Schuster und das Chaos im Kopf - Kriminalroman
krachen.
Lahm fasste ihn an die Schulter, als sie am Wagen ankamen. »Du hättest in Teufels Küche kommen können. Mensch, du kannst doch nicht einfach in sein Schlafzimmer stürmen!«
Schuster stieß ein Zischen aus und stieg ins Auto. Lahm folgte ihm.
»Mit dem Kerl stimmt was nicht.« Schuster zog die Stirn kraus. »Du weißt das, ich weiß das.«
Lahm ließ den Wagen an und fuhr los. »Ach ja?«
»Ja! Und außerdem – wenn er Schmerzen hat: Die hatte der Mann, der die Frau überfallen hat, doch auch. Deshalb hat er ja von ihr abgelassen.«
»Und das heißt?«
»Keine Ahnung.«
»Doch, du denkst irgendwas. Glaubst du, er ist es?«
Schuster schnaubte. »Egal, was ich glaube, irgendwas stimmt mit dem Kerl nicht.« Er blickte aus dem Fenster, die Zähne aufeinandergepresst. Dann sagte er: »Halt an.«
Lahm sah ihn verdattert an. »Was?«
»Halt an.«
»Warum?«
»Ich geh nochmal rein und nehme ihn in die Mangel.«
Schuster hatte bereits den Türgriff in der Hand.
Lahm fuhr einfach weiter. »Das wirst du schön bleiben lassen.«
»Da stimmt was nicht, verdammt noch mal! Willst du, dass der Kerl losrennt und noch mal eine Frau überfällt?«
»Und umbringt?« Lahm war rechts rangefahren. »Das wolltest du doch sagen.«
Einen Moment lang starrten sie sich wortlos an.
Schließlich seufzte Lahm. »Du gibst ja doch keine Ruhe. Okay, wir fahren zurück ...«
»Ich nehm’s auf meine Kappe.«
Hagedorn stöhnte, als er die beiden Kommissare wieder vor seiner Tür erblickte. »Was ist denn noch? Ich wollte mich grade hinlegen.«
Schuster schenkte ihm ein verkrampftes Lächeln. Er hatte ursprünglich allein hineingehen wollen, doch Lahm hatte nicht locker gelassen. »Du kannst es auf deine Kappe nehmen«, hatte er gesagt, »aber du wirst da nicht allein reingehen.«
Hagedorn machte keine Anstalten, die beiden in seine Wohnung zu lassen. Er blieb einfach mitten in der Tür stehen und verschränkte seine stämmigen Arme. »Wenn Sie Fragen haben, fragen Sie.«
»Hatten Sie in der Nacht zum 28. Oktober auch Migräne?«
Hagedorn kniff die Lippen zusammen. »Schon möglich. Das weiß ich nicht mehr.«
»Waren Sie in der Nacht in den Wallanlagen unterwegs?«
Jetzt veränderte sich Hagedorns Gesichtsausdruck deutlich. »Nein.«
»Ganz sicher?«
»Ja.«
»Dann waren Sie hier in Ihrer Wohnung?«
Hagedorn nickte.
»Aber das kann niemand bezeugen.« Schuster stellte das als Tatsache klar, nicht als Frage.
»Vielleicht sollten wir doch besser reingehen?«, schlug Lahm vor.
Zögernd trat Hagedorn zur Seite. Er ging voran ins Wohnzimmer und setzte sich wieder auf die Couch, Schuster in den Sessel gleich daneben. Lahm stellte sich in die Tür. Es war, als würde man einen Film zurückspulen und ihn sich erneut ansehen.
»Kann jemand bezeugen, dass Sie hier waren?«, fragte Lahm.
Hagedorn stieß einen merkwürdigen Laut aus; eine Art aufgebrachtes, mühsam unterdrücktes Schnaufen. »Nein, ich war allein.«
Schusters Blick fiel auf die Porzellanschale mit den Nüssen, gleichzeitig stellte er die entscheidende Frage: »Herr Hagedorn, waren Sie in der Nacht zum 28. Oktober in den Wallanlagen unterwegs und haben eine Frau überfallen?«
Hagedorns blasses Gesicht wurde kreidebleich, sein Unterkiefer klappte gleichzeitig nach unten, seine Augenlider flackerten.
»Herr Hagedorn?«
»Wer sagt so etwas?«, presste Hagedorn hervor.
»Ich habe Ihnen nur eine Frage gestellt.«
Hagedorn stand auf und schlurfte zum Fenster.
Plötzlich wirbelte er herum. »Ja ...«, stieß er hervor. »Ich war’s, ich hab sie gepackt, aber sie ist weggelaufen.«
Er schnappte nach Luft, und für einen Moment sah es so aus, als würde er zusammenbrechen, ohnmächtig werden, irgendetwas in der Art. Stattdessen schoss er nach vorn und stürzte sich auf Schuster.
Der war auf alles vorbereitet, darauf allerdings nicht. Hagedorn riss ihn zu Boden und presste sich mit seinem ganzen Körpergewicht auf ihn.
Schuster keuchte und rang nach Luft.
Lahm sprang hinzu und versuchte, Hagedorn von seinem Kollegen herunterzureißen. Was nicht wirklich leicht war.
Hagedorn kämpfte wie ein Löwe. Er lag auf Schuster und raunte ihm ins Ohr: »Sie wollen es. Ich habs in ihren Augen gesehen.«
Schuster bekam einen Arm frei und verpasste Hagedorn eins gegen die Schläfe. Daraufhin jaulte der Mann wie ein getretener Hund und warf sich zur Seite. Schuster, der nun halbwegs frei war, rappelte sich mühsam auf, schob Hagedorns rechten Oberschenkel von
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