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Schumacher, Jens - Deep

Schumacher, Jens - Deep

Titel: Schumacher, Jens - Deep Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jens Schumacher
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den Beinen. Hätte er nicht bereits einen Manipulator um die Umrandung der Leiter geschlossen, wäre er drei Meter tief zum Deck des U-Boots hinuntergestürzt.
    Erschrocken sah er sich um.
    Die stählerne Oberfläche des U-Boots schüttelte sich wie ein altersschwacher Dieseltrecker. Im Gegensatz zu den bisherigen Vibrationen, die lediglich spürbar gewesen waren, konnte man diese Erschütterungen auch sehen: Der gesamte Turmaufbau ruckte wild vor dem Steilhang auf der Backbordseite hin und her.
    Henry spürte, wie sich sein Pulsschlag beschleunigte. Er musste von hier verschwinden, und zwar rasch!
    So schnell er konnte, stieg er die Leiter hinab. Mit einem gewagten Sprung überwand er die letzten Sprossen und eilte, so schnell es der schwere Anzug zuließ, über das Deck zu den Tritten, die ihn hinunter auf den Meeresboden bringen würden.
    Ein neues, stärkeres Rucken erschütterte den Schiffsrumpf. Bis auf das Ächzen überstrapazierten Stahls war nach wie vor nichts zu hören. Der lauernden Stille haftete etwas Bedrohliches an. Sie kam Henry vor wie die Ruhe vor einem unvorstellbaren Sturm.
    Das Rütteln wurde immer heftiger. Henrys Zähne klapperten hörbar aufeinander, als er die Beine über den Rand des Decks schwang und mit dem Fuß nach der obersten Kletteröffnung in der Bordwand tastete. Wie beim ersten Mal gelang es ihm nicht auf Anhieb, den klobigen Stiefel hineinzuschieben. Er zögerte, dann ließ er sich kurzerhand über die Kante rutschen. Sein Helm schlug gegen die Bordwand, dann sank er mit zunehmender Geschwindigkeit abwärts.
    Dicht vor seinem Gesicht tauchte einer der Klettersteige auf. Henry griff zu.
    Der Ruck trieb ihm die Luft aus den Lungen, doch der Greifer hielt sein Gewicht. Geistesgegenwärtig langte er mit dem anderen Arm nach der nächsttieferen Öffnung. Ohne sich damit aufzuhalten, die klobigen Stiefel einzusetzen, hangelte er sich Loch um Loch nach unten.
    Bange Augenblicke später stand er auf unebenem Meeresgrund. Seine Hoffnung, dass das Beben hier schwächer wäre, erfüllte sich jedoch nicht. Im Gegenteil: Der Boden unter seinen Füßen wankte hier noch bedeutend stärker. Mit Grausen wurde ihm klar, dass es nicht allein die U-196 war, die durch die gigantische Kreatur in Bewegung versetzt wurde.
    Der Meeresgrund selbst hatte zu bocken begonnen wie ein störrischer Esel.
    Ein metallisches Kreischen setzte ein, hoch und schrill wie eine Metallsäge. Wogen zermahlenen Steinstaubs schossen vor seinen Füßen zwischen dem Rand der Schlucht und der Bordwand hervor.
    Panisch drehte sich Henry um und eilte vom Wrack fort. Nach wenigen Schritten verfing sich die Nabelschnur seines Anzugs an einem aus dem Boden ragenden Felsen, und er verlor kostbare Sekunden, weil er zurücklaufen und das Kabel befreien musste.
    Hinter ihm sackte die Backbordseite des U-Boots mit einem unbeschreiblichen Geräusch abrupt mehrere Meter in die Tiefe. Dafür richtete sich der Bug auf, ragte noch steiler in die Höhe als zuvor. Das Kreischen wurde ohrenbetäubend, ein Geräusch wie von zehntausend Gabeln, die über Metall schaben.
    Ein erneuter Erdstoß ließ Henry taumeln, nur mit Mühe gelang es ihm, auf den Füßen zu bleiben. Sein Herz pumpte wild, Schweiß brannte in seinen Augen. Mit einer letzten hektischen Bewegung zerrte er das Versorgungskabel frei, drehte sich um und hetzte weiter.
    Der schwankende Boden machte das Vorankommen noch schwieriger, als es ohnehin schon war. Knapp zwei Dutzend Schritte weiter war Henry kurz davor zu hyperventilieren. Überlaut dröhnte sein hechelnder Atem in seinen Ohren. Und noch immer war das Habitat vor ihm nicht auszumachen.
    Er erkannte ein zweites Kabel neben seinem auf dem Boden: Ottenthals Nabelschnur. Mit einem schmerzhaften Stich meldete sich Henrys Gewissen. Der Mann mochte für Hauschildt gearbeitet haben, aber deswegen durfte er ihn noch lange nicht seinem Schicksal überlassen.
    Henry stoppte abrupt, drehte sich um.
    Der Rumpf der U-196 stak mittlerweile fast senkrecht in dem gezackten Riss, ein finsterer Keil, höher als manches Bürogebäude. Jeder neue Erdstoß warf das Tauchboot wie ein Spielzeug von einer Seite auf die andere, turmhohe Säulen aus Sand und Steinstaub wölkten an seinen Flanken hinauf … und nicht nur sie!
    Ein gedämpfter rötlicher Widerschein glomm in der Tiefe des Erdspalts auf. Gehüllt in diesen unirdischen Schimmer schoss plötzlich ein unvorstellbar langer Fangarm neben dem bockenden U-Boot in die Höhe. Er war mindestens

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