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Schutzlos: Thriller (German Edition)

Schutzlos: Thriller (German Edition)

Titel: Schutzlos: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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Männer setzte dazu an, seinen Ärmel aufzuschneiden. »Nein, nicht!«, fauchte ihn Pogue an, dann öffnete er den Reißverschluss der Jacke und zog sie aus. »Wozu sie zerschneiden?«
    Die Brandwunde sah übel aus, aber Pogue verlor das Interesse daran, als die Männer anfingen, sich mit ihr zu beschäftigen.
    »Was ist passiert?««, wiederholte ich. »Wie sind Sie …?«
    »Ich wurde von dem Feuer in der Ecke eingeschlossen. Ich schaffte es über die Treppe auf den Balkon hinauf, aber sie warfen eine neue Phosphorgranate nach oben. Ich habe den letzten von den Männern ausgeschaltet, aber inzwischen brannte es ziemlich heftig. Ich bin einen Aufzugschacht in den Keller runter und hab mir die Birne angeschlagen. Vor ungefähr einer halben Stunde kam ich wieder zu mir und wusste nicht, was ich hier vorn vorfinden würde, deshalb bin ich hinten über einen Notausgang raus.«
    Ich erzählte ihm, dass Loving so ziemlich das Gleiche getan hatte.
    »Warum hinken Sie?«
    Ich erklärte es.
    »Autsch. Aber Sie haben ihn erledigt, wie ich höre.«
    »Ich nicht. Ryan Kessler.«
    Ein kurzes Lachen. »Nanu. Wie ist es dazu gekommen?« »Joanne.«
    Pogue stöhnte. »Die Frau hat ihn rausgelassen. Wird er wieder?«
    »Sieht so aus.«
    Pogue verzog das Gesicht, vielleicht vor Schmerzen, weil ihm der Verband an dem verbrannten Arm angelegt wurde, aber vielleicht auch, weil ich erleichtert darüber lächelte, dass er noch am Leben war.
    »Das ist vielleicht ein aufgewecktes Mädchen. Pfefferspray. Sie hat zwar unseren ganzen Plan versaut, aber ich muss sagen, es war schön zu sehen, wie dieses Arschloch die volle Ladung abbekommen hat.«
    Mumm …
    »Der Auftraggeber?«, fragte er und blickte über die weiten Felder und Wiesen mit einem Dutzend Highways dahinter.
    »Loving hat ihn gewarnt. Aber ich habe ein paar gute Spuren. Meine Mitarbeiterin geht ihnen gerade nach.« Ich dankte ihm für alles, und wir versprachen uns, in Kontakt zu bleiben. Falls er je seine Organisation verlassen wollte, würde ich ihn auf der Stelle engagieren. Auch wenn er nicht wie der Typ aussah, der bei Gefahr spontan wegläuft, während Schäfer genau darauf trainiert werden.
    Ich stieß mich von dem Feuerwehrwagen ab und belastete den Fuß mit dem wunden Zeh.
    Mann, tat das weh. Ich atmete behutsam aus. Wenn ich tatsächlich gewusst hätte, wo sich Amanda aufhält, wie lange hätte ich wohl durchgehalten, ohne zu reden? Ich hätte geredet, keine Frage. Die Meinungen darüber, ob Folter zu verwertbaren Informationen führt, gehen auseinander. Aber etwas, wozu sie mit
Sicherheit führt, ist, dass man redet. Man mag wild entschlossen sein, stumm zu bleiben, aber im Angesicht des Schmerzes redet man.
    Ich ging zu meinem Wagen zurück, wo ich mich mit geschlossenen Augen auf den Fahrersitz setzte und die Tränen fließen ließ, was den brennenden Schmerz von dem Pfefferspray aus irgendeinem Grund linderte. Wasser aus der Flasche nutzte nicht viel, aber Tränen halfen.
    Fünfzehn Minuten später erhielt ich eine E-Mail. Ich wischte mir das Gesicht ab und las mit zusammengekniffenen Augen, was Claire DuBois auf meine Anfragen vor noch nicht langer Zeit geantwortet hatte.
    Beim Lesen musste ich an das Phänomen des Endspiels denken.
    Auch wenn die Grundidee auf viele Spiele anwendbar ist, spricht man vor allem beim Schach davon, und dort habe ich das Thema auch erschöpfend studiert.
    Wenn das Mittelspiel auf seinen Abschluss zugeht und das Endspiel naht, tritt eine fundamentale Änderung im Verhalten der Spieler ein, und eine makabre, schaurige Stimmung senkt sich auf das Brett. Die überlebenden Figuren nehmen neue Rollen an und erhalten neue Bedeutungen. Bauern zum Beispiel werden entscheidend wichtig; nicht nur können sie zur Grundlinie des Gegners ziehen und dort zu Königinnen werden, sie stellen auch lebenswichtige defensive Barrieren dar, die die Züge des anderen Spielers einschränken. Genauso verbirgt sich der König die meiste Zeit des Spiels, beschützt von seinen Lakaien. Im Endspiel muss er jedoch häufig selbst zum Angriff übergehen.
    Alle Züge sind gewichtiger. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein einziger Fehler zur Niederlage führt, steigt zum Ende des Spiels hin dramatisch an.
    Das Endspiel steckt voller Improvisation, Verzweiflung, Aufblitzen von Genie und Beispielen tödlicher Panik.
    Es gibt auch viele Überraschungen.
    Ich starrte einige Minuten lang auf meine Notizen von Amanda und auf Claires E-Mail. Wie Pogue früher schon bemerkt

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