Schusslinie
im Süden angeblich keiner
etwas über ihn wusste. Keiner. Sein Misstrauen stieg.
Hinzu kam, das hatte der Ministerialdirektor
soeben am Telefon gespürt, dass auch noch Michael Rambusch zunehmend kalte Füße
bekam. Der Mann, dem sie das Finanzielle anvertraut hatten, hegte ganz offen Zweifel
an der Seriosität der Partner.
»Kein Grund zur Panik«, beruhigte Gangolf den
Anrufer. »Nullenbruch ist zwar eine wichtige Person – aber eben nicht wirklich die
wichtigste.«
»Ihr Wort in Gottes Ohr«, gab Rambusch zurück,
»ich jedenfalls will nicht in diese Verbrechen reingezogen werden, von denen die
Medien berichten.«
»Wenn Nullenbruch darin verstrickt ist, ist
das seine Angelegenheit. Wir haben damit nichts zu tun.« Die Frau auf der Couch
machte einen Schmollmund.
»Und dieser verdammte Lanski?«, zweifelte Rambusch,
»der hat doch ein linkes Ding gedreht, wenn Sie mich fragen. Weshalb reist der in
dieses Kaff und gibt sich mit Beierleins Namen aus? Der wollte uns alle doch reinreiten
– oder seh ich das falsch?«
»Was ich so mitgekriegt habe … aus gut unterrichteten Kreisen …« Gangolf räusperte sich und lächelte seine
Partnerin an. »Wie wir so wissen, hat Lanski tatsächlich Kontakt zu Nullenbruch
gesucht. Und offenbar zu den anderen beiden Männern, die umgebracht wurden.«
»Und vorher hockt er noch mit uns zusammen«,
stellte Rambusch sorgenvoll fest. »Was hört man aus Kreisen der Polizei?«
»Wenig. Sie haben zwar einen ziemlich erfahrenen
Kriminalisten damit beauftragt, aber ich glaub, der geht die Sache einigermaßen
provinziell an.«
»Und Ihr Riegert?«
Gangolf lehnte sich in seinem Sessel zurück.
»Er schnüffelt rum, wie das ein Polizist halt tut. Aber ich glaub, Beierlein hat
ihn gestern noch dezent und soweit es ungefährlich ist, in unser Anliegen eingeweiht.«
»Und was ist mit den Akten von Lanski?«
»Keine Ahnung, aber wir sind dran. Es gibt
da so einen Verdacht …«
»Und?«
»Sehen Sie es mir nach, dass ich darüber jetzt
nicht reden will.« Seine Partnerin Eva Campe nickte ihm aufmunternd zu.
»Entschuldigen Sie, wenn ich Ihnen auf die
Nerven falle, aber wird Nullenbruch von der Polizei nicht als vermisst gesucht?«
»Hm«, machte Gangolf, »im Normalfall wär das
wohl so. Aber sein persönliches Umfeld macht sich keine allzu großen Sorgen, um
es mal so zu formulieren. Es sieht sogar danach aus, als seien alle froh, dass er
sich abgesetzt hat.«
»Abgesetzt? Sie meinen, er ist untergetaucht?«
Rambusch zögerte erneut, »… meinen Sie, er hat Lanski …?«
»Woher soll ich das wissen?«, unterbrach ihn
der Ministerialdirektor, »ich weiß nur eines, Herr Rambusch, Nullenbruch hat Probleme.
Geschäftliche und private. Und vielleicht ist es besser, wenn er von der Bildfläche
verschwunden ist.«
Eigentlich hatte der Abgeordnete Klaus Riegert in diesen unsicheren
politischen Zeiten anderes zu tun, als Detektiv zu spielen. Er war nach dem Frühstück
in sein kleines Büro gegangen, um über die Folgen des gestrigen Gesprächs mit Stefan
Beierlein nachzudenken. Der Mann hatte offen mit ihm geredet – und überzeugend argumentiert.
Natürlich gab es Lobbyisten und Interessengruppen, die sich von der Fußballweltmeisterschaft
enorme Gewinne versprachen. Deshalb war es weder ihnen, noch dem Wirtschaftsministerium
zu verdenken, eine solide Basis dafür zu schaffen. Dass es eine Sponsoring-Gesellschaft
gab, hatte Riegert bereits gewusst. Jetzt waren ihm auch die Namen einiger Personen
geläufig, die sich dafür stark machten. Während der Abgeordnete auf die Nebel verhangenen
Berge der Schwäbischen Alb hinüberblickte, fiel ihm ein, dass der neue baden-württembergische
Ministerpräsident Oettinger gerade das ehrenamtliche Engagement von Unternehmern
besonders zu schätzen pflegte. Insoweit handelten die Männer der Wirtschaft mit
ihrer Unterstützung des Fußballs zweifellos vorbildlich. Da gab es nichts zu beanstanden.
Und trotzdem, das spürte er, musste etwas geschehen
sein, was drei Männern das Leben gekostet hat. Er dachte an Heimerle und Funke,
die umgebracht wurden, noch ehe es zu dem geheimnisvollen Gespräch hatte kommen
können. Riegert fühlte sich schlecht. Erst jetzt wurde ihm in vollem Umfang bewusst,
dass er eigentlich mitten in der Sache steckte. Nur wie? Um welches Geheimnis handelte
es sich, das diese beiden Männer ihm anvertrauen wollten? Dass Lanski, wie Riegert
von Beierlein erfahren hatte, ins Geschäft mit Wettbüros eingestiegen war,
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