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Schule für höhere Töchter

Schule für höhere Töchter

Titel: Schule für höhere Töchter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Cross
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setze große Erwartungen in Betsy, obwohl die griechische Tragödie nicht wirklich ihr Gebiet ist. Lytton Strachey würde ihr gefallen«, fügte sie hinzu und legte die Hand auf die Bücher, die Kate ihr mitgebracht hatte.
    »Ich überlasse Sie ihm jetzt«, sagte Kate. »Freuen Sie sich, daß Sie keine Berichte schreiben müssen – der unerfreulichste Teil des Unterrichtens an Schulen.«
    »Ich würde mit Freuden jeden Bericht schreiben, könnte ich dafür jetzt sofort überhaupt etwas tun, einen Spaziergang machen oder Himmel-und-Hölle spielen.«
    »Ich weiß, wie Carlyle zu Geraldine Jewsbury unter etwas anderen Umständen sagte, ›das ist eine schlimme Zeit für eine geistig rege junge Frau‹.« Kate verabschiedete sich von Mrs. Johnson, die nach dem kleinen Stapel Gedichte griff.
    »Die Arme langweilt sich zu Tode«, berichtete Kate Reed am Abend. »Sie würde so viel lieber das Seminar halten, als da herumzuliegen, auch ohne irgendwelche orthopädischen Probleme. Ich dagegen, welche Ironie des Schicksals, würde liebend gern nichts anderes tun, als auf dem Rücken liegen und die Arbeit angehen, die ich ohnehin tun muß. Nun, glücklich der Mensch, der gelernt hat, das Beste aus den Dingen zu machen, die ihm die Götter schicken – ich weiß nicht mehr, wer das gesagt hat, aber es muß ein Klassiker gewesen sein. Im Moment kann ich anscheinend nur in Klassikern denken. Das Theban nimmt zwar mehr Zeit in Anspruch, als ich vorausgesehen hatte, aber wenigstens nicht mehr meine ganze Zeit und Energie. Ich habe gelernt, mit den Mädchen im Seminar zurechtzukommen, den Diskussionen über die abgelegensten Umwege zu folgen und alle Probleme der jungen Generation älteren und weiseren Köpfen zu überlassen – na ja, zumindest weiseren. Wenn der März erst einmal frühlingshaftere Züge angenommen haben wird, habe ich das Theban in den Griff bekommen – oder klingt das nach der Hybris, die die Götter stets so in Rage bringt?«
    »Kate, Liebes«, sagte Reed, »ich wollte, du würdest mir ein für alle Mal versichern, daß du nicht wirklich an die griechischen Götter glaubst. Du weißt doch, aus dem Olymp haben sie eine Neubau-Siedlung gemacht, und mitten in den Elysischen Gefilden steht ein Hilton Hotel.«
    »Seht«, sagte Kate, »sie könnten dich hören.«
    Kate und Reed hatten gerade das Geschirr abgewaschen, das Licht in der Küche ausgeknipst und schon fast ihre allabendliche Diskussion über die Frage einer Geschirrspülmaschine für einen Zwei-Personen-Haushalt beendet, als das Telefon läutete.
    »Was ein Zwei-Personen-Haushalt wirklich nicht braucht, ist ein Telefon«, sagte Reed mürrisch.
    Kate nahm in der Diele ab.
    »Oh«, war Miss Tyringhams Stimme zu hören, »dem Himmel sei Dank, daß ich Sie zu Hause antreffe. Könnten Sie liebenswürdigerweise für einen Moment herüberkommen? In die Schule, meine ich. Ich habe im Augenblick nicht die Zeit, Ihnen zu erklären, warum, aber ich wäre Ihnen unendlich dankbar. Ich weiß, Sie denken jetzt, das hat sie schon einmal gesagt – aber, bitte, Kate. Angelica fragte nach Ihnen, sie ist nicht die einzige.«
    »Angelica!«
    »Sagen Sie, daß Sie sich gleich ein Taxi nehmen.«
    »Also gut, ich komme.« Kate legte auf. »Verdammt und zugenäht! Athene hat dich gehört, wenn nicht gar Zeus höchstpersönlich. Die haben eine Krise«, fügte sie etwas zusammenhanglos hinzu.
    »Na prima«, sagte Reed. »Dann habe ich wenigstens Gelegenheit, den ganzen Kram für unsere Einkommensteuer zusammenzustellen. Wer weiß, wofür das gut ist. Solange du da bist und ich mit dir reden kann, werde ich damit nie fertig.«
    »Wenn ich eines nicht ausstehen kann«, sagte Kate und kämpfte mit ihrem Mantel, »dann sind es Leute, die immer die positive Seite sehen.«
    Das Schulgebäude war dunkel und leer, als Kate aus dem Taxi stieg – und einen schrecklichen Augenblick lang fragte sie sich, ob sie den Anruf vielleicht nur geträumt hatte, oder, was noch schlimmer wäre, ob sie vielleicht jemand aus irgendwelchen zwielichtigen Gründen in diese verlassene Straße gelockt hatte. Ihr Puls hatte zu rasen begonnen, was sie noch nervöser machte, als sich die Tür öffnete und Julia Stratemayer ihr aus der dunklen Halle zuwinkte. »Gott sei Dank«, sagte Kate. »Ich fing gerade an, mir alle möglichen Schauergeschichten auszudenken.«
    »Nur weiter so«, sagte Julia finster. »Aber nicht einmal in deinen wildesten Träumen würdest du auf diese Geschichte kommen.«
    »Wie aufbauend.

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