Schutzlos: Thriller (German Edition)
hatte, hatte ich alle Informationen darüber, warum Amanda zum Ziel wurde, bereits gehabt. Ich hatte sie nur nicht zu einem Bild zusammensetzen können … bis jetzt. Ich überlegte meine Endspiel-Strategie und verfasste eine neue E-Mail, die mit einer strengen Warnung begann, ihren Inhalt absolut geheim zu halten. Sie hatte mit dem Samstagskurs zu tun, den Amanda Kessler an einem Community College belegt hatte und den ein Teilzeit-Professor namens Peter Yu gab. Er arbeitete unter der Woche für einen Software-Entwickler namens Global Software Innovations, und er war es auch, der an Amanda und die anderen Schüler Beta-Kopien von Software verteilte, die sie ausprobieren konnten – wie etwa das Bildbearbeitungsprogramm, das Amanda Maree gegeben hatte.
Das Interessanteste an Yu war jedoch, dass GSI mehr tat, als Software für Betriebe und Endverbraucher zu entwickeln. Die Firma entwickelte militärische Programme für gestochen scharfe Bildanalysen von Kampfzonen – und dieses Gebiet war Yus Spezialität, wie sich herausstellte. Die Software für diese Anwendungen unterlag der höchsten Geheimhaltungsstufe.
Ich beendete meine E-Mail und las sie noch einmal durch.
Mein Zeigefinger schwebte einen Moment über der Tastatur. Dann klickte ich auf SENDEN und schickte meinen Text in den Äther.
DIENSTAG
Ziel des Spiels ist es, die Antwort auf folgende drei Fragen zu finden:
1. Wer? Welcher von mehreren Verdächtigen war es?
2. Wo?
3. Wie?
69
Um neun Uhr morgens saßen Claire DuBois und ich in einem der SUVs meiner Organisation in einer ruhigen Straße in Fair Oaks, Virginia, einem Stadtteil von Fairfax.
»Und?«, fragte ich Claire, als sie ihren Blackberry mit dem Daumen ausgeschaltet hatte. Sie hatte wegen Ryan Kessler angerufen.
»Es geht ihm gut. Sein Zustand ist stabil, sagt der Arzt. Ich habe diese medizinischen Zustandsbegriffe nie verstanden. Stabil. Ernst. Kritisch. Sie sind wie Terrorwarnungen des Heimatschutzministeriums. Orange, gelb, grün, maulwurfsgrau. Oder wie auch immer sie heißen. Ist das wirklich sinnvoll? Ich glaube nicht. Jemand sitzt in einem Zimmer und denkt sich das aus. Für unsere Steuerzahlerdollars.« Sie steckte eine brünett glänzende Haarsträhne hinters Ohr – lautlos: Sie trug heute ihr Klimperarmband mit den Talismanen nicht. Schmuck und taktische Einsätze gehen schlecht zusammen.
Ryan lag in einem bewachten Krankenhaus. Amanda, Joanne und Maree waren in dem neuen sicheren Haus, wo Ahmad und Geoff auf sie aufpassten.
DuBois und ich waren dem Auftraggeber auf der Spur.
Ich widmete mich wieder unserer Überwachungstätigkeit. Die Häuser ringsum erinnerten mich an Ryan Kesslers Gegend. Etwa ein Fünftel davon waren, wenn nicht völlig identisch, dann zumindest nach derselben Gussform gebaut. Wir schauten durch Büsche auf ein Split-Level-Gebäude im Kolonialstil auf
der anderen Seite eines Hundeparks mit Spielplatz. Es war das Haus von Peter Yu, dem Teilzeitprofessor und Softwareentwickler. GSI, seine Firma, hatte ihre Zentrale am »Technologie-Korridor« von Dulles, der im Grunde nur aus einem Dutzend Bürogebäuden entlang dem mautpflichtigen Highway bestand. Ihr angeblicher technischer Ruhm beschränkte sich im Wesentlichen darauf, dass sie an der Technologiebörse NASDAQ notiert waren.
Ich beobachtete durch mein Fernglas eine unklare Bewegung im hinteren Gartenbereich des Hauses.
Ich hob das Handy an den Mund und fragte Freddy, der nicht weit entfernt parkte: »Sind wir bereit reinzugehen?«
»Ich bin mir nicht sicher, was ich sehe.«
Ich kniff die Augen zusammen. »Er ist es. Sicher.«
»Sie sind jünger als ich, mein Sohn. Die Augen sind das Erste, was nachlässt. Na ja, nicht ganz das Erste, leider, aber fast. Moment mal, unsere Überwachungsjungs rufen an … Okay, sie sind zu zweit im Haus.«
»Ich sehe den zweiten«, sagte ich.
»Ein Schläger, wie es aussieht. Tragen Sie Panzerung?«
Ich sah zu Claire DuBois’ marineblauem Blazer hinüber, speziell auf ihre Brust. Es war nicht das erste Mal, wie ich zugeben muss, aber die Umstände waren nun so, dass mein Blick nicht den geringsten sexuellen Hintergrund hatte. Ich überprüfte, ob ihre Schutzweste richtig saß. Meine tat es, wie ich wusste.
»Alles okay«, sagte ich.
»Also gut. Gehen wir. Meine Jungs und Mädchen sagen, sie haben das Beweismittel in Sicht. Ach ja, und der Schlägertyp ist bewaffnet. Autolader. In einem Gürtelholster.«
»Wir sind unterwegs.« Ich legte auf.
»Sie werden sie
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