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Schusslinie

Schusslinie

Titel: Schusslinie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Bomm
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Mann keinen Widerspruch duldete. Und seine Beziehungen waren derart
weit vernetzt, dass es der Karriere nicht zuträglich wäre, sich ihm in irgendeiner
Weise in den Weg zu stellen. Die Frau lächelte, als amüsiere sie sich über die Ängste
der beiden Männer. Draußen kam Wind auf und zerrte an Bäumen und Stauden.
    »Und Geld? Wie weit ist der Etat gediehen?«,
wechselte Liebenstein das Thema und öffnete den obersten Hemdknopf. Hier drin war
es verdammt schwül.
    Beierlein lächelte zufrieden. »Die Herren haben
sich gestern auch getroffen. Rambusch, der die Kasse verwaltet, hat etwas von annähernd
27 Millionen gesprochen. 27 Millionen, ja, die Wirtschaft zieht mit.« Und er fügte
süffisant hinzu: »Trotz aller Rezession. Geld ist genug da. Müssen die Proleten
von den Gewerkschaften ja nicht wissen.«
    Liebenstein lehnte sich nachdenklich zurück.
»Wir brauchen aber noch ein Vielfaches. Ministerialdirektor Gangolf geht davon aus,
dass bei manchen Zielpersonen die Hemmschwelle sehr hoch liegt. Wir werden teilweise
hoch pokern müssen.«
    Beierlein nickte bedächtig. »Das war uns von
vornherein klar, Tobias. Mit Peanuts ist kein Pfifferling zu gewinnen. Außerdem
vergiss nicht, werden wir mit Schwindlern rechnen müssen. Sie werden versuchen,
uns aufs Kreuz zu legen. Deshalb muss jedes Geschäft so angelegt sein, dass unser
Partner erpressbar wird. Verstehst du? Das ist das A und O an der Sache. Wer uns
reinlegt und nicht spurt, der muss wissen, was ihm blüht …«
    »Du meinst …« Er deutete die Geste des Halsabschneidens an. Die Frau lächelte
wieder.
     
    Klaus Riegert zählte zu jenen Politikern in
der Bundeshauptstadt, die nie die Haftung mit der Basis daheim verloren hatten.
Als Kripobeamter, der er einst war, hatte er als Nachrücker die Chance gehabt, in
den Bundestag einzuziehen. Aber das war schon lange her. Längst kannte er die Gepflogenheiten
im ›Hohen Hause‹, die Seilschaften und die Netzwerke, die Freundschaften und Feindschaften.
Sein Büro im Paul-Löbe-Haus bot einen Blick schräg hinüber zur Spree und dort auf
den Kindergarten, den sich der Bundestag leistete.
    Riegert war keiner von denen, die nur schöne
Sonntagsreden hielten, um sich vor Kameras und Mikrofonen zu profilieren. Er war
der typische Schwabe, der lieber im Hintergrund arbeitete, sich umfangreiches Wissen
aneignete und es da, wo es galt, auch einbrachte. Dass diese Art manchmal missverstanden
wurde und ihm deshalb mangelndes Engagement vorgeworfen wurde, wie mal in einer
Leserbrief-Kampagne geschehen, ärgerte ihn. Doch sein früherer Kollege August Häberle
hatte ihn damals beruhigt: »Weißt du, Klaus«, hatte dieser gesagt, »alle wichtigsten
Posten in dieser Republik sind von Schwätzern besetzt.« Ja, wie Recht der August
doch hat, dachte Riegert und vertiefte sich in die Protokolle einiger zurückliegender
Sitzungen des Sportausschusses. Mitte März war es heiß hergegangen, als ein Vertreter
des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) ein Frühwarnsystem gegen Manipulationen bei Fußballwetten
vorgestellt hatte. Als erste Reaktion auf den vorausgegangenen Wettskandal seien
die Schiedsrichter-Beobachtungen »massiv verschärft« worden, las Riegert und erinnerte
sich an die Sitzung und an die dargestellten Unregelmäßigkeiten über auffälliges
Wettverhalten, hohe Einsätze und fragwürdige Schiedsrichter-Entscheidungen. Gefordert
wurde jetzt ein gemeinsames Informationssystem aller 16 Lotteriegesellschaften der
deutschen Bundesländer. Die Ausschussmitglieder, so hieß es am Ende des Protokolls,
›zeigten sich aber besorgt über einen möglichen Vertrauensverlust des deutschen
Fußballs.‹ Und dies ausgerechnet jetzt, ein Jahr vor der Fußballweltmeisterschaft.
Riegert seufzte still in sich hinein. Er hoffte inständig, dass die beschwichtigende
Äußerung des DFB-Vertreters zutreffen würde: ›Der Confederations-Cup und die Fußball-WM
2006 sind in ihrem Ansehen nicht so stark gefährdet, wie behauptet wird.‹ Riegert,
sportpolitischer Sprecher der konservativen Fraktion, hatte beim Lesen der Akten
gar nicht bemerkt, dass diese überaus selbstbewusste Frau in sein Büro gekommen
war. Sie stand plötzlich neben seinem Schreibtisch und erst nach und nach nahm er
im Augenwinkel diesen dunkelblauen Hosenanzug wahr, der die weiblichen Formen betonte.
Riegert, der sich sein jugendliches Aussehen bewahrt hatte, drehte langsam den Kopf
und schaute in ein strahlendes Gesicht. »Immer in die Arbeit vertieft«, stellte
die

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