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Schuldig wer vergisst

Titel: Schuldig wer vergisst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Charles Anke und Dr Eberhard Kreutzer
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hast du nur gesteckt? Du musst völlig durchgefroren sein.«

    Er brachte keinen Ton heraus und sah sie nur an. So normal und kein bisschen anders als vor dem Moment, in dem sich seine Welt auf den Kopf gestellt hatte.
    Sie zog ihn herein, nahm seine eisigen Hände in ihre warmen. »Oh, Marco«, sagte sie.
    Mark beugte sich vor und gab ihr einen zarten Kuss; ihre Lippen waren so warm wie ihre Hände.
    »Du bist so kalt«, sagte sie. »Ich wünschte, ich hätte ein Feuer gemacht. Aber komm hier rüber an die Heizung.« Sie rieb ihm energisch die tauben Hände. Er hatte noch immer nichts gesagt.
    »Du musst erst mal was Heißes trinken«, erklärte Callie. »Was möchtest du? Kaffee? Tee?«
    »Kaffee. Schwarz.«
    Callie schenkte ihm ein schiefes Lächeln. »Das krieg ich hin. Oder ich kann dir mit meiner neuen Zaubermaschine alle möglichen exotischen Varianten bieten.«
    Sie ließ seine Hände los. »Bleib hier und wärm dich erst mal ein bisschen auf. Ich bin gleich wieder da.«
    Und das war sie, mit einem dampfenden Henkelbecher, den sie ihm reichte, damit er sich schon einmal die Hände daran wärmen konnte.
    Der erste Schluck rieselte ihm wunderbar heiß die Kehle herunter. Mund, Hals und Bauch fühlten sich gleich besser an. Weshalb hatte er gar nicht gemerkt, wie kalt er war? Starben Leute auf diese Weise an Unterkühlung?
    »Und jetzt«, sagte sie, als er ein paar Schlucke getrunken hatte, »jetzt erzählst du mir erst mal, was los ist. Wieso tauchst du hier wie der leibhaftige Yeti auf?« Sie strich ihm die Wassertropfen aus dem Haar.
    Bis zu diesem Moment war er sich nicht sicher gewesen, ob er es ihr wirklich erzählen wollte. Jetzt gab es keinerlei Zweifel mehr. Aber wo fing er am besten an?
    Genau in diesem Moment flog die Tür auf. Ein schwarzweißer Hund – im Moment mehr weiß als schwarz – stürzte,
gefolgt von Peter, herein. »Gott, Callie«, sagte ihr Bruder und schüttelte sich dabei wie der Hund, um die Flocken loszuwerden. »Hast du gewusst, dass es schneit? Wie verrückt! Bella ist richtig durchgedreht.« Bei Marks und Callies Anblick verstummte er und verzog schuldbewusst das Gesicht. »Uups. Hab ich euch gestört?«

ZWÖLF
    Es kam, wie es kommen musste: In dieser Nacht setzten bei Rachel die Wehen ein. Diesmal konnte es keinen Zweifel geben, besonders nicht für jemanden mit Yolandas Erfahrung.
    Yolanda schlief – fester, als sie erwartet hätte -, als Rachel im Nachbarzimmer schrie. Auf diese Laute innerlich geeicht, war sie sofort hellwach und wusste, was das Geräusch zu bedeuten hatte.
    Binnen Sekunden war sie an Rachels Seite. Rachel versuchte mühsam, aus dem Bett zu kommen, und die Gefühle, die sie jetzt vermittelte, waren echt. »Ich glaube … ich glaube, meine Fruchtblase ist geplatzt«, stöhnte sie. »Und … ohhhh.« Sie krümmte sich vor Schmerzen.
    »Schon gut, Schätzchen.« Yolanda legte ihr einen Arm um die Schulter.
    Nach einer scheinbar endlosen Wehe sackte Rachel mit schweißglänzendem Gesicht in sich zusammen. »Es ist tatsächlich so weit, nicht?«, flüsterte sie und griff nach Yolandas Hand. »Ich krieg das Baby.«
    Es hätte keinen Sinn gehabt, um den heißen Brei herumzureden und das Offensichtliche zu leugnen. »Ja, sieht so aus. Aber ich bin ja hier, und das wird schon.«

    Wenn Neville sich einen zur Brust nehmen wollte, dann fiel seine Wahl fast immer auf Guinness; nur wenn ihn ein schwerer Anfall keltischer Melancholie heimsuchte, trank er schon mal irischen Whiskey.
    Heute Nacht erwischte es ihn kalt. Weil er nicht schlafen konnte, war er aufgestanden, hatte zu Flasche und Glas gegriffen und sich einen Sessel ans Fenster gezogen, sodass er zusehen konnte, wie der Schnee in dicken Flocken lautlos vom Himmel segelte. Das unaufhörliche Rieseln hatte etwas Hypnotisches, während Flasche und Glas ihre anästhesierende Wirkung zeigten. Früher einmal hätten noch Zigaretten dazugehört. Noch nie hatte er die Entscheidung, das Rauchen aufzugeben, so bereut wie jetzt. Hätte er eine Packung im Haus gehabt, hätte er sich eine angezündet.
    Neville wusste, dass er eigentlich allen Grund hatte, in Hochstimmung zu sein. Endlich passierte etwas; der Fall war kurz vor einem entscheidenden Durchbruch. Sie hatten Trevors Zahnbürste, und das Labor würde sämtliche Hebel in Bewegung setzen, um die DNA abzugleichen.
    Er hatte keinen Grund, deprimiert zu sein. Aber er war es trotzdem: zutiefst deprimiert, voller Zweifel an sich und seinen Fähigkeiten.
    Sicher, der Mord

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