Schuster und das Chaos im Kopf - Kriminalroman
wo steckte er dann?
Irgendetwas war mit Schuster geschehen, etwas, dass es ihm unmöglich machte, sich zu melden. Auf dem Heimweg grübelte Lahm darüber nach, was er noch unternehmen sollte.
Schusters Kater hatte er in einem Korb auf dem Rücksitz. Er würde ihn vorübergehend mit in seine Wohnung nehmen.
Am nächsten Tag durchforstete er Schusters Schreibtisch und kramte in den Schubladen.
Auf der Schreibtischunterlage fand er wenig außer Kaffeerändern, Schokoladenflecken und einzelnen hingekritzelten Worten: Zweimal Pizza Funghi, Herr Meier Tierarzt: Montag 18:30 Uhr und private Telefonnummern, sonst nichts. Das war typisch für Schuster, dienstliche Dinge notierte er grundsätzlich in seinem Notizbüchlein, das er immer bei sich trug.
Lahm seufzte. So wird das nichts , dachte er frustriert.
Am Nachmittag marschierte er zu den Kollegen. »Eric, das volle Programm, würde ich sagen. Vielleicht finden wir sein Auto. Irgendwo muss er ja sein, er wird sich nicht in Luft aufgelöst haben.«
Als Schuster zu sich kam, war ihm jegliches Zeitgefühl abhanden gekommen. Er versuchte, die Augen zu öffnen. Doch er schaffte lediglich ein Blinzeln, und auch das nur mit größter Anstrengung.
Es war dunkel, da wo er war, stockdunkel. Sogar die buchstäbliche Hand vor Augen konnte er nicht sehen. Alles tat ihm weh, und was noch viel schlimmer war, er wusste nicht, wo oben und unten, wo vorne und hinten war.
Das Einzige, was er bewegen konnte, war sein Kopf, und das auch nur ein winziges bisschen.
Am allerschlimmsten aber war sein Durst.
Er döste wieder ein, wobei er einfach wegsackte und mit dem Kopf irgendwo gegen stieß, was er aber nicht mehr bemerkte.
Als er wieder kurz aufwachte, hätte er absolut nicht sagen können, wie viel Zeit inzwischen vergangen war. Es war ihm auch egal. Für ihn zählte im Moment nur, dass er das brennende Verlangen nach Wasser kaum noch aushalten konnte. Seine Zunge klebte am Gaumen, seine Lippen fühlten sich rau und wund an, wenn er mit der Zungenspitze darüber strich.
Erst jetzt war ihm bewusst, dass er offenbar gefesselt war. Das war der Grund, weshalb er sich nicht bewegen konnte!
Seine Handgelenke waren hinter dem Rücken zusammengebunden. Zusammengeschnürt mit irgendetwas, das ihm schmerzhaft ins Fleisch schnitt. Auch seine Füße schienen an den Knöcheln zusammengebunden zu sein.
Wo zur Hölle bin ich hier?
Er glaubte vor Durst umzukommen. Es war schon gar nicht mehr als Durst zu bezeichnen, es war ein Brand, ein Zimmerbrand, ach was, ein Flächenbrand, so groß wie Teile Südkaliforniens. Und er hatte höllische Kopfschmerzen.
Und dann diese Hitze! In diesem Zimmer oder was auch immer das hier war, waren es sicher über 30 Grad.
Wieder sackte er in sich zusammen. Er träumte von gewaltigen Wassermengen. Wasser, das hin- und herschwappte. Wasser, das schäumte, das Wellen warf. Wasser, das salzig war, und das er trotzdem gierig schlürfte.
Wasser, das eiskalt und herrlich war.
Irgendwas zog und zupfte an ihm.
»Herr Schuster?«, flüsterte eine Stimme. Eine nette Stimme. Sympathisch. Er mochte die Stimme. »Was machen Sie denn für Sachen, Herr Kommissar?«
Jemand oder irgendetwas griff erst unter seine Kniekehlen, dann an seinen Kopf und drehte ihn zur Seite. Nach rechts? Oder nach links?
»Herr Schuster? Hören Sie mich? Ach, was, ich nenne Sie einfach Heiner. Ist das in Ordnung für Sie?«
Jemand lachte leise.
Er überlegte, ob er das selbst gewesen war.
Hände tasteten nach ihm.
Ihm war ein bisschen schwindelig. Offenbar hatte er gerade seine Lage verändert. Lag er jetzt auf dem Rücken?
Nein, er saß. Er saß! Er würde zu trinken bekommen!
»Heiner, können Sie mich hören? Wenn Sie mich hören, würden Sie dann so nett sein und nicken?«
Schuster ruckte mit dem Kopf und bereute es sofort. Sein Schädel schien fast zu platzen. Er kniff die Augen zusammen und stöhnte auf.
»Was haben Sie denn? Ist Ihnen nicht gut? Aber Sie hören mich, das ist schön.«
Ich muss ihm sagen, dass ich Durst habe ...
War das seine Nase, die so pochte? Oder waren das seine Wangen? Seine Zunge fühlte sich mindestens doppelt so dick an wie sonst.
Die Hände fassten seinen Kopf an, nestelten an irgendetwas und urplötzlich wurde es hell, so gleißend hell, dass er kurz aufschrie. Hastig kniff er die Augen zu.
»Ja, ich weiß. Das ist unangenehm. Das konnte ich Ihnen leider nicht ersparen.«
Tränen schossen ihm in die Augen, als er vorsichtig blinzelte.
Und dann
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