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Schumacher, Jens - Frozen - Tod im Eis

Schumacher, Jens - Frozen - Tod im Eis

Titel: Schumacher, Jens - Frozen - Tod im Eis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jens Schumacher
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Erschöpfung beeinflusst zu werden. Das Geheul der Verfolger hörte sich viel dumpfer an als wenige Minuten zuvor. Dumpfer und weniger bedrohlich.
    Ferner?
    »Sie fallen zurück«, stieß Gray irgendwo hinter ihm hervor.
    Eileen umrundete eine weitere Ecke. »Das hatte ich gehofft. Sie müssen an jeder Abzweigung prüfen, wohin wir gegangen sein könnten. Dadurch gewinnen wir Zeit!«
    »Prüfen?« Professor Albrechts Stimme war zwischen seinen pfeifenden Atemzügen kaum noch zu verstehen. Der kleine Akademiker war körperliche Anstrengungen dieser Art nicht gewohnt. »Wie … wie meinen Sie das? Glauben Sie etwa, diese Geschöpfe können uns riechen?«
    Eileen schwenkte ruckartig nach links, in einen neuen Seitenstollen. »Vielleicht fangen sie auch irgendwelche Schwingungen auf, die wir abgeben. Was weiß ich? Oder sie lauschen, aus welcher Richtung unsere Schritte kommen.«
    »Dann sollten wir uns bemühen, etwas leiser zu sein«, schlug Lamont vor. »Bis auf Weiteres keine Unterhaltung mehr!«
    Henry, der vor Seitenstechen kaum noch Luft bekam, musste beinahe lachen – als ob er in seinem Zustand noch in der Lage gewesen wäre, ein einziges Wort herauszubringen!
    Während sie weiterrannten, wurde das hohe Winseln hinter ihnen immer leiser. Schließlich hörte es auf.
    Henry bezweifelte, dass die Kreaturen bereits so weit zurückgefallen waren, dass man ihr Geheul nicht mehr hören konnte. Vielleicht hatte Eileen recht, und sie waren verstummt, um sich auf die Geräusche der Fliehenden zu konzentrieren.
    So leise sie konnten, setzten sie ihren Weg fort. Mittlerweile waren sie kaum noch schneller als ein stramm marschierender Rentner, aber das war nicht wichtig. Es zählte allein, in Bewegung zu bleiben.
    Eine weitere Abzweigung: rechts, dann sofort wieder nach links. Wieder links … rechts …
    Henry hatte jedes Zeitgefühl verloren. Wie lange war es jetzt her, dass das Geheul verstummt war? Eine Minute? Zehn? Eine Stunde? Er wusste es nicht. Mit halb geschlossenen Augen stolperte er hinter Golitzin her. Noch nie in seinem ganzen Leben hatte er sich derart erschöpft gefühlt. Aber er machte weiter.
    Schließlich hieß Eileen sie anhalten. Verschwommen nahm Henry wahr, wie Golitzin den Oberkörper seines Vaters zu Boden sinken ließ. So behutsam, wie es Henrys eigene schmerzenden Knochen zuließen, legte er auch dessen Beine ab.
    Kaum war er von seiner Last befreit, überkam ihn starker Schwindel. Er spürte seine Beine unter sich nachgeben, dann einen dumpfen Schlag, als er mit den Knien voran auf den harten Boden stürzte.
    Sofort war Dr. Lamont neben ihm und hielt ihm etwas Kaltes, Hartes an die Lippen. Es war eine Trinkflasche mit Wasser.
    »Trink, Henry! Und ruh dich aus. Wir scheinen die Biester abgehängt zu haben. Zumindest vorläufig …«
    Henry trank wie ein Verdurstender. Das kalte Wasser schmerzte in seiner Kehle, aber er achtete nicht darauf. Als er die Flasche absetzte, drückte ihm Lamont mehrere weiße Täfelchen in die Hand. »Iss das. Dextrose. Damit solltest du dich rasch besser fühlen.«
    Er ließ seinen Blick kurz auf Henry ruhen, dann legte er ihm eine Hand auf die Schulter. »Was du geleistet hast, ist fantastisch. Ich glaube nicht, dass einer von uns deinen Vater so lange hätte tragen können.«
    Henry murmelte etwas Unverständliches und steckte sich zwei der Plättchen in den Mund. Sie lösten sich rasch auf, und schon wenige Augenblicke darauf spürte er, wie der konzentrierte Traubenzucker in seine Blutbahn überging. Das Schwindelgefühl ließ nach, nicht jedoch die bleierne Schwere, die seinen Körper umfangen hielt, seit er sich nicht mehr bewegte.
    Ächzend kroch er zu seinem Vater hinüber und bettete dessen entstellten Kopf auf seine Knie. Lamont fühlte den Puls des Bewusstlosen, prüfte seine Atmung. Dann nickte er Henry zu.
    Alles in Ordnung.
    Jetzt erst begann Henry sich dafür zu interessieren, wo sie waren. Er hob den Kopf und ließ den Strahl seiner Helmlampe hin und her huschen.
    Ringsum tat sich eine ovale Höhle von rund vierzig Metern Länge auf. Die Decke war mindestens genauso hoch. An ihrem höchsten Punkt verengte sie sich zu einer Art Trichter, der in einer kleinen Öffnung endete. Sie schien mit irgendetwas verstopft zu sein, dennoch drang schwaches, gräulich gefiltertes Licht hindurch.
    Die Wände des Gewölbes waren rau und schartig, weder mit Friesen noch sonstigen Dekorationen geschmückt. Auch der Boden, von Geröll und Felsbrocken übersät, war uneben.

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