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Schusslinie

Schusslinie

Titel: Schusslinie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Bomm
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die Wiederwahl
zum Oberbürgermeister verloren hatte. Jetzt, da sich bundesweit ein neues Linksbündnis
mit Oskar Lafontaine und Gregor Gysi bildete, war überhaupt nicht abzuschätzen,
wie die politische Landschaft nach der Neuwahl aussehen würde, die im September
stattfinden sollte – sofern dies Schröder vollends so hintricksen konnte.
    Obermayers Entscheidung stand fest: Ihm wurde
der Boden zu heiß. Er wollte aussteigen, ehe er noch tiefer in die Angelegenheit
hineingezogen würde. Irgendjemand, da war er sich ganz sicher, hatte eine abwärts
gerichtete Spirale in Gang gesetzt, von der man nur mitgerissen werden konnte. Rette
sich, wer kann, dachte Obermayer und suchte Gangolfs Telefonnummer heraus.
     
    Fußballbundestrainer Jürgen Klinsmann war heimgeflogen. Heim – das
bedeutete für ihn seit Jahren bereits Kalifornien. Allerdings nahmen ihm die Boulevardblätter
diese Reise übel, zumal das 2:2 seiner millionenschweren Jungs im Freundschaftsspiel
gegen Russland nicht gerade zu großem Jubel Anlass gegeben hatte. Mitte kommender
Woche bereits begann der so genannte Confederations-Cup, der stets im Austragungsland
der folgenden Weltmeisterschaft stattfand. Deutschland hatte sich als deren Gastgeber
glücklicherweise nicht dafür qualifizieren müssen. Nach dem vorjährigen Debakel
bei der Europameisterschaft, als Rudi Völler das Handtuch geworfen hatte, hatte
niemand mehr an die deutschen Kicker geglaubt. Dann jedoch war Klinsmann als neuer
Trainer hervorgezaubert worden. Ein Wunderknabe, ein Strahlemann, der seine Mannschaft
in Schutz nahm, wie kein anderer jemals zuvor. Selbst nach einem schlechten Spiel
strahlte er auf dem Bildschirm ungebrochenen Optimismus aus. Sein Lieblingssatz
schien zu lauten: ›Wir haben heute viel gelernt‹.
    Häberle musste daran denken, als er die lange
Nummer in sein Telefon eintastete. Es war nicht einfach gewesen, sie ausfindig zu
machen. Klinsmanns Geislinger Geschäftspartner Gass hütete sie wie seinen Augapfel
und auch die Funktionäre des Deutschen Fußballbundes waren nur mithilfe des Landeskriminalamts
davon zu überzeugen gewesen, dass es sich um eine wichtige Angelegenheit handelte.
Häberle hatte seine Kontakte spielen lassen, wohl darauf bedacht, nicht wieder zurückgepfiffen
zu werden. Er war an diesem trostlosen Samstagnachmittag in die Göppinger Dienststelle
gefahren, um die Zeitdifferenz zur amerikanischen Westküste zu berücksichtigen.
Wenn er jetzt anrief, war’s in Kalifornien Vormittag. Er wollte den wichtigsten
Mann des deutschen Fußballs schließlich nicht aus dem wohlverdienten Schlaf reißen.
    Das amerikanische Freizeichen drang vier-,
fünfmal an sein Ohr. Dann meldete sich eine Frauenstimme mit einem Namen, der sich
wie ›Klinsmann‹ anhörte. Häberle lehnte sich zurück und versuchte, sich zu entspannen
und seine ganzen Englischkenntnisse zusammen zu nehmen. »Excuse me, my name is Häberle,
I’m a criminal officer from Germany, from Göppingen.« Er machte eine Pause, doch
die Dame in Amerika sagte nichts. Ob es wohl Debbie war, seine attraktive Frau?,
fragte sich der Chef-Ermittler. Irgendwo hatte er gelesen, dass Klinsmanns Hochzeitstag
am nächsten Samstag sein würde, wenn im Confed-Cup das Spiel gegen Tunesien anstand.
    »Can I speak to Mr. Klinsmann please?«, fragte
Häberle und glaubte etwas Zustimmendes verstanden zu haben. Jedenfalls wurde der
Hörer kurz beiseite gelegt oder irgendwo hin getragen. Der Kriminalist spürte gewisse
innere Aufregung. Obwohl routiniert im Umgang mit Prominenten, kam es schließlich
nicht alle Tage vor, dass er mit einer weltberühmten Persönlichkeit reden musste.
    »Ja, bitte?«, hörte er plötzlich eine Männerstimme.
    »Herr Klinsmann?«, fragte Häberle vorsichtig
nach.
    »Am Apparat, ja«, kam es mit der üblichen Verzögerung
zurück, wenn ein Telefongespräch über Satelliten lief.
    Häberle stellte sich vor, bat um Entschuldigung
für die Störung und erläuterte in knappen Worten, worum es ihm ging. Klinsmann schien
interessiert zuzuhören und zeigte sich erschüttert vom Tod dieser drei Männer, die
ihm allesamt geläufig waren. »Das ist ja schrecklich, was Sie da sagen«, meinte
er mit deutlich vernehmbarem schwäbischen Akzent.
    Häberle sah über die Dächer der umliegenden
Gebäude hinweg. »Mir geht’s nun nur darum«, fasste er zusammen, »ob Ihnen in irgendeiner
Weise etwas zu Ohren gekommen ist, was auf höchster Fußballebene mit diesen Verbrechen
in Verbindung stehen

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