Schusslinie
interessierte, »der hat Ihren
Namen benutzt …?«
»Ja – und damit hat er die Polizei auf den
Plan gerufen. Wissen Sie, Lanski ist ein Geschäftspartner von mir.« Dann begann
Beierlein die Vorgeschichte zu erzählen, schilderte das Treffen am Stuttgarter Bahnhof
und dass es nur um Sportartikel gegangen sei.
»Lanski hatte also in Geislingen etwas vor,
bei dem er anonym bleiben wollte«, resümierte Riegert. Beierlein sah ihn verwundert
und erwartungsvoll an.
»Vielleicht, das könnte doch sein«, machte
Riegert weiter und stützte seinen Kopf auf die rechte Hand, »vielleicht war er sich
einer Gefahr bewusst und hat absichtlich Ihren Namen benutzt, um im Ernstfall die
Polizei in eine bestimmte Richtung zu lenken.«
Beierlein wurde blass. »Sie meinen doch nicht
etwa, dass ich ihn …?«
Riegert blieb sachlich. »Nein, das mein ich
nicht. Aber vielleicht gab es etwas, was Sie und ihn verbunden hat. Über das rein
Geschäftliche hinaus …«
Der Sportfunktionär schluckte. Er wich den
Blicken des Politikers aus. »Wie meinen Sie denn das?«
»Es gibt in der Politik – und nur dafür kann
ich sprechen – oftmals viele Verbindungen und Kontakte, die im Hintergrund geknüpft
werden. Lobbyisten und Korruptionäre oder auch nur ganz dezente Versuche der Einflussnahme.
Ich weiß aus meiner Erfahrung als sportpolitischer Sprecher, dass dies im Sport
nicht anders ist.«
Beierlein atmete schwer, lehnte sich zurück
und versuchte, locker zu wirken. Doch es sah verklemmt aus.
»Sie vertreiben Sportartikel«, stellte Riegert
fest, denn er hatte sich über Beierlein informiert und dabei seine Kontakte zu ehemaligen
Kollegen der Kripo spielen lassen. »Die WM wird ein gigantisches Geschäft. Nie zuvor
war eine WM wirtschaftlich so bedeutsam wie diesmal.«
Der Funktionär nickte langsam und zustimmend.
Riegert fuhr fort: »Und diese anderen Männer,
die bei dem Treffen in Stuttgart dabei waren, das waren einerseits, wie Sie sagen,
Handelsvertreter und andererseits wichtige Sportler und Sportfunktionäre?«
Beierlein zögerte. »Wie ich sagte.«
Riegert spürte die Unsicherheit seines Gegenübers.
»Sonst niemand?«, hakte er bestimmend nach. »Nur Sie und diese Männer aus halb Europa?«
Beierlein schloss für eine Sekunde die Augen
und gab sich innerlich einen Stoß. »Okay, Sie sind Politiker, Herr Riegert. Ich
weiß nicht, welcher Verschwiegenheitspflicht Sie unterliegen, aber vielleicht sollten
wir etwas unter vier Augen bereden …« Seine Stimme wurde leiser.
33
Das Flittchen war tatsächlich eines, dachte Häberle. Vor ihnen stand
Anna, blass, blond, schulmädchenhaft, mit kurzem Rock und einem bauchfreien Shirt.
Keine Spur mehr von diesem eher biederen Auftreten in Sillers Vorzimmer.
Linkohr hatte Mühe, sich auf das Gesicht des
Mädchens zu konzentrieren. Häberle blieb gelassen und ließ sich nicht anmerken,
dass ihn ein solcher Anblick durchaus ebenfalls zu faszinieren vermochte.
»Kommen Sie rein«, hauchte Anna. Die Kriminalisten
hatten sich telefonisch angemeldet. Sie führte die beiden Männer durch einen dezent
beleuchteten Flur, dessen rote Tapete jene Atmosphäre verbreitete, die Häberle insgeheim
vermutet hatte.
Die Möbel im Wohnzimmer erinnerten ihn an einen
Werbeslogan, der sich überwiegend an junge Leute richtete. Wo es Polster gab, waren
sie rot. An einer Wand hing ein Poster, das ein nacktes, eng umschlungenes Pärchen
zeigte.
»Wollen Sie was trinken?«, fragte Anna und
wies den beiden Männern einen Platz auf der zur Liege aufgeklappten Couch zu. Sie
selbst setzte sich ihnen gegenüber und stellte ihre nackten Beine artig, aber provozierend
eng aneinander. Sie war sich der Wirkung durchaus bewusst. Häberle verneinte die
Frage nach einem Getränk und beugte sich nach vorne. Auf dem Tisch stand ein Aschenbecher
und kalter Zigarettenqualm hing noch in der Luft.
»Um es kurz zu machen«, begann Häberle, »Sie
wissen, dass Herr Nullenbruch verschwunden ist. Wir hätten gerne gewusst, wo er
ist.«
Anna legte ihre nackten Arme auf die Seitenlehne
des Stuhls und sah von einem der Männer zum anderen. »Mich würde aber interessieren,
warum Sie das wissen müssen.« Sie war jetzt wesentlich selbstbewusster als in der
Firma.
Der Kommissar hatte mit dieser Frage gerechnet.
»Wir sind auf ihn nur gestoßen, weil wir das Umfeld anderer Personen abgecheckt
haben. Wegen diesen Verbrechen, von denen Sie sicher gehört haben.« Häberle sah,
dass Anna nickte. »Ihr Chef muss also gar
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