Schusslinie
Fußball, doch leider
kann unsereiner davon nicht leben.« Er lächelte. »Zu mehr als zu einer Art ehrenamtlicher
Berater des Württembergischen Fußballverbands hab ich’s nicht gebracht. Lanski vertreibt
meine Artikel und ist als ehemaliger Spieler eng mit dem Fußball verbunden. Das
ist gerade jetzt von Vorteil, wie Sie sich denken können – die WM steht an, ein
Riesengeschäft für alles, was mit Fußball zusammenhängt. Jeder Schulbub will jetzt
schicke Kickstiefel und einen Ball.« Beierlein grinste, wurde sich aber sofort wieder
dem Ernst der Lage bewusst, nachdem Häberle keine Miene verzog.
»Und gestern haben Sie sich getroffen?«, hakte
der Kriminalist nach. »Oder sollte das Treffen in Geislingen stattfinden?«
Beierlein erschrak. Er musste unter allen Umständen
den Eindruck vermeiden, er sei womöglich in Geislingen gewesen. Viel zu schnell
würden ihm diese Provinzermittler ein Verbrechen anhängen, schoss es ihm durch den
Kopf.
»Wir hatten ein Meeting«, antwortete er schnell,
»hier in Stuttgart, im ›Intercity-Hotel‹ im Bahnhof. Ein Routinetreffen mit anderen
Sportlern – um Trends langfristig erkennen zu können und Marketingstrategien zu
entwickeln.«
Häberle nickte erneut. »Den Tagungsort haben
Sie gewählt, weil die Teilnehmer aus unterschiedlichen Richtungen kamen«, stellte
er sachkundig fest.
Beierlein bestätigte. »Ja, um allen die Anreise
so einfach wie möglich zu gestalten. Und weil einige weiter nach München wollten,
zur Einweihung der Allianz-Arena. Das Fest hat gestern begonnen …« Er lächelte gezwungen. »… und ist jetzt
noch im Gange. Die Nationalmannschaft spielt gerade gegen Bayern.«
Häberle brachte das Gespräch wieder auf den
Punkt: »Von wann bis wann hat das … Meeting gedauert?«
»Von 13.30 Uhr bis 17 Uhr«, antwortete Beierlein,
»danach sind alle wieder mit den Fernschnellzügen weggefahren.«
»Auch Lanski?«
»Ich bin davon ausgegangen. Ich hab natürlich
keine Ahnung, ob er nicht auch weiter nach München wollte. Aber Sie sagen ja, er
sei in Geislingen umgebracht worden«, stellte der Sportartikelhändler fest.
»So ist es«, entgegnete Häberle, »und nun sollten
wir wissen, was er in Geislingen getan hat und wen er dort treffen wollte.«
»Fragen Sie doch seine Frau«, schlug Beierlein
spontan vor, »ihr hat er doch sicher gesagt, was er am Abend noch vorhatte.«
»Eben nicht. Er wollte sich telefonisch melden,
wie er das immer getan hat«, erklärte Häberle. Beierlein überlegte, ob er eine Frage
stellen sollte. Er entschied sich, es zu tun: »Hat man denn etwas bei ihm gefunden?«
»Sollte man denn?«
Der Stuttgarter zögerte. »Naja, er hatte doch
sicher Unterlagen dabei – den Musterkatalog der Sportartikel und so …«
Der Kommissar spürte das Interesse seines Gesprächspartners.
»Und so …? Was verstehen
Sie darunter?«
Beierlein fluchte in sich hinein. Hätte er
bloß die Frage nicht gestellt. Dieser Provinzpolizist war cleverer, als er es für
möglich gehalten hatte. »Ich mein nur … oder hat er sein Gepäck bereits in diesem Hotel abgestellt gehabt?«
Häberle bemerkte, wie ihn Beierlein und dessen
Frau wie gebannt anstarrten. »Sie werden verstehen, dass ich keine Einzelheiten
bekannt geben darf«, erwiderte er. »Besteht denn Grund zu der Annahme, dass Lanskis
Gepäck … oder sagen wir,
seine Akten, in einem Zusammenhang mit dem Verbrechen stehen könnten?«
Beierlein schüttelte schnell den Kopf. »Wieso
fragen Sie das mich? Bei uns ging’s nur um neue Sportartikel zur Weltmeisterschaft.«
»Und sonst um nichts?«, hakte Häberle zweifelnd
nach und erweckte damit bewusst den Eindruck, schon mehr zu wissen. Tatsächlich
verfehlte dies nicht die erhoffte Wirkung. Beierlein wurde nervös, kratzte sich
an der Schläfe und suchte irgendwie verzweifelt Blickkontakt zu seiner Frau. Der
Ermittler ersparte ihm eine peinliche Pause und fuhr ruhig, aber bestimmend fort:
»Ich hätte von Ihnen gerne die Namen aller Personen, die an dem Meeting teilgenommen
haben.«
Beierlein runzelte die Stirn und rang nach
Luft. »Da sind Vertreter von internationalen Unternehmen dabei, die wir in die Sache
nicht reinziehen sollten.« Seine Frau sah ihn von der Seite an.
»Darauf können wir leider keine Rücksicht nehmen«,
lächelte Häberle verständnisvoll, »ich brauche Namen und Adressen all dieser Herrschaften
– und zwar jetzt.«
Beierlein schwieg betreten, seine Frau ebenfalls.
Der Ermittler schien sich nicht aus der
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