Schuster und das Chaos im Kopf - Kriminalroman
Notizbuch aus der Jackentasche.
Der Mann wischte sich über den Mund. »Frank Albers, Sport und Geschichte.«
»Furchtbare Sache. Sie denken, irgendjemand von hier könnte etwas damit zu tun haben?« Die junge Lehrerin hatte beinahe geflüstert.
Schuster betrachtete sie. »Wie ist Ihr Name?«
Sie war wirklich hübsch und würde garantiert so manchem pubertierendem Schüler das Herz brechen oder ihm wenigstens einige feuchte Träume bescheren.
Sie senkte ihren Blick. »Susanne McMillan. Ich unterrichte Englisch und Geographie. Wer hat Frau Stolze nur so etwas angetan? Glauben Sie wirklich, dass der Täter hier …?«
Albers schien das auch brennend zu interessieren, er beugte sich etwas vor, und Schuster musste an eine Ratte denken, die etwas wittert.
»Reine Routine. Wir müssen ihr gesamtes Umfeld befragen. Das hat nichts damit zu tun, dass ich der Meinung bin, der Mörder müsse jemand aus ihrem Kollegium sein.« Er wandte sich an die junge Lehrerin. »Sind Sie Engländerin?«
»Mein Mann ist Schotte.«
Justus Brümmer, der sich als Deutschlehrer vorgestellt hatte, widmete sich wieder seinen Notizen, so als sei der Fall damit für ihn abgeschlossen.
Susanne McMillan wirkte eingeschüchtert. Sie nagte an ihrer Unterlippe, und Schuster überlegte, ob er ihr etwa Angst einflößte. Wahrscheinlich hatte sie noch nie mit der Polizei zu tun gehabt, womöglich parkte sie noch nicht mal falsch.
»Waren Sie mit ihr befreundet?«, fragte er in die Runde, doch niemand der drei schien sich angesprochen zu fühlen.
Er räusperte sich. »Gibt es irgendjemanden, mit dem Frau Stolze hier befreundet war? Jemand aus dem Kollegium?«
Die drei Lehrer sahen sich unsicher an, dann zuckte Albers mit den Achseln. »Befreundet ist man hier nicht unbedingt miteinander.«
»Und warum nicht?«
»Hier nicht.« Was keine Antwort auf Schusters Frage war.
»Heißt das, Sie haben hier kein ... ähm ... gutes Betriebsklima?« Er hasste diese Art Gespräche.
»Wir unterrichten an dieser Schule. Wir halten Privates und Berufliches bewusst auseinander.«
»Ja, damit fährt man am besten«, murmelte Brümmer, ohne von seinen Notizen aufzusehen.
»Ich schätze meine Kollegen – beruflich. Viel mehr kann ich Ihnen beim besten Willen nicht sagen.« Für Albers war damit auch alles gesagt.
»Auch nicht, ob Frau Stolze mit irgendjemandem hier kein, sagen wir, besonders gutes Verhältnis hatte?«
»Kommt drauf an, was Sie unter Verhältnis verstehen.« Albers blinzelte mit einem Augenlid, was einem Zwinkern sehr nahe kam.
»Ich dachte, Sie wissen nichts voneinander. Dann werden Sie doch auch kaum wissen, wer mit wem und so?« Schuster freute sich still und leise über seine Schlagfertigkeit.
»Ertappt.« Albers grinste ihn an, als wären sie bereits gute Kumpel, und Schuster fiel es zunehmend schwer, zu glauben, dass man hier Privates und Berufliches tatsächlich schön brav auseinanderhielt. »Dann wissen Sie also, wer mit wem was hatte oder hat?«
»Na, schön, Sie geben ja doch keine Ruhe.« Albers verzog das Gesicht. »Man munkelt, dass der Stolze was mit ...«
Susanne McMillan rempelte ihn ziemlich unsanft an. »Darüber sollten wir lieber den Mund halten. Ist doch bloß Getratsche.«
»Es heißt, dass er was mit Frau Wahlheim hat.« Albers machte ein Gesicht wie jemand, der gemogelt hatte und nicht erwischt worden war.
»Und wer ist das?«, fragte Schuster.
»Frau Wahlheim unterrichtet Kunst und Geschichte.« Justus Brümmer hob kurz den Kopf.
»Kunstgeschichte sozusagen«, kicherte Albers.
»Warum fragen Sie ihn nicht selbst danach?«, schlug Brümmer vor.
»Das werde ich. Mit wem verstand sich Frau Stolze denn nicht?«
Alle machten betretene Gesichter.
»Ach, kommen Sie, erzählen Sie mir nicht, dass Sie davon nichts mitkriegen würden.«
»Frau Stolze war beliebt, sehr beliebt. Ob Sie’s glauben oder nicht. Hier mochte sie jeder.« Susanne McMillan hatte bereits die Türklinke in der Hand. »Entschuldigung, aber ich muss jetzt wirklich ...«
Justus Brümmer musterte Schuster, so als überlege er, ob er die Katze aus dem Sack lassen sollte oder nicht. »Jeder mochte sie und ich glaube, sie mochte auch jeden. Jedenfalls habe ich persönlich nie mitbekommen, dass sie mit irgendwem Streit hatte. Sie war ... unkompliziert.« Er erhob sich. »Ein Jammer ist das.«
Gerd Ohlendorf, der Hausmeister der Schule, war gerade damit beschäftigt, ein Heizungsventil zu entlüften, als Schuster um die Ecke kam.
Als er den Mann
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