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Schusslinie

Schusslinie

Titel: Schusslinie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Bomm
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ihre Stimmen. Er verstand aber nicht, was sie sagten. Es war wohl
Türkisch, vermutete er.
    Der Passant richtete seinen Blick geradeaus
auf die Lichtreklame, versuchte aber trotzdem, sich mit den Augenwinkeln auf diese
jungen Männer zu konzentrieren, die mit den Schatten verschmolzen zu sein schienen.
    Sekunden später hatte er sie hinter sich gelassen,
kam an einigen noch hell erleuchteten Modegeschäften vorbei und erreichte die Schaufenster-Passage
der ›Geislinger Zeitung‹. Sie weckte in ihm Erinnerungen an einen früheren Redaktionsleiter,
der gleichzeitig Vorsitzender des Sportclubs gewesen war.
    Der Mann ging an dem Gebäude entlang, nahm
aus einer Bierkneipe von gegenüber jenes Lied wahr, in dem gerade musikalisch die
Frage gestellt wurde: »Lebt denn der alte Holzmichl noch?«, und strebte nun dem
freien Platz zu, der die Fußgängerzone begrenzte.
    Das Auto schoss von links heran. So schnell
und blitzartig, dass der Passant erschrocken zurück wich.
    Es war eine schwarze Limousine, die von der
Rosenstraße einbog, ruckartig abbremste und ihm mit der Breitseite den Weg versperrte.
Ihn überkam eine Mischung aus Irritation und Empörung über dieses rücksichtslose
Verhalten inmitten der Fußgängerzone. Doch bevor er gestikulieren oder seinen Zorn
in Worte hätte kleiden können, wurden die beiden rechten Türen aufgerissen und zwei
kräftige Männer sprangen heraus, packten ihn an den Armen und nahmen ihn in den
Würgegriff. Er versuchte zu schreien, doch seine Kehle war trocken und wie zugeschnürt.
Die beiden Unbekannten stießen und drückten ihn auf den Hintersitz des Fahrzeugs,
wo sich einer der Männer neben ihn zwängte, ein dritter ihn an den Haaren packte
und ein Messer aufblitzen ließ. In der Klinge spiegelte sich das Licht der Kandelaber.
»Schnauze halten«, zischte einer der Unbekannten, während ein anderer sich auf den
Vordersitz warf, die Türen ins Schloss fielen und der Wagen extrem beschleunigte
– hinaus aus der Fußgängerzone, vorbei an den dunklen Gebäuden einer ehemaligen
Brauerei.

53
     
    »Mr. Kapitán«, grinste der hünenhafte Slowake. Er saß dem deutschen
Kommissar in dem schlecht beleuchteten Werkstatt-Raum gegenüber. Ein zweiter Mann,
der sich abseits in einem alten Sessel niedergelassen hatte, war still und schien
nur der Aufpasser zu sein. Häberle schlug auf dem unbequemen Holzstuhl gelassen
die Beine übereinander und umfasste das oberste Knie mit gefalteten Händen. »Wenn
wir Ihnen einen Rat geben können«, fuhr der Mann genüsslich fort, »dann diesen:
Verschwinden Sie von hier. Mr. Blamocci ist geschäftlich unterwegs.« Er fügte überheblich
hinzu: »Und Ihr Mr. Nullenbruch befindet sich in guten Händen.«
    Häberle sah in gefährlich funkelnde Augen.
Dieser Mann, daran bestand gar kein Zweifel, war bestens informiert und schien zu
allem entschlossen zu sein.
    »Ich bin gerne bereit, mich mit Ihrem Vorschlag
auseinander zu setzen«, gab er zurück, »aber vielleicht können Sie mich dahingehend
beruhigen, dass Sie mir sagen, was mit Nullenbruch geschehen ist«, erwiderte Häberle
und behielt auch den zweiten Mann im Auge, der Kaugummi kauend das Geschehen verfolgte.
Ein Fiesling, dachte Häberle.
    »Sie werden sich mit unserem Vorschlag auseinander
setzen müssen«, grinste der Wortführer, »oder soll ich Ihnen sagen, dass Sie es
hier mit einer Organisation zu tun haben, die für Sie fünf Nummern zu groß ist.«
Er legte eine theatralische Pause ein. »Oder sagen wir zehn Nummern zu groß.«
    Der Ermittler ließ sich davon nicht beirren.
»Ich gebe gerne zu, dass dies meine Kompetenzen überschreiten könnte. Mir geht es
allein um Herrn Nullenbruch.«
    »Nullenbruch«, äffte der Slowake nach, »ich
sagte doch: Er ist in guten Händen. Er ist rein geschäftlich hier – und er hat einiges
zu erledigen.« Er grinste wieder. »Was interessiert Sie das denn? Nicht mal seine
Frau macht sich Sorgen.«
    Häberle wagte einen Vorstoß. »Es hat im Zusammenhang
mit Herrn Nullenbruchs Verschwinden eine Reihe von Ereignissen gegeben, die mich
beunruhigen.«
    Der Aufpasser im Hintergrund spuckte seinen
Kaugummi in eine unausgeleuchtete Ecke. »Es hat Ereignisse gegeben?«, fragte sein
Komplize. Es klang, als wolle er Häberle veräppeln. »Ereignisse? Und der Herr Kapitán
sorgt sich also. Jetzt passen Sie mal auf«, er wurde laut und gefährlich: »Sie verschwinden
aus dieser Stadt – und zwar so schnell wie möglich. Sie vergessen alles, was Sie
hier gesehen

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