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Schussfahrt

Schussfahrt

Titel: Schussfahrt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N Förg
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fünf Minuten
später da. Sie hat wenig gesagt, fuhr schnell und nahm die Nebenstrecke. Mir
war das nur recht, ich hatte immer noch das Bild von Rümmele vor Augen. Es war
grauenhaft.«
    »Fünf Minuten?«
Gerhard sah ihn durchdringend an. »Da muss sie ja geflogen sein!«
    Martl wurde immer
blasser, die Schatten unter seinen Augen schimmerten ungesund.
    Gerhards Stimme
klang hilflos und traurig, als er sagte: »Katja muss in der Nähe gewesen sein.
Martl, sie wusste mehr über deine Manöver, als du geahnt hast. Als wir alle
geahnt haben.«
    Eine Uhr klackte,
aus dem Getränkeautomat vom Gang kam ein zischendes Geräusch – millionenmal
lauter als sonst. Klack, Klack machte die Uhr wieder. Ein Vogel war draußen zu
hören.
    Dann fragte Gerhard
wieder sehr leise: »Sie war mal Schützenkönigin von Ofterschwang?«
    Es war eigentlich
gar keine Frage. Katja hatte einige Jahre lang, vor der Geburt ihrer ersten
Tochter, ihre Schützenkollegen beschämt. Dass eine Frau immer weit bessere
Ergebnisse geschossen hatte, das hatte die Männer gewurmt.
    Martl sackte immer
mehr in sich zusammen.
    »Und ihr habt noch
all die Waffen von Katjas Vater, dem legendären Jagdaufseher aus
Balderschwang?«, fuhr Gerhard fort.
    Martl widersprach
nicht.
    Gerhard sah Volker
an, der nickte. Gerhard sperrte die Handschellen auf und sagte: »Fahren wir.«
    Katja war im Garten
und baute mit ihren kleinen Mädels einen Schneemann aus den kläglichen
Schneeresten. Der kleine Bub lag im Kinderwagen. Sie blickten auf, als die
beiden Autos vorfuhren. Die Größere strahlte und rannte los. »Martin, Martin«,
und stürmte auf Martl zu. Er hob sie hoch und vergrub sein Gesicht in ihren
blonden Löckchen. Katja stand da und ließ die Hand sinken, in der sie eine
Karotte für die Nase des Schneemanns hielt. Sie stand einfach nur da. Sie alle
gingen unwillkürlich langsamer.
    »Katja, es stimmt
doch, dass du Martl nach dem Rennen abgeholt hast«, begann Gerhard.
    »Ja.« Sie sagte
sonst nichts.
    »Wie bist du denn
dahin gekommen?« Gerhard redete mit einer Stimme, die unendlich viel Ruhe
vermittelte.
    »Mit dem Auto.«
    »Katja, wir haben
das ganze Tal gefilzt und auf den Kopf gestellt. Niemand hat dein Auto oder
dich gesehen. Nicht beim Hineinfahren, nicht beim Hinausfahren. Wie kann das
sein?«, wollte Gerhard wissen.
    »Ich wollte nicht
gesehen werden«, sagte sie ganz einfach.
    »Katja, was soll das
heißen?«
    »Ich bin in der Früh
mit dem Strom der Skifahrer ins Tal gefahren, und als der Hauptschub gegen drei
Uhr zurückfuhr, bin ich ebenfalls mit dem Strom mitgeschwommen. Ich habe mein
Auto dann aber hinter einer Schneemauer versteckt und gewartet, bis Martl
anruft. Ich sollte ihn ja abholen.« Sie hatte Gerhard während ihrer ganzen Rede
nicht angesehen.
    »Aber Katja, du bist
Stunden vor dem Rennen im Tal gewesen und hast das Auto versteckt. Das ist doch
nicht normal!«
    »Nein«, sagte sie
tonlos.
    »Katja!« Gerhard
machte einen Schritt auf sie zu.
    Sie seufzte: »Ich
wusste, dass ihr kommt.«
    Wieder entstand eine lange Pause, dann fragte Gerhard: »Hast du auf Rümmele geschossen?«
    Katja nickte.
    »Hast du die
Mauser?«, fragte Gerhard sanft. Sie machte eine unbestimmte Handbewegung zu dem
großen Haus hin.
    »Wieso, Katja?«
Gerhards Stimme war noch immer sehr sanft.
    Sie schaute langsam
vom einen zum anderen. »Ihr habt mich nie wahrgenommen. Wie Martl. Jeder hat
mir seine Probleme erzählt, jeder nur Halbwahrheiten. Dabei war ich euch immer
einen Zug voraus, aber auf mich hat nie einer geachtet. Ich wusste von Rümmeles
Feten. Er hat mir sogar Bilder davon gezeigt. Ich wusste von all den anderen
Weibern – auch von dir.« Sie sah Jo ganz ohne Vorwurf an und sprach weiter: »Ich habe damit gelebt all die Jahre, das war eben mein Preis für die große
Liebe. Jeder bezahlt für das Leben. Ich habe mich auf den Moment konzentriert,
an dem Martl seine Karriere beenden würde und heimkommen würde zu uns.«
    Sie brach ab, legte
die Hand auf den Kopf der Kleinen, die an ihrem Bein lehnte.
    »Ja?« Gerhards Augen
baten sie, weiterzusprechen.
    »Ich hätte Rümmele
nicht wegen der Weiber erschossen, nicht wegen der Qual, die er mir zugefügt
hat mit den Bildern, die er mir unter die Nase gehalten hat: Martl in der Sauna
mit fetten, schwabbeligen Schlampen. Rümmele mochte es, Menschen leiden zu
sehen. Er war mal da eines Abends und wurde sehr zudringlich. Er …«
    »Das Schwein, Katja,
ich …« Martl wollte auf sie zustürzen. Ihr Blick

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