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Schussfahrt

Schussfahrt

Titel: Schussfahrt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N Förg
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ließ ihn erstarren. Sie
schaute weg.
    »Das ist schon okay,
ich kann mich wehren, aber das hat er mir nie verziehen. Drum auch die Fotos.
Drum hat er mir natürlich auch brühwarm vom Rennen erzählt. Jetzt hab ich euch,
hat er gesagt, mit einem irren Blick in den Augen. Der Mann war krank,
unzurechnungsfähig! Er war zutiefst böse, und ich hatte Angst, dass Martl
verlieren könnte. Ich hätte Rümmele nie getraut, dass der das Rennen wirklich
ehrlich durchzieht. Ich wollte nur noch eins für unser Leben: keinen Rümmele
mehr und dass Martl den Vertrag mit SAF unterzeichnet.«
    »Und deshalb hast du
geplant, ihn zu erschießen?« Gerhard blieb sehr freundlich.
    »Nicht mal geplant,
ich wollte nur die ganze Sache unter Kontrolle haben. Ich habe zugesehen, wie
Rümmele den Berg hochfuhr mit dem Skidoo. Anscheinend hatte er sich an die
Regeln gehalten. Ich sah ihn runterkommen, und Martl war nirgends zu sehen. Da
habe ich geschossen. Rümmele hätte das Rennen gewonnen.« Katja klang
verzweifelt.
    »Wie bist du denn
dort hingekommen, wenn doch keiner dein Auto gesehen hat?«, fragte Gerhard
weiter.
    »Auf Schneeschuhen«,
das klang so, als wäre es das Logischste von der Welt, »und dann bin ich
schnell zurück und nach Martls Anruf losgefahren. Es hat so stark geschneit, es
war dunkel, da hat uns sicher keiner aus dem Tal herausfahren sehen. Zumal ich
über die kleine Nebenstraße Im Winkel und dann weiter über Ettensberg gefahren
bin. Da war kein Mensch. Und Martl, der hat ja auch wenig geredet und schien
ganz froh zu sein, dass ich genauso wenig sagte und wir schnell verschwunden
sind.«
    Martl stöhnte auf,
schlagartig wurde ihm wohl die ganze Tragödie klar. Seine Frau hatte Rümmele
erschossen und geschwiegen. Er hatte die Leiche gesehen und präpariert und
ebenso geschwiegen. Stille, eine düstere Todesstille zwischen zwei Menschen,
die sich doch lieben sollten.
    Katja schaute Martl
kurz an und sprach dann plötzlich zu Jo: »Stell dir vor, wenn Martl den Vertrag
mit SAF bekommen hätte, dann hätte
er mindestens drei Jahre vor Ort sein müssen. Vielleicht wäre er mal auf die ISPO nach München gefahren, aber er wäre
doch zu Hause bei uns gewesen.«
    Jo war so übel, sie
hätte reden wollen, aber die Worte stellten sich tot. Ein Laut kam aus ihrer
Kehle, der erstarb, alle vorzeitlichen Qualen waren in diesem einen Laut
erstorben.
    Katja sah wehmütig
aus. »Das mit dem Pferd tut mir Leid. Ich konnte nicht mehr denken. Du warst so
nah dran. Aber ehrlich, Jo, das hat nichts mit Martl und dir zu tun«, sie
zögerte, »von all den Frauen warst du noch die Beste, vielleicht zu gut sogar.«
    Gerhard schreckte
auf. »Du hast auf Jo geschossen?«
    »Ja, ich wollte sie
aber nicht treffen, nur erschrecken. Ich dachte, wenn Jo aufgibt, dann kommt
die Wahrheit nie ans Licht. Leider sind einige Kugeln an einem Wellblechstadel
abgeprallt. Das war dumm.«
    Er nickte. »Aber war
es nicht auch dumm, Rümmele zu erschießen? Was hättest du gemacht, wenn der
Verdacht auf Martl gefallen wäre? Und das ist unweigerlich doch auch passiert!«
    Katja sah ihn mit
einem Lächeln an. »Nichts!«
    »Nichts?«, entfuhr
es Jo.
    »Nichts«,
wiederholte Katja. »Letztlich hätte man nichts beweisen können. Mit einem guten
Anwalt wäre er frei gesprochen worden. Und selbst wenn. Ich hätte noch ein paar
Jahre gewartet. Ich hätte wenigstens gewusst, wo er ist. Wir hätten ihn im
Gefängnis besucht, und Linda und Maria hätten vielleicht irgendwann einmal
gesagt, wir gehen Papa besuchen, nicht, wir gehen Martin besuchen.«
    »Scheiße!«, sagte Jo
voller Schmerz.
    Katja stand da, die
Sonne spielte in ihren brünetten Haaren. Am Horizont reckte sich der Grünten
hinauf zu einer Wolke, ein vertrautes Bild, vertraut und unverrückbar. Katja
schaute kurz in die Berge. Tränen liefen langsam über ihre hohen Wangenknochen.
Die Karotte entglitt ihr und rollte den Hang hinunter. Katjas Blick folgte ihr,
wie sie den braunen Schnee hinuntertrudelte und im braunen Schlamm liegen
blieb.

Nachwort
    Wenn ein Buch im
Allgäu spielt, dann spielt es in einer Gegend mit einem höchst charmanten
Dialekt. Wir Allgäuer wissen natürlich, dass unsere blumige Sprache der
Hochsprache weit überlegen ist. Das beweist beispielsweise ein Wort wie
»Hennapfrupfa« für Gänsehaut. Da spürt man doch körperlich, wie es einen
friert!
    Und natürlich ist
solch eine Sprache höchst individuell – will meinen, dass jedes Tal, ja jedes
Dorf in jedem Tal eigene

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