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Schule versagt

Schule versagt

Titel: Schule versagt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inge Faltin , Daniel Faltin
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Verzweifeln.
    Den Fixed Day gibt es wohl noch. Als Bestandteil des Schulprogramms wurde er weitergeführt. Bis zum ersten Auswertungstermin wurden die spezifisch gesetzten Ziele nicht erreicht, SMART nicht Genüge getan. In der zweiten Evaluation des Fixed Day mehrere Jahre später wurde festgestellt, dass die Ziele der Verbesserung des persönlichen Zeitmanagements und der semesterübergreifenden Kommunikation der Schüler nicht erreicht worden seien. Von der Lösung von Problemen und Konflikten als einem seiner ursprünglichen Ziele war überhaupt nicht mehr die Rede. Stattdessen wurde hervorgehoben, dass die (Jahre zurückliegende) Umfrage eine genaue Kenntnis der Stärken und Schwächen bei den einzelnen Schülern ergeben habe. Die Schüler holten sich aus anderen Klassen in Bezug auf den Unterrichtsstoff Hilfe, wenn sie sie brauchten, und leistungsschwache Schüler nutzten den Termin zur Nachhilfe. Damit waren genau die Ergebnisse hervorgehoben worden, die man benötigte, um, trotz der negativen Bilanz im Hinblick auf die Ursprungsziele und gestützt auf eine mehrere Jahre alte Erhebung, die Einrichtung des Fixed Day zu belassen.
    Beim Fixed Day handelte es sich auch wieder um einen Vorschlag von Klippert. 14 Es wurde »geklippert« und nicht selbstständig eruiert und nachgedacht. Die an sich gute Idee griff die Schulleitung auf, weil sie sich für das Schulprogramm eignete   – und unterwarf sie aus diesem Grunde den Kriterien von SMART.   Dass sie an diesen Kriterien scheiterte und dennoch beibehalten wurde, schien niemanden zu stören. Man machte das Ergebnis passend und war mit dem Schulprogramm im Reinen. Papier ist geduldig?!Wir waren voll im Trend gewesen mit EVA, im Rahmen von PSE und handlungsorientiertem Lernen. So gute Ideen wie die Learning-by-Doing-Woche und der Fixed Day waren aus EVA hervorgegangen. Die Learning-by-Doing-Woche bröckelte von der Kollegenbeteiligung her ab, wurde auf drei Tage reduziert, schließlich ganz gestrichen. Der Fixed Day blieb als Institution erhalten, aber nicht als das inhaltliche Konzept, das er einmal gewesen war oder hatte werden sollen. EVA selbst wurde, noch während die Learning-by-Doing-Woche weiter bestand, nicht mehr evaluiert, nicht mehr diskutiert, nicht mehr weiterentwickelt. Warum? Hatte sie überhaupt je das Paradies verlassen? War sie je Mensch, war sie zum Leben erweckt worden? Oder hatte ich nur ein Abbild gesehen, die Reaktion auf PSE, die Vorgabe von oben? Das waren die Fragen, die ich mir noch in der Schule gestellt hatte.
    Wie um eine Antwort zu finden, ging ich zu Ferienbeginn durch die leeren Räume der Schule. Niemand war da. Das Lehrerzimmer war verlassen, in den Unterrichtsräumen herrschte vollkommene Stille. Die Tür zu dem Raum, an dem das Schild mit der Aufschrift »Fachraum PW« hing, war abgeschlossen. Ich steckte den Schlüssel ins Schloss, drehte ihn zweimal herum und freute mich, wie leicht sich die Tür öffnen ließ. Drinnen empfing mich das warme Grün, mit dem wir die Wände des Raumes gestrichen hatten. Meine Klasse hatte die Farbvorschläge gemacht, Kurt die Farben besorgt und viele meiner Schüler hatten zusammen mit ihm den Raum gestrichen. Die Wände waren sauber, ein Schrank und ein Regal standen im hinteren Teil des Raumes. Im Schrank lagerten Duden und andere Wörterbücher, auf den Regalbrettern standen Bücher. Jeder, der ein Buch entbehren konnte, hatte immer wieder einmal eines oder mehrere mitgebracht. Ich bemerkte, dass eine große Anzahl zusammengekommen war. Nur ein Brett war noch gänzlich leer. Über dem Regal hing die Pinnwand mit Zeitungsausschnitten und den zehn Kommunikationsregeln, die sich die letzten Neuankömmlinge, die noch die Learning-by-Doing-Woche erlebten, gegeben hatten. Daneben prangten die ähnlich formulierten Regeln der Vorgängerklasse, die jetzt in das 13.   Schuljahr versetzt worden war. Das neue erste Semester würde sich sein Kommunikationsverhalten nicht mehr bewusst machen müssen. Kein neues Plakat würde an der Pinnwandangebracht werden. Über der Tafel hatten wir eine weiße Fläche belassen, um mit dem Beamer arbeiten zu können. Die Projektionsfläche war groß und ließ sich durch das gänzliche Herunterschieben der beiden hintereinanderliegenden Tafeln noch vergrößern. An der Wand hatte Kurt eine kleine Garderobe angebracht, damit die Schüler ihre Jacken nicht auf Tische und Stühle legen mussten. Gardinen waren von irgendwoher aus dem Haus besorgt, gereinigt und

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