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Schusslinie

Schusslinie

Titel: Schusslinie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Bomm
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nichts damit zu tun haben«, beruhigte
er.
    »Ich weiß aber wirklich nicht, wo er ist«,
entgegnete sie sofort und deshalb eine Spur zu schnell, wie Häberle befand.
    »Wissen Sie etwas über seine Geschäftsverbindungen,
seine Freunde …?«
    Sie begann an ihrem viel zu kurzen Rocksaum
zu zupfen. »So gut wie nichts. Ich bin eigentlich der Frau Siller zugeteilt.«
    »Aber vielleicht gibt es eher …«, Häberle suchte nach Worten, »… eher private
Kontakte.«
    »Sie meinen, ob ich ihn hier empfange?« Es
klang geschäftlich.
    »So könnte man es formulieren«, gab Häberle
zurück.
    »Wissen Sie, Herr Kommissar, das ist mein Nebenjob«,
erwiderte sie kühl und fasste sich an die schlanken Knie, während auf dem Regal
das Handy eine Melodie zu spielen begann, »entschuldigen Sie.«
    Anna stand auf, drückte einen Knopf, hauchte
ein ›Hallo‹ und lauschte. Dann sagte sie: »Okay, Cherie, wie immer, morgen Abend
um zehn.« Sie beendete das Gespräch, blätterte in einem Terminkalender und notierte
sich einen Namen.
    »Ein Kunde«, meinte sie keck und setzte sich
wieder. »Wissen Sie«, fuhr sie fort, »ich bin keine von denen, die auf den Strich
gehen, wie Sie das nennen mögen. Ich suche mir meine Kundschaft aus. Stammkundschaft.«
    »Und Herr Nullenbruch …?«, blieb Häberle beharrlich.
    »Ich hab ihm viel zu verdanken. Er hat mich
hierher geholt, einen Job gegeben, mir eine Wohnung besorgt …«
    »Und dafür sind Sie ihm zu Diensten?«
    »Er kriegt, was ihm zusteht.«
    »Worüber Ihre Chefin sauer ist, seh ich das
richtig?« Häberle hatte dies aus den Bemerkungen Ute Sillers geschlossen.
    Anna lächelte gequält. »Sie ist eine alte Hexe«,
brach es aus ihr heraus, als habe sie schon lange darauf gewartet, dies jemanden
sagen zu können, »eine verdammte, alte Hexe. Sie hat sich Hoffnungen auf Nullenbruch
gemacht. Das hat er mir jedenfalls erzählt. Und wie ich dann gekommen bin, hat sie
Gift und Galle gespuckt, so sagt man doch, oder?« Anna stützte wieder ihren Kopf
ab. Plötzlich kam Farbe in ihr Gesicht. »Sie hat gemerkt, dass Nullenbruch auf Jüngere
steht.«
    »Wie das denn?«, wollte Häberle wissen.
    »Naja …« Anna wurde verlegen. »Sie hat uns … ja, sie hat uns erwischt.«
    »Sie und … Nullenbruch?«, vergewisserte sich der Kriminalist.
    Anna nickte und saß wieder aufrecht, die Beine
jetzt übereinander gelegt. »Ich war in seinem Büro, naja, dicht bei ihm – auf dem Schoß – und dann ist Frau Siller
reingekommen, ohne anzuklopfen, wie das ihre Art ist.« Die junge Frau rang sich
ein Lächeln ab. »Wahrscheinlich hat sie’s vermutet.«
    »Und seitdem macht sie Ihnen die Hölle heiß?«
    »Mobbing«, erwiderte Anna.
    »Und warum kündigen Sie nicht?«
    Ihr stockte der Atem. Mit dieser Frage hatte
sie nicht gerechnet.
    »Warum nicht?«, hakte Häberle nach.
    »Ich kann nicht und ich darf nicht.« Anna fiel
es schwer, darüber zu reden. Sie schien den Tränen nah zu sein, ihr Kinn zitterte,
ihr Busen bebte unter dem engen Shirt.
    »Sie hat gedroht, es seiner Frau zu sagen und
jetzt hat er Angst, dass sie ihn aus der Firma wirft«, erklärte das Mädchen mit
Tränen erstickter Stimme. Häberle sagte nichts. Denn was das Mädchen befürchtete,
war offenbar bereits eingetreten. Nullenbruch hatte in der Firma nichts mehr zu
sagen.
    »Außerdem weiß Frau Siller alles über mich.
Sie erpresst mich. Sie hat mich in der Hand.« Das Mädchen wurde von einem Weinkrampf
geschüttelt. »Ich bin für sie die Sklavin.«

34
     
    Die Fußballwelt war wieder in Ordnung. 4:1 hatte die deutsche Nationalmannschaft
am gestrigen Samstagabend gegen Nordirland gewonnen. Bei Harald Gangolf wollte darüber
an diesem Sonntagvormittag trotzdem keine große Freude aufkommen. Das hatte auch
Eva Campe zu spüren bekommen, die ihm gegenüber saß. Beim Blick aus dem Fenster
seiner Dachgeschosswohnung im vornehmen Grunewaldgebiet fühlte er sich so trübe
wie das Wetter. Noch immer lag diese verdammte Schafskälte überm Land. Und seit
einer Woche gab es nichts als Ärger und nahezu täglich neue Hiobsbotschaften. Alle
waren inzwischen nervös geworden. Sogar an diesem Wochenende meldeten sich pausenlos
irgendwelche besorgten Anrufer. Selbst ›MV‹ hatte über einen persönlichen Referenten
Erkundigungen einziehen lassen, weil ihm etwas zu Ohren gekommen war, das er unter
keinen Umständen dulden würde. Am meisten beunruhigte Gangolf jedoch, dass der Kontakt
zu Nullenbruch noch immer abgerissen war und dort unten

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