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Schusslinie

Schusslinie

Titel: Schusslinie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Bomm
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Zwischenraum zum
angrenzenden Haus darstellte. Dort brannte nur eine einzige Glühbirne.
    Der Kommissar blickte sich um, hörte von irgendwo
her einen Fernseher laufen, entdeckte aber keinen einzigen Menschen. Am Rande der
schmalen Gasse parkten Autos, meist ältere Modelle, die Fenster waren schwarz. Nur
durch die enge Öffnung der Häuserzeile zur Fußgängerzone fiel heller Lichtschein
herüber.
    Häberle blieb stehen, blickte sich nach allen
Seiten um und entschied, durch den spärlich beleuchteten Zwischenraum zu dem Hauseingang
zu gehen. Unter seinen Schritten spürte er unebene Pflastersteine, es roch nach
Abwasser. Beim Näherkommen erkannte er, dass die Tür einen Spalt weit offen stand
und innen eine schwache Lichtquelle brannte. Er räusperte sich, um nicht den Eindruck
zu erwecken, sich heranschleichen zu wollen. Dann klopfte er gegen die angelehnte
hölzerne Tür, die dadurch nach innen quietschend aufschwenkte. »Hallo«, rief der
Ermittler, »entschuldigen Sie – hallo!« Sein Blick fiel auf einen dunklen Flur,
in dem sich Kisten und Kartons stapelten, dazwischen auch Elektrogeräte. Augenblicke
später schälte sich aus dem Halbdunkel im Hintergrund eine große Gestalt, die mit
energischen Schritten näher kam. »Mr. Kapitán«, schallte es Häberle mit jenem harten
Akzent entgegen, der ihm fast schon vertraut war. Er war einerseits darüber erschrocken,
dass man ihn als Kriminalist entlarvt hatte, andererseits aber auch erleichtert,
dass offenbar bereits klare Verhältnisse bestanden – von wem auch immer im Hintergrund
geschaffen. Der Fremde überragte den Kommissar um einige Zentimeter und wirkte vor
ihm wie ein Kleiderschrank, der nahezu den ganzen Flur ausfüllte.
    »Guten Abend – sprechen Sie Deutsch?«
    »Wir können uns auf Deutsch unterhalten«, erwiderte
der Mann kühl und kam gleich zur Sache: »Sie kommen, um Mr. Blamocci zu suchen?«
Die Stimme klang unsympathisch und irgendwie drohend. Häberle kannte diese Situationen.
Einem Fremden gegenüberzustehen, in finstrer Umgebung, und nicht zu wissen, wie
feindselig dieser sein würde, das zählte zu den schwierigsten Situationen. Dann
galt es, die Atmosphäre zu entkrampfen. »Danke, dass Sie sich Zeit für mich nehmen«,
sagte er, »man hat mich an Sie verwiesen.«
    »Wir können gerne miteinander reden«, entgegnete
sein Gegenüber, dessen Gesicht er nur schemenhaft erkennen konnte.
    »Ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie mir
weiterhelfen könnten«, fuhr Häberle noch einmal betont freundlich fort.
    »Ich werde es versuchen«, kam es tonlos zurück,
»aber die Bedingungen stelle ich. Und denken Sie daran, Mr. Kapitán, Sie mischen
sich in einem fremden Land in eine Sache hinein, die Sie Ihren Job kosten könnte …« Er lachte kurz auf, »… wenn nicht sogar
noch mehr. Kommen Sie rein. Mr. Kapitán«, fuhr der Slowake fort, »wir gehören zwar
zur EU – aber vergessen Sie nicht, dass hier manches anders ist, als in Deutschland.
Es ist deshalb in Ihrem Interesse, sich anzupassen. Haben wir uns da verstanden?«
     
    Die Luft rauchgeschwängert, die Musik laut und am Tresen dichtes Gedränge.
Die Geislinger Szenekneipe ›Clochard‹ war auch an diesem Montagabend gut besucht.
Besonders belagert war ein Tisch, der etwas abseits in einer der dunklen Ecken stand.
An ihn hatten gut ein Dutzend Männer, meist jüngeren bis mittleren Alters, ihre
Stühle hergeschoben, andere begnügten sich mit einem Stehplatz und lehnten sich
an die blinkenden Spielautomaten. Sie prosteten sich mit ihren Weizenbier- oder
Pilsgläsern zu und stießen auf die alten Zeiten an.
    »Mensch, Jürgen«, sagte einer aus der Runde
und sah den Blonden an, der sich mit dem Rücken zum Innenraum gesetzt hatte, »ich
find des einfach toll, dass du mal wieder vorbeigschaut hascht.«
    Ein anderer wischte sich den Bierschaum vom
Mund und ergänzte: »Dass du uns net vergesse hasch, isch super.«
    »Danke, dass ihr komme seid. I denk oft an
die Zeit hier z’rück. Glaubt mir, nach diesem Trubel isch es unheimlich entspannend,
mal wieder hier zu sitze.« Sein Nebensitzer legte ihm freundschaftlich den Arm auf
die Schulter und meinte: »Egal, was passiert, mir stehet zu dir.«
    »Danke, liebe Freunde«, lächelte Jürgen nahezu
gerührt, »deshalb war ich g’schockt, als ich das von Leo g’hört hab.« Er wurde ernst.
»Von Leo und von den beiden andern.« Er erklärte, dass er auch wegen dieser schrecklichen
Verbrechen nach Geislingen gekommen sei. Er zeigte sich an den

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