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Schusslinie

Schusslinie

Titel: Schusslinie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Bomm
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breit.
»Klinsmann hat von einem Termin im November gesprochen, vom Zwölften. Wenn damit
ein Länderspiel der Nationalelf gemeint war, wovon auszugehen ist, dann könnte dies
auf die geplante Begegnung mit Frankreich hindeuten. Sie findet am zwölften November
statt. « Er blickte auf sein Blatt Papier. »Der Schlüssel für den Aufenthaltsort
liege im vorausgegangenen Satz. Da heißt es doch wörtlich: ›Marie und in Amerika
den Mark‹.«
    Häberle lehnte sich an die Wand und kniff die
Augen zusammen, wie immer, wenn er scharf beobachtete oder nachdachte. Niemand wagte
jetzt laut zu atmen.
    »Aus ›Amerika‹ und ›Mark‹ schließen die Dechiffrier-Experten
auf Camargue – Ihr kennt das, herrliche Landschaft im Rhonedelta, ganz unten am
Mittelmeer. Traumhaft«, schwärmte der Kriminalist. »Und die Nichte Marie kann nach
Meinung der Kollegen nur auf Les Saintes-Maries de la Mer hindeuten, ein Touristenort
ganz unten. An einem Wochenende im Mai übrigens Treffpunkt der Zigeuner aus ganz
Europa.«
    »Super, Volltreffer«, kommentierte Häberle
und durchbrach damit die Stille. »Les Saintes-Maries de la Mer – toll. Da kann man
übrigens übers Dach der Kirche laufen«, entsann er sich an einen Urlaub, den er
dort einmal mit Susanne im Wohnmobil erlebt hatte. Es gab am östlichen Ortsrand
einen riesigen, komfortablen Campingplatz.
    »Jetzt muss uns nur noch jemand Straße und
Hausnummer sagen«, meinte Linkohr leicht ironisch.
    »Wir müssen uns sofort um Amtshilfe kümmern«,
ordnete der Chef-Ermittler an. »Saintes-Maries ist zwar nicht groß, aber es hat
sicher jede Menge Ferienwohnungen zum Untertauchen. Und es ist ideal, um mit Privat-Jachten
abzuhauen.«
    Und plötzlich fiel es ihm ein: »Dann machen
auch unsere Vögel Sinn.« Die Kollegen sahen ihn fragend an. »Flamingos. Kollegen
– am Fenster fliegen Flamingos vorbei. Die hat’s da unten zuhauf.«
     
    Häberle hatte so gut wie kein Auge zugetan. Ihm waren tausende Gedanken
durch den Kopf geschwirrt. Er musste an die Fieslinge in der Slowakei denken, die
ihm so unverblümt gedroht hatten, und an die Gespräche mit Meckenbach während des
Flugs und dem Aufenthalt in Košice. Sie hatten sich viel Belangloses erzählt, das
er sich jetzt in Erinnerung zu rufen versuchte. Noch vor dem Aufstehen beschloss
er, seinen Reisebegleiter nochmals aufzusuchen. Kurz vor neun rief er ihn an und
nötigte ihn mehr oder weniger, sich auf sein Kommen einzurichten.
    Susanne verfolgte mit Sorge, wie sich ihr August
seit Wochen keine freie Minute mehr gönnte. Er hatte sich in den Fall regelrecht
verbissen. Aber seit Klinsmanns Verschwinden blieb ihm auch gar keine andere Wahl
mehr. Die Nachrichtensendungen waren voll davon. Häberle hatte bis spät in die Nacht
hinein bei einem Glas Weizenbier am Fernseher hin- und hergezappt, um zu verfolgen,
was die Medien darüber berichteten. Insgeheim hoffte er, dass die Kidnapper das
Video nicht auch einer Fernsehstation zugespielt hatten. Denn eigentlich hätten
sie nur so sicher sein können, dass ihre Forderungen von jenen erhört wurden, die
darüber Bescheid wussten. Oder saßen diese Personen in den Reihen der Ermittler?,
durchzuckte es Häberle. Oder wurden jene, die es anging, vielleicht doch ungewollt
durch die Ermittlungsarbeit darauf hingewiesen?
    Knapp eine halbe Stunde hatte der Kommissar
gebraucht, um die Wolken verhangene Hochfläche der Alb zu erreichen. Obwohl er kürzlich
bei Nacht hier rauf nach Merklingen gefahren war, hatte er das Wohngebiet, in dem
Meckenbachs Einfamilienhäuschen stand, noch bestens in Erinnerung. Aus Meckenbachs
Gesicht war die Frische eines Playboys, die er so gerne zur Schau trug, gewichen.
Der Kommissar vermutete, dass die Nacht anstrengend gewesen war. Ungekämmt und überaus
leger gekleidet saß ihm Meckenbach gegenüber und war von dem ungebetenen Besuch
so früh am Vormittag nicht gerade angetan. »Ich dachte, wir hätten alles besprochen«,
begann er deshalb auch einigermaßen unfreundlich.
    Häberle lächelte versöhnlich. Jetzt fiel ihm
auf, was ihn bei der Begrüßung irritiert hatte. Meckenbach trug eine randlose Brille
– eine von der Sorte, die sicher sündhaft teuer waren. »Entschuldigen Sie, ja –
aber seit unserem Ausflug …« Der Kommissar
sah sein Gegenüber aufmunternd an, »… seither haben sich die Ereignisse überschlagen.«
    »Falls Sie mich fragen wollen, ob ich weiß,
wo Klinsmann ist, dann können wir’s abkürzen: Ich weiß es nicht«, entgegnete

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