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Schuster und das Chaos im Kopf - Kriminalroman

Schuster und das Chaos im Kopf - Kriminalroman

Titel: Schuster und das Chaos im Kopf - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Lieder
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gegen Sportverletzungen standen oder lagen hübsch und sehr ordentlich aneinandergereiht da. Gleich darunter ein Zahnbecher, ohne die geringste Spur von Zahncremeresten. Ein schwarzer Kamm lag daneben.
    Schuster nahm ihn vorsichtig und hielt ihn gegen das Licht. Nicht ein einziges Haar war daran.
    Er schloss den Schrank und sah sich ein schmales Regal an, in dem schneeweiße Handtücher lagen. Alle so aufeinandergestapelt, dass man wahrscheinlich mit einer Wasserwaage nachmessen könnte und feststellen würde, dass es kaum Abweichungen gab. Die Handtücher rochen intensiv nach Blumen, wie es die Werbung für Waschmittel versprach.
    Das Waschbecken war blitzsauber, nicht ein Wassertropfen war zu sehen.
    Schuster stellte sich vor, wie Hagedorn durch jedes Zimmer schritt, einen Lappen in der Hand. Nein, wahrscheinlich mehrere. Einer fürs Grobe, einer fürs Nachpolieren, einer ...
    Lippenstift! Sieh nach, ob er irgendwo einen Lippenstift hat.
    Und ein Frauenparfum.
    Er hob ein Handtuch an, sofort rutschte ein anderes heraus, und der hübsche Stapel geriet ins Wanken. Bevor Schuster ihn auffangen konnte, fielen fast alle Handtücher zu Boden.
    Leise stöhnend drückte er auf die Klospülung und begann dann, die Handtücher wieder zusammenzufalten.
    Hagedorn schien die Kunst des Wäschefaltens perfekt zu beherrschen, Hauptkommissar Schuster leider nicht. Hausmann des Jahres würde er wohl nicht werden, Hagedorn hingegen besaß vermutlich die Goldmedaille.
    Es half nichts, Schuster musste den Wäschestapel windschief und unordentlich zurücklassen und hoffen, dass Hagedorn es nicht gleich bemerken würde.
    Als er die Hand bereits am Türgriff hatte, hielt er inne. Was konnte es schaden, Hagedorn ein bisschen auf die Probe zu stellen? Der Mann verbarg etwas, und Schuster war sicher, dass er vor der Tür lauerte und sofort hereinstürzen und die Toilette desinfizieren würde.
    Er öffnete die Tür und schaffte es gerade noch »Danke« zu murmeln, bevor Hagedorn sich an ihm vorbeizwängte, zum Regal schritt und die Handtücher herausnahm.
    Ich wusste es!
    »Tut mir leid«, sagte er leise. »Ich wollte nur ...«
    Hagedorn brummte etwas vor sich hin, während er begann, die Handtücher auseinanderzufalten, vor sich auszubreiten und wieder neu zusammenzulegen. Dabei streckte er die Zungenspitze zwischen den Lippen hervor.
    Schließlich legte er die Handtücher zurück ins Regal, strich mit einer Hand darüber und vergewisserte sich mit zur Seite geneigtem Kopf, dass der Stapel schön ordentlich war. Schuster erinnerte das an den Loriot-Sketch Das Bild hängt schief.
    Hagedorn kam aus dem Bad geschlurft und wischte sich die Hände an seinem Bademantel ab.
    Die beiden Kommissare wurden ziemlich bestimmt in Richtung Wohnungstür gedrängt.
    Schuster stellte die Frage, die ihm die ganze Zeit unter den Nägeln brannte: »Wie ertragen Sie eigentlich die Helligkeit, wenn Sie Migräne haben?«
    Für einen Moment sah es so aus, als ob Hagedorn ihn anschnauzen wollte. Er verzog das Gesicht, presste die Lippen aufeinander und sein Kiefer mahlte.
    »Ich nehme Tabletten«, sagte er schließlich wieder mit seiner monotonen Stimme.
    Die Antwort stellte Schuster nicht zufrieden. »Sollten Sie sich nicht besser irgendwo hinlegen, wo es dunkel ist?«
    Hagedorn funkelte ihn mit zusammengekniffenen Augen an. »Ich lege mich gleich wieder ins Bett. Im Schlafzimmer ist es dunkel, Herr Kommissar.«
    Schuster tat etwas, für das er wahrscheinlich würde geradestehen müssen, aber er ließ es darauf ankommen. Er machte einen Satz , wirbelte herum und öffnete blitzschnell die einzige Tür, die noch verschlossen war.
    Bitte lass es das Schlafzimmer sein.
    Und tatsächlich. Es war Hagedorns Schlafzimmer. Auch dieses Zimmer war nicht abgedunkelt und genauso ordentlich und penibel sauber wie die anderen der Wohnung.
    »Was fällt Ihnen ein?«, fuhr Hagedorn ihn an.
    »Denken Sie an Ihre Migräne«, erwiderte Schuster spitz.
    Lahm legte eine Hand auf Schusters Unterarm. »Komm schon, Heiner ...«
    Schusters Herz pochte im Hals. Er hatte große Lust, Hagedorn einfach mitzunehmen. Nötigenfalls im Bademantel.
    Lahm schob ihn durch die Tür. »Entschuldigen Sie«, sagte er zu Hagedorn und zog die Tür hinter sich zu.
    »Sag mal, hast du sie noch alle?«, pflaumte er Schuster dann im Hausflur an.
    »Wahrscheinlich nicht«, gab Schuster zurück.
    Er war als Erster unten, schob sich durch die Haustür und hoffte, sie würde seinem Kollegen vor den Kopf

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