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Schusslinie

Schusslinie

Titel: Schusslinie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Bomm
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ja.«
    »Projektile?«
    »Wir suchen. Hat aber bei Schrot wenig Sinn.«
    Bruhn nahm diese Bemerkung nicht zur Kenntnis,
sondern blickte sich um. »Es dürfte nicht allzu schwer sein, hier etwas zu finden.«
Um sie herum war der Boden nahezu vollständig asphaltiert, aber nass. Nur die bewachsene
Bahnböschung würde schwieriger zu durchsuchen sein. Oben rauschte gerade ein ICE
vorbei.
    »Was sagt der Herr Doktor?«, erkundigte sich
Häberle, an Schmittke und Linkohr gewandt.
    »Sieben, acht Stunden dürfte es her sein«,
antwortete der Geislinger Außenstellen-Chef, während sich Bruhn zu ihnen stellte
und dazwischen fuhr: »Identität?«
    »Keine Papiere, nichts«, antwortete Schmittke
schnell, um gleich gar nicht den Eindruck aufkommen zu lassen, etwas versäumt zu
haben.
    »Reifenspuren?« Bruhns Stimme hatte stets etwas
Militärisches an sich.
    »Keine Chance.«
    »Und hier drin wohnt niemand?« Bruhn deutete
auf den verlassen erscheinenden Komplex des Bauunternehmens. Auch jetzt am Vormittag
rührte sich hinter dem geschlossenen Tor nichts.
    »Stillgelegt«, erklärte Linkohr vorsichtig,
wohl wissend, dass er als Angehöriger niederer Dienstränge in Anwesenheit Bruhns
eigentlich kein Rederecht hatte. Der oberste Kripochef tat deshalb auch so, als
habe er die Bemerkung gar nicht zur Kenntnis genommen.
    Unterdessen bog der schwarz-beige Leichenwagen
des örtlichen Bestattungsunternehmens von der Landstraße ab. Es waren Vater und
Sohn Leichtle, die sich meist höchstpersönlich der Verbrechensopfer annahmen. Die
beiden Männer ähnelten sich, was Körperfülle, Schlagfertigkeit und positive Lebenseinstellung
anbelangten, wie ein Ei dem anderen. Vermutlich brauchte man für diesen Job auch
eine gewisse Portion schwarzen Humor.
    Leichtle, der Ältere, kam so schnell, wie es
ihm seine Zweizentnerstatur gestattete, auf die Kriminalisten zu und trug ein breites
Grinsen zur Schau: »Sind wir denn in Chicago oder was?« Er schüttelte den Männern
die Hände, sein Sohn tat es ihm nach.
    Häberle sah ihn spitzbübisch an und frotzelte:
»Wenn einer bei einem Verbrechen legal verdient, dann der Leichenbestatter.«
    Leichtle machte eine drohende Armbewegung,
was Bruhn zu einem verständnislosen Kopfschütteln veranlasste. Des Leichenbestatters
Sohn inspizierte inzwischen den Toten. »Wer ist das?«, wandte er sich an die Kriminalisten.
    Bruhn fühlte sich zur Antwort verpflichtet:
»Wissen wir nicht. Bis jetzt nicht.«
    Leichtle senior war neben seinen Sohn getreten
und besah sich nun ebenfalls die Leiche. »Vom Gesicht nicht mehr viel übrig«, stellte
er fest, »da hat wohl einer mit einer Kanone geballert, was?«
    Bruhn winkte ab und lief demonstrativ weg.
»Eine ›Käpseles-Pistol‹ war’s nicht.« Keiner der Umstehenden wusste, ob Bruhn mit
dem Hinweis auf eine Spielzeugpistole einen Spaß versucht hatte, oder ob es eher
eine ernst zu nehmende Feststellung war, um Leichtles Bemerkung unwirsch abzutun.
Die meisten vermuteten das Letztere.
    Häberle wurde nach einigen Sekunden betretenen
Schweigens sachlich: »Das sieht wirklich verdammt nach einer Hinrichtung aus.«
    Und Leichtle junior glaubte zu wissen: »Wenn
ich mich richtig erinnere, hab ich mal gelesen, dass man in Mafiakreisen abgesägte
Schrotflinten bevorzugt. Man sagt wohl ›Luparo‹ dazu.«
    Häberle wollte nicht widersprechen. Nur Bruhn
bäffte: »Sie müssen’s ja wissen.«

7
     
    »Müller-Vorwieger will Taten sehen«, erklärte Stefan Beierlein, dessen
junge, überaus schlanke Frau ins Wohnzimmer herauf gekommen war und den Besucher
begrüßt hatte. Sie setzte sich in einen abseits stehenden Sessel und ließ ihre braun
gebrannten Beine baumeln, die ihr buntes Sommerkleidchen preisgab.
    Liebensteins Blicke hingen für einen kurzen
Moment an dieser Frau, ehe er sich wieder auf das Gespräch konzentrierte. »MV, ja«,
griff er die Initialen des genannten Namens auf, wie dies alle respektvoll taten,
die es mit diesem energischen Mann zu tun hatten, »›MV‹, ich weiß – aber er ist
in unsere Sache gar nicht involviert. Er gehört zur obersten Ebene, die bewusst
herausgehalten wird.« Liebenstein überlegte und fügte hinzu: »Was die WM anbelangt,
klar, da erwartet er natürlich einen absoluten Erfolg – wie alle. Aber das ist schließlich
legitim. Nur: Wunder vollbringen kann niemand.«
    »Sag’s ihm«, entgegnete Beierlein provozierend.
Liebenstein schwieg. Er wusste genauso gut wie jeder andere, der auf ›MV‹ angewiesen
war, dass dieser

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