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Schusslinie

Schusslinie

Titel: Schusslinie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Bomm
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war Klinsmanns
Verschwinden über die Republik verbreitet worden. Schon hatten sich die ersten Kamerateams
angekündigt, wurden Wünsche nach Interviews für die Mittagsnachrichten vorgebracht.
Sander war der Erste gewesen, der auf der Matte stand und der sich noch verhältnismäßig
leicht auf eine nachmittägliche Pressekonferenz vertrösten ließ, die der Leitende
Oberstaatsanwalt im so genannten Kapellmühlsaal des städtischen Büro- und Kulturhauses
in der MAG geben wollte. Man hatte sich für eine große Räumlichkeit entschieden,
weil mit einem nie zuvor da gewesenen Ansturm von Medienvertretern zu rechnen war.
    Sander wollte bis dahin nicht untätig bleiben,
sondern begann heftig zu recherchieren. Er sprach mit dem »Clochard«-Wirt, bekam
von ihm die Namen einiger seiner Gäste und war sich ziemlich sicher, dass Klinsmann
auf dem Weg vom Lokal zum Parkdeck irgendwo in den engen Gassen oder auf der Fußgängerzone
gekidnappt worden sein musste. Immer bohrender stellte sich ihm die Frage, ob Klinsmann
wohl noch irgendwo in Geislingen war? Festgehalten in einem Altstadthaus? Womöglich
ganz in der Nähe des Verlagsgebäudes? Die Redaktion entschied, dem Thema mindestens
eine Sonderseite zu widmen und dabei insbesondere Klinsmanns Geislinger Vergangenheit
darzustellen. Auch die Kollegen der Südwest-Presse in Ulm bekundeten Interesse.
    Während Sander telefonierte, musste die Sekretärin
Dutzende Anrufe auf anderen Apparaten entgegennehmen. Es waren Journalisten aus
ganz Deutschland, inzwischen sogar aus Österreich und der Schweiz, die nähere Einzelheiten
erbaten oder Klinsmann-Fotos von seiner Zeit als Jugendfußballer in Geislingen wollten.
Auf Sanders Schreibtisch stapelten sich mittlerweile unzählige, handschriftliche
Notizzettel, auf denen die Sekretärin Telefonnummern mit dem Wunsch auf Rückruf
notiert hatte.
    Unterdessen ließ Bruhn die bisherigen Akten
der drei Verbrechen auf Zusammenhänge mit Klinsmann auswerten. Es ärgerte ihn, dass
diese verdammten Medien, die seit Wochen darüber spekuliert hatten, Recht behalten
würden. Er hatte alle Fragen dazu weit von sich gewiesen – und nun würde er wohl
von diesen Dummschwätzern, wie er Journalisten oftmals zu nennen pflegte, ins Visier
genommen.
    Linkohr erschien an der Tür, klopfte gegen
den Rahmen, um auf sich aufmerksam zu machen, und erntete nichts weiter als ein
mürrisches Knurren. »Die Kollegen und ich sind der Meinung, man sollte diese Firma
›Nubru‹ in Göppingen genauer überprüfen«, erklärte er selbstbewusst.
    Bruhn blickte auf und sah Linkohr mit versteinerter
Miene an. »Seh ich auch so«, knurrte er missmutig, »und außerdem alle diese Personen,
die in den Akten genannt werden. Auch dieses Mädchen, von dem schon einige Mal die
Rede war – knüpft sie euch vor. Und ich werd mir diesen Ministerialfritzen zur Brust
nehmen. Verdammt noch mal, es muss doch irgendeinen Hinweis geben.« Bruhn war wieder
laut geworden, als ob Linkohr an Klinsmanns Verschwinden schuld wäre. Unterdessen
schaute Stock über die Schulter Linkohrs: »Übrigens – ein Riesenrummel ist zu erwarten.
Es haben sich bereits 127 Journalisten angemeldet für heut Nachmittag.«
    Der Kripochef sank in sich zusammen.
    »Und noch was«, schob Stock vorsichtig nach,
»beim Präsidenten melden sich schon die ›Oberen‹.«
    Bruhns Miene verfinsterte sich. »Was heißt
das?«
    »Naja«, erklärte der Pressesprecher sachlich,
»Beckenbauer, ›MV‹ und Präsident Blatter vom Internationalen Fußballbund.«
    »Gott bewahre mich vor ›MV‹ «, entfuhr es Bruhn,
der im Geiste nachzurechnen begann, wie lange es noch bis zu seiner Pensionierung
dauern würde. Zum Glück nicht mehr allzu lange. Es sah so aus, als wüsste er nicht,
ob er einen cholerischen Anfall kriegen oder in eine Ohnmacht versinken sollte.
Und dieser Häberle trieb sich in der Slowakei rum, schoss es ihm zornig durch den
Kopf.
     
    Die Drähte liefen heiß. Liebenstein hatte die Nachricht bereits erhalten.
Ministerialdirektor Gangolf war höchst erregt, zumal auch schon Beierlein informiert
war. Jeder schien jeden anzurufen – und letztlich stellte sich allen die Frage,
wer Interesse daran haben konnte, Klinsmann aus dem Verkehr zu ziehen, jetzt, nicht
mal ein Jahr vor der Fußballweltmeisterschaft. Liebenstein war sofort nach dem Anruf
mit dem Taxi nach Geislingen gefahren. Er sollte sich unauffällig ein Bild vom Ablauf
der Ermittlungen verschaffen. Wie er dies tun konnte, war ihm jedoch ein

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