Schusslinie
könnte.« Er blickte in
die Runde seiner Kollegen, die längst den Bericht Linkohrs über ihren Besuch dort
gelesen hatten. »Nicht zu vergessen natürlich die Frau von diesem Ölhändler Striebel
und die Frau Funke, von deren Existenz wir bedauerlicherweise erst erfahren haben,
nachdem sie mit ihrem Mann zusammen verbrannt ist.«
»Nicht zu vergessen die Frau Kromer – die Frau
von Striebels Freund«, warf ein weiterer Kollege ein, »die Kromers wohnen in Dürnau,
das ist auch diese Ecke da draußen.«
Einer der Männer deutete auf der Karte auf
den Stadtrandbereich von Göppingen: »Aber rein theoretisch können tausende Frauen
in Frage kommen, die hier irgendwo wohnen. Oder vielleicht ist die Täterin, falls
es sich um eine solche handelt, die wir suchen, auch nur hier durchgefahren, als
dieser Striebel angerufen hat.«
Häberle nickte zustimmend. »Denkbar ist natürlich
alles, Kollegen«, räumte er ein, »vergessen wir auch nicht die Frau Nullenbruch,
die keinen allzu glücklichen Eindruck macht. Ihr wisst ja: Wo man wenig hat, klammert
man sich an alles. Mir scheint aber, dass wir einige Mosaiksteinchen gefunden haben.«
Ein weiterer Kriminalist meldete sich zu Wort.
»Dieses Mädchen, das im Vorzimmer dieser Siller sitzt – wir haben ihr Vorleben gecheckt.«
Der Mann, der zwei Knöpfe seines Hemdkragens geöffnet hatte, eilte zu einem anderen
Tisch und griff dort zielsicher nach einem Schnellhefter. »Sie ist bei uns nicht
registriert, aber hat wohl trotz ihres jungen Alters in der Slowakei schon einiges
auf dem Kerbholz.« Er blätterte in der Akte, während seine Kollegen und insbesondere
Häberle gespannt auf weitere Angaben warteten. »In Bratislava zu einem Jahr Knast
verurteilt, weil sie mit einer Bande junger Männer Diebstähle verübt hat und einmal
sogar eine Waffe dabei hatte.«
Häberle war erstaunt. Das hatte er diesem Unschuldsengel
nicht zugetraut. Sollte ihn seine Menschenkenntnis derart getrogen haben?
»Sechs Monate hat sie abgesessen und wurde
dann auf Bewährung entlassen. Seit einem halben Jahr ist sie in Deutschland, wohnt
in einem dieser Blocks in Ursenwang, am Stadtrand von Göppingen«, erklärte der Beamte
weiter. »Sie geht auf den Strich, ist so etwas wie eine Edelnutte. Macht es offenbar
daheim, nach Feierabend.«
Häberle nickte und blickte grinsend und wissend
zu Linkohr hinüber. »In diesem Milieu müssen wir weitermachen«, entschied er. »Da
muss es Verbindungen geben, die wir noch nicht kennen. Denkt immer an die Kontakte
in die Slowakei, Kollegen«, gab er zu bedenken. »In Südosteuropa herrschen vielfach
mafiose Strukturen – was Prostitution anbelangt, aber auch innerhalb der Wirtschaft.«
»Stichwort Mafia«, schallte es ihm von einem
ergrauten Kollegen entgegen. »Die Kollegen der Technik in Stuttgart haben die Waffe
untersucht – oder besser gesagt, das, was nach dem Feuer bei den Funkes von ihr
übrig geblieben ist.« Auch dieser Kriminalist griff zu einem Schnellhefter. »Das
Ding war tatsächlich eine abgesägte, zweiläufige Schrotflinte, ein Ding, wie’s in
Mafiakreisen häufig benutzt wird, ›Luparo‹ genannt, ihr wisst das. Alles deutet
darauf hin, dass es sich um unsere Tatwaffe handelt, die bei Lanski und Heimerle
benutzt wurde. Auch wenn natürlich bei Bleikügelchen keine exakte Zuordnung möglich
ist.«
Betretenes Schweigen. »Die Frage ist nur«,
brach Häberle die plötzliche Stille, »wieso liegt das Ding dort. Will uns da jemand
auf eine falsche Fährte locken? Oder ist Funke Lanskis Mörder? Wohl kaum«, gab sich
der Kommissar selbst die Antwort. »Ein Mörder würde die Tatwaffe nicht an die Wand
des eigenen Hauses lehnen.«
»Naja«, gab einer aus der Runde zu bedenken,
»an der Wand schon, aber hinterm Haus, Richtung Waldrand haben wir sie gefunden.
Durchaus versteckt, wenn man so will.«
Linkohr ergänzte: »Wahrscheinlicher ist schon,
dass sie der Täter, der alle drei Verbrechen verübt hat, also an Lanski, Heimerle
und Funke, hier einfach beseitigen wollte.«
»Entsorgen, sagt man heutzutage«, kommentierte
eine Männerstimme.
Häberle räusperte sich und trat einen Schritt
von dem Tisch zurück, um die Kollegenrunde besser überblicken zu können. »Okay«,
begann er, »wenn wir davon ausgehen, dass die Fäden in irgendeiner Weise in der
Slowakei zusammenlaufen, dann sollten wir uns diesen Aspekt einmal genauer ansehen.
Am besten über die Firma Nullenbruch, die dort unten gerade baut. Da gibt es doch
einen Menschen, der
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