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Schule versagt

Schule versagt

Titel: Schule versagt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inge Faltin , Daniel Faltin
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in Richtung Eigenverantwortung, aber man merkte ihnen noch ein Jahr später an, dass ihre Eingangssozialisation eine andere gewesen war. Wann fällt das Tor und wer schießt es? Der Zeitplan für die Erreichung des »spezifizierten Ziels« sah vor, dass es ein Jahr später geschafft sein sollte, messbar. Dafür waren Methoden vorgegeben. Wir waren gehalten, schriftliche Befragungen und Dokumentenanalysen vorzunehmen, das heißt, Protokolle, Pläne usw. auszuwerten, und in »strukturierten Gesprächen, Interviews, Blitzlicht« den Erfolg des Fixed Day zu messen. Die Befragungsergebnisse waren sehr interessant, insbesondere im Hinblick darauf, wie der Fixed Day insgesamt von unseren Schülern angenommen worden war. Auf einer Skala von 1 (»Stimmt gar nicht«) bis 4 (»Stimmt genau«) äußerten sich die Schüler der 11., der 12. und der 13.   Klassenstufe, also das zweite, das vierte und das sechste Semester, zu 35 den Fixed Day betreffenden Fragen.
    Meine Klasse, die ich hier in Anlehnung an das vierte Semester, in dem sie sich befand, 4a nennen möchte, nahm an dieser Befragung teil. Die Ergebnisse der Befragung zeigten, dass die 4a in denKategorien Soziales Verhalten, Team- und Kommunikationsfähigkeit, sowie Lern- und allgemeine Motivation vorne lag. Meine Schüler wussten am besten, worum es beim Fixed Day ging, warum er eingeführt worden war und erprobt werden sollte. Sie waren diejenigen, die den Fixed Day am seltensten für Dinge nutzten, die mit seiner eigentlichen Intention nichts zu tun hatten. Während des Termins trafen sie sich am häufigsten von allen befragten Klassen sowohl untereinander als auch mit Lehrern, um mit ihnen über fachliche oder organisatorische Themen zu sprechen. Sie nutzten die Zeit für Onlinerecherchen zu Unterrichtsinhalten, boten anderen ihre Hilfe an und bereiteten sich mit anderen Schülern ihrer Klasse gemeinsam auf anstehende Klausuren vor, in höherem Maße als alle anderen Klassen. Sie waren diejenigen, die die meisten klassenübergreifenden Kontakte hatten und erzielten in Bezug auf die Aussagen »In meiner Klasse fühle ich mich richtig wohl« und »Es ist in unserer Klasse selbstverständlich, dass die besseren Schülerinnen und Schüler den schlechteren helfen« den höchsten Wert. Die Lernmotivation der 4a übertraf die der anderen Klassen. Auch zur Kenntnis der eigenen Stärken und Schwächen, zur regelmäßigen Vor- und Nachbereitung des Unterrichtsstoffes und zur Hausaufgabenkultur befragt, lag sie an der Spitze. Vorschläge wie der, dass der Fixed Day in den ersten oder in den letzten Unterrichtsstunden stattfinden sollte, um entweder gar nicht erst kommen oder früher nach Hause gehen zu können, stießen am wenigsten auf Zustimmung. Was meine Schüler vor allen anderen beklagten, war die mangelnde Lernruhe in den für den Fixed Day vorgesehenen Räumen.
    Hätte es eines Fragebogens bedurft, ich hätte mich nicht mehr über die so offensichtliche Entwicklung meiner Schüler freuen können als ich es ohnehin schon tat und jeden Tag auf’s Neue spürte! Das war der Sinn des Lehrerberufs: die Förderung des Wachstums derer, die dir anvertraut sind. Dass ich gar kein Lehrer war   – vielleicht war das einer der Schlüssel zur Verwirklichung von EVA.   Damals war die Studie des Frankfurter Pädagogik-Professors Udo Rauin 13 noch nicht veröffentlicht worden. Sonst hätte ich die kausalen Zusammenhänge von Erfolg und Misserfolg, zumindest aus dem soziologischen Blickwinkel betrachtet, besser verstanden. (Ich werde auf die Ergebnisse dieserLangzeitbefragung in Kapitel VI. noch ausführlich zurückkommen.) Die Befragung zum Fixed Day zeigte deutlich, dass meine Schüler sich nicht grundsätzlich von den anderen unterschieden. Einige von ihnen bekamen Nachhilfeunterricht; sogar, gemessen an den anderen Klassen, die meisten. Später von mir dazu befragt, lautete die Antwort sinngemäß, man wolle das Ausbildungsziel unbedingt erreichen und deshalb erst gar nicht zurückfallen. Bei der Aussage »Ich bin häufig von privaten Problemen belastet« erreichten meine Schüler den höchsten Wert; alle anderen Klassen lagen darunter. Trotz dieser offenbar für einige belastenden privaten Situation schnitten sie leistungsmäßig und in den von uns präferierten Schlüsselqualifikationen am besten ab.
    Meine Schüler machten ihr Examen und hatten die Schule bereits verlassen, als der Fixed Day Carlo immer mehr Sorgen zu machen begann. Als ich ihn anlässlich einer meiner EV

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