Schutzlos: Thriller (German Edition)
geschenkt hatte? Oder sein Vater oder seine Mutter?
Ich zog mehrere Lagen vergilbtes Klebeband ab und wollte eben den Deckel abheben, als ich innehielt.
Ich erhob mich unter Schmerzen und ließ den Karton bei Lovings übrigen Sachen stehen, dann streifte ich die Handschuhe ab und ging zu meinem Wagen zurück. Was immer der Karton enthalten mochte, ich musste es eigentlich nicht wissen.
67
Ich sah meinen Honda, in dem Amanda geflohen war, näher kommen und winkte dem Fahrer zu, einem FBI-Agenten, den ich kannte. Das Mädchen konnte ich durch das getönte Glas nicht sehen, aber ich war mir sicher, es saß auf dem Rücksitz.
Ich hatte ihr in Wirklichkeit keine Anweisungen gegeben, wohin sie fahren sollte. Es lag kein Zettel mit einer Adresse im Wagen. Ich dachte, sie würde auch dann, wenn sie nichts fand, so schnell wie möglich zur nächsten Tankstelle oder dem nächsten Laden fahren, um Hilfe zu rufen. Ich hatte ihr diese Anweisungen gegeben, weil ich nur so hoffen konnte, lange genug am Leben zu bleiben, bis Freddy mit seinen Leuten eintreffen und Loving in Gewahrsam nehmen würde. Ich hatte ihm vorgegaukelt, nur ich wüsste, wohin sie fuhr. Ich hatte mich selbst zur Zielperson gemacht.
Wie sich herausstellte, war sie nicht sehr weit gekommen. Ein paar Meilen weiter nördlich war sie ein wenig zu schnell in eine Tankstelle an der Route 15 gefahren und hatte ein Gestell mit Reifen mitgenommen. Nachdem sie die herbeigerufene Polizei von ihrer Lage unterrichtet hatte, hatte diese sich mit Freddy in Verbindung gesetzt, der einen Wagen zu ihrem Schutz vorbeischickte.
Ich wollte nicht, dass Amanda die Leichen sah. Ich wusste außerdem, dass der Auftraggeber noch nicht ermittelt war. Deshalb wollte ich vermeiden, dass man sie irgendwo entdeckte. Ich stieg zu ihr auf den Rücksitz und schloss die Tür.
»Ah, es geht Ihnen gut!«, sagte sie atemlos. »Ich habe es schon gehört, aber ich war mir nicht sicher. Was ist mit ihrem Fuß?«
»Ich hab mir den großen Zeh angestoßen. Dein Vater wird auch wieder gesund, sagen die Ärzte.«
»Ich weiß, ich hab’s gehört.« Das Mädchen verstummte und sah sich auf dem Gelände um. »Ist das der Mann, gegen den wir gekämpft haben? Loving?« Ein Blick zu der Plane, die die Leiche bedeckte.
»Ja.«
»Ich bin froh, dass er tot ist.« Sie sagte es mit Nachdruck. Sie meinte es ernst.
Hat ganz schön Mumm …
»Darf ich meinen Dad besuchen?«
»Noch nicht. Erst wirst du mit deiner Stiefmutter und deiner Tante noch an einen Ort gebracht, an dem ihr vorläufig bleibt.«
Das sichere Haus in Great Falls kam nicht mehr in Frage, deshalb hatte ich Joanne und Maree von Ahmad in ein anderes bringen lassen. Das Haus lang in Loudoun County, nicht allzu weit weg von hier, ebenfalls ein alter Landsitz. Es war allerdings nicht so hübsch wie das in Great Falls.
»Onkel Bill geht es auch gut.«
»Ja, er hat ebenfalls ein kleines Problem mit seinem Fuß, aber das wird wieder.«
Ihr Gesicht war reglos. »Ich war echt besorgt, als sie am Straßenrand auf ihn geschossen haben.«
»Du hast ihm das Leben gerettet.«
Sie sagte nichts und sah nur auf das Grundstück hinaus. »Diese ganzen Waffen … sie sind so laut. Sie klingen ganz anders als in
den Filmen immer. Oder wie die, mit denen wir im Ferienlager schießen. Was ist mit dem anderen Mann, der bei Ihnen war?«
Ich schüttelte den Kopf. »Er hat es nicht geschafft.«
»Das tut mir leid«, flüsterte sie. »Hatte er Familie?«
»Ich weiß es nicht.«
Amanda wischte sich Tränen aus den Augen.
Ich wünschte, sie hätte den Gorilla nicht angegriffen, aber sie hatte nicht wissen können, dass Pogue und ich im Gebäude waren. Man musste ihren Mut einfach bewundern. »Das war gut, wie du dich da drin gehalten hast«, sagte ich. »Mit dem Spray.«
Das Mädchen lächelte matt. »Dad hat mir beigebracht, selbst auf mich aufzupassen. Bevor ich mit Onkel Bill weggefahren bin, habe ich mir ein bisschen Spray aus Dads Kommode geborgt. Ich habe es in meiner Bärenhandtasche versteckt.«
»Schlau. Bist du dir sicher, dass du erst sechzehn bist?«
»Genau deshalb hatte ich es noch«, sagte sie ungerührt. »Sie haben sich nicht die Mühe gemacht, mich zu durchsuchen. Sie waren dumm.«
»Das waren sie.«
»Agent Corte, ich habe Ihren Wagen leider demoliert. Ich bin gegen ein paar Reifen gefahren. Tut mit echt leid.«
»Wir sind versichert.«
Sie lächelte schwach.
Ich biss die Zähne wegen des Schmerzes in der Zehe zusammen, setzte
Weitere Kostenlose Bücher