlich dabei? Ahnen die auch nur, wo und mit wem sie zusammen sind und was sie im Schilde führen?«
    Die Frau nickte zustimmend. »Und interessiert es sie überhaupt?«

    »Leute, denen es gleichgültig ist, wo ihre Kinder sich gerade rumtreiben, verdienen es einfach nicht, sie zu haben«, erklärte Yolanda mit der ganzen Leidenschaft ihrer frustrierenden Kinderlosigkeit.
     
    Am Nachmittag absolvierte Callie mit Brian ihre Runde durch die Gemeinde. Bis sie Morags Wohnung erreichten, war es schon Teezeit; Morag bot dazu selbst gemachtes Shortbread an, dem keiner von ihnen widerstehen konnte.
    Callie hatte das Gefühl, dass Morag in Brians Gegenwart ein wenig angespannt wirkte und

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