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Schule für höhere Töchter

Schule für höhere Töchter

Titel: Schule für höhere Töchter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Cross
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anderen fünf Mädchen aus dem Seminar. Sie beraten die Abschlußklassen, nicht wahr, geben ihnen Ratschläge für das College und so weiter?«
    »Ja, genau. Ich gebe auch Ethik-Unterricht, eine Tradition am Theban – aber daran werden Sie sich ja sicher erinnern.«
    »Natürlich erinnere ich mich. Aber was um alles in der Welt hat Ethik heutzutage für eine Bedeutung?«
    »Eine berechtigte Frage. Ich bin eines Tages dazu übergegangen, das zu tun, was heute im akademischen Bereich üblich ist: Ich lasse die Mädchen selbst entscheiden, worüber sie diskutieren möchten und bete zum Himmel, daß es nicht Sex ist. Das ist schließlich ein Thema, das, entgegen aller landläufigen Meinung, in der Schule nur rein wissenschaftlich und sachlich behandelt werden kann – unsere Naturwissenschaftslehrer stellen sich dem reihum und mit einer Offenheit, die mich verblüfft. Mein Status als unverheiratete Frau hat mich glücklicherweise vor dem Schicksal bewahrt, über Sex sprechen zu müssen – ich nehme an, man wollte mich nicht verschrecken. Ein Thema, über das sie immer wieder diskutieren wollen, sind ihre Eltern, und das ist beinahe noch schlimmer als Sex. Jedenfalls ist es mir gelungen, das in eine mehr oder weniger systematisierte Kombination von Fragebögen und soziologischen Studien zu verwandeln. Wir fragten alle Schülerinnen der letzten beiden Jahre der Oberstufe, was sie am meisten im Verhalten ihrer Eltern ablehnten, und dann – und in diesem Punkt halte ich mich für recht geschickt, was ich aber wohl nicht sagen sollte – fragten wir die Eltern der beiden ersten Jahre der Oberstufe (wir wollten vermeiden, daß Antworten verglichen werden konnten), was sie am meisten am Verhalten ihrer Kinder störte. Das Ergebnis war ausgesprochen interessant, und wer wollte uns daran hindern, das Ethik zu nennen? Das war wohl eine bemerkenswert umständliche Weise, Ihnen zu sagen: Ja, ich kenne die Schülerinnen der Abschlußklassen.«
    »Waren die Eltern und Schülerinnen mehr oder weniger einer Meinung über das, was sie bei der anderen Gruppe nicht mochten?« fragte Kate fasziniert.
    »Ja, die Antworten waren tatsächlich einmütig. Die Schülerinnen beklagten, daß ihre Eltern unaufrichtig seien und mit Druck ihre Wertvorstellungen durchzusetzen versuchten. Das heißt, sie behaupten, keinen Druck auf das Mädchen auszuüben, damit es gute Noten bekommt und auf ein gutes College geht, doch die Mädchen spürten genau, daß das nicht stimmt. Sie behaupten, materielle Dinge bedeuteten ihnen nichts, was genausowenig stimmt, und so weiter. Den Frisuren der Mädchen würde mehr Aufmerksamkeit geschenkt als ihren Gedanken. In einem Wort: Heuchelei. Andererseits beklagten sich die Eltern, daß sie den Kindern nie etwas recht machen könnten. Egal wie sehr sie versuchten, mit ihren heranwachsenden Kindern Frieden zu halten und ihnen auf halbem Weg entgegenzukommen, alles, wirklich alles, was sie täten, sei immer verkehrt, selbst wenn sie an zwei aufeinanderfolgenden Tagen sich völlig gegensätzlich verhielten. Die Diskussion klärte die Atmosphäre, und wir alle kamen zu dem Schluß, daß Eltern Kritik ertragen können, Kinder dagegen dazu verdammt sind, ihre Eltern verständnislos zu finden, und daß es kein Mittel gibt, als Elternschaft mit Gottes Hilfe zu ertragen.«
    »Oder sie zu vermeiden.«
    »Nun, etwas spät im Falle der Eltern von Theban-Schülerinnen. Vater oder Mutter zu sein ist heutzutage um einiges schwieriger; es gibt so viel mehr Dinge, zu denen man ›nein‹ sagen muß, und die Gesellschaft leistet keinerlei Hilfestellung; auch die Gefahren wie Drogen, Geschlechtskrankheiten, Autounfälle und Vergewaltigungen sind größer und beängstigender als je zuvor. Soviel zur Ethik. Was möchten Sie noch wissen?«
    »Erzählen Sie mir ein wenig über den familiären Hintergrund, die Wertvorstellungen und so weiter.«
    »Freemond Oliver gehört zur höchsten High Society, aber sollten Sie mich jemals zitieren, werde ich leugnen, diesen Begriff gebraucht zu haben. Wir hatten vier Oliver-Mädchen am Theban, und es gibt auch noch zwei Söhne. Sie leben in zwei Etagen in der Lower Park Avenue, und Freemond…«
    »O.k. Betsy Stark kenne ich von allen Mädchen am besten, weiß aber nichts über ihre Familie.«
    »Ich nehme an, Sie möchten etwas über Geld wissen.«
    »Genaugenommen, ja; das und irgendwelche Hinweise auf übermäßige oder übermäßig eingeschränkte Freiheit.«
    »Die Starks sind von mütterlicher Seite

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