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Schusslinie

Schusslinie

Titel: Schusslinie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Bomm
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beizutragen. Auf faire und freundschaftliche
Weise.« Häberle gefiel Klinsmanns Einstellung. Ein grundehrlicher, solider Mensch,
dachte er, einer, der wusste, was er wollte, kein großspuriger Schwätzer, sondern
einer, der sich ein Ziel vorgenommen hatte und dies beharrlich, aber anständig verfolgte
– ein Schwabe eben. Nichts würde Häberle diesem Mann mehr wünschen, als einen WM-Erfolg.
Damit wären weithin Zeichen gesetzt: Schaut her, wir solide Schwaben bringen’s zu
was.
    Der Ermittler, der für einen kurzen Moment
abwesend gewirkt hatte, bedankte sich für das Gespräch und ließ sich von seinem
Kollegen Valabreque bestätigen, dass zu Klinsmanns Schutz zwei Beamte abgestellt
wurden. Der prominente Gast wollte die Nacht in dem Hotel verbringen und ließ sich
für den morgigen Mittag einen Flug nach Stuttgart buchen. Häberle fasste spontan
den Entschluss, im selben Hotel zu übernachten und ebenfalls morgen zu fliegen –
mit Klinsmann. Eine bessere Einstimmung auf die WM konnte es gar nicht geben.
     
    Der Heimflug mit Klinsmann war tatsächlich äußerst interessant gewesen.
Häberle hatte nicht nur weitere Einzelheiten der fast einwöchigen Gefangenschaft
erfahren, sondern auch Einblick in die Arbeit eines Bundestrainers erhalten. Der
Kriminalist hätte sich gewünscht, der Flug würde mehrere Stunden dauern.
    Am Stuttgarter Flughafen Echterdingen trennten
sich ihre Wege. Klinsmann, der die wenigen Kleider, die ihm die Kidnapper in Saintes-Maries
besorgt hatten, zurückgelassen hatte, war ohne Gepäck gereist und entschwand schnellen
Schritts, verfolgt von den Blicken unzähliger Menschen, mit dem nächsten Taxi in
Richtung Botnang zum elterlichen Haus.
    Häberle hatte noch vor dem Abflug die Kollegen
telefonisch gebeten, ihn abzuholen. Er konnte sich lebhaft vorstellen, was am gestrigen
Abend in Geislingen nach Bekanntwerden der erfolgreichen Befreiungsaktion los gewesen
war. Jetzt aber würden sich vermutlich ganze Horden von Journalisten in Richtung
Südfrankreich bewegen, um den Tatort von allen Seiten zu fotografieren oder zu filmen.
    In Geislingen angekommen, wurde Häberle von
den Kollegen im Lehrsaal freudig begrüßt. In Kurzfassung musste er schildern, wie
die französische Sondereinheit vorgegangen war und welchen Eindruck Klinsmann auf
ihn hinterlassen hatte. Nach einer halben Stunde jedoch, während der deutlich geworden
war, wie sehr den Chef-Ermittler die vergangenen beiden Tage gestresst hatten, machte
sich wieder die Realität breit. Linkohr brach als Erster die eingetretene Stille.
»Wir haben das Schlimmste verhindert, Kollegen, das ist spitze. Andererseits sind
wir hier mit unserem Fall nicht viel weitergekommen.« Kaum hatte er es gesagt, bedauerte
er es auch schon. Er fühlte sich als Miesmacher.
    Häberle beugte sich nach vorne und stützte
seine Arme mit den Ellbogen auf der Schreibtischplatte ab. »Ganz so pessimistisch
seh ich das nicht.«
    Das Gemurmel der Kollegen verstummte schlagartig.
»Wir werden zwar keinen schnellen Erfolg verbuchen, aber ich bin sicher, dass wir
ihn nach der Bundestagswahl haben werden.« Keiner im Saal verstand, was gemeint
war. Und Häberle hüllte sich in Schweigen. »Abwarten«, empfahl er, »bis dahin müssen
wir nur zwei Dinge tun: Klinsmann muss Personenschutz kriegen, was Sache der Jungs
vom LKA ist – denn ich will
unter allen Umständen vermeiden, dass ihm noch mal was zustößt, und wir werden einige
weitere Personen im Augen behalten müssen.«
     
    Häberle war froh gewesen, dass die Pressekonferenz, die Oberstaatsanwalt
Dr. Ziegler auf den gestrigen Vormittag einberufen hatte, an ihm vorbeigegangen
war. Der Andrang, so erfuhr der Chef-Ermittler, sei geradezu chaotisch gewesen.
Im Übrigen habe sich kaum jemand für die vorausgegangenen Verbrechen interessiert.
Die meisten Fragen hätten sich um die Befreiungsaktion und um die Hintergründe gedreht.
Doch da hatten Ziegler und Bruhn gleichermaßen guten Gewissens abwinken können.
Zur Frage, welche Ziele die Kidnapper verfolgt hätten, erklärten sie ebenfalls,
dass es keinerlei Hinweise darauf gebe. Noch durfte nicht an die Öffentlichkeit
dringen, dass ein Videoband aufgetaucht war. Deshalb antworteten sie auch nicht
auf die Frage, wie man auf das Versteck in Südfrankreich gestoßen sei.
    Häberle, der sich an diesem Dienstagvormittag
ein paar Stunden Schlaf mehr gegönnt hatte, ließ sich nach seiner Ankunft bei der
Sonderkommission von Linkohr die Erkenntnisse der vergangenen Tage

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