Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schutzlos: Thriller (German Edition)

Schutzlos: Thriller (German Edition)

Titel: Schutzlos: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
Vom Netzwerk:
bleiben.«
    Sie lächelte. »Diese Unterhaltung haben wir bereits geführt.«
    »Haben Sie die Nachrichten gesehen? Wegen Stevenson?«
    »Ja.« Sie trank einen Schluck Tee. »Hören Sie, Corte, ich hatte das Gefühl, dass Ihnen niemand von uns richtig gedankt hat. Ich habe darüber nachgedacht. Was Sie alles getan haben. Sie wären beinahe getötet worden. Wir waren nur Fremde für Sie, Niemande.«
    Ich schwieg einen Moment verlegen. »Sie waren mein Job.«
    »Ich danke Ihnen trotzdem.«
    Aber ich wusste, bei diesem Treffen ging es nicht nur um Dankbarkeit.
    Eine Pause. »Da ist noch etwas. Ich wollte Sie um etwas bitten. Ich weiß, ich sollte es nicht tun, aber … Ich wusste nicht, an wen ich mich sonst hätte wenden können.«
    »Sicher. Worum geht es?«
    »Um Maree.« Joanne senkte den Kopf. »Auch eine Sache, die ich vermasselt habe.«
    Ich wartete und beobachtete Leute beim Einkaufsbummel.
    »Sie weigert sich, mit mir zu reden. Aber ich habe sie beim Telefonieren belauscht. Sie will tatsächlich wieder bei Andrew einziehen. Ich habe versucht, es ihr auszureden, aber sie lässt mich nicht mehr an sich heran. Sie hat ihre Sachen gepackt und ist aus der Tür gestürmt … Er wird ihr wieder wehtun, und sie wird es zulassen.« Joanne berührte mich am Arm. Eine merkwürdige Empfindung. Wenn man die Leute in seiner Obhut als Spielfiguren betrachtet, die man zu beschützen hat, ist man nicht an körperlichen Kontakt gewöhnt. Wie Abe sagte, ist das etwas, das es zu vermeiden gilt.
    Ein Gedanke, der mir natürlich in Erinnerung rief, wie Maree und ich uns auf dem Felsvorsprung über dem Potomac geküsst hatten.
    »Könnten Sie mit ihr reden?«, flüsterte Joanne. »Bitte. Ich weiß, es ist nicht Ihre Angelegenheit. Aber auf mich hört sie nicht. Vielleicht wird sie nie wieder mit mir sprechen …«
    Ich sah Tränen in ihren Augen. Erst zum zweiten Mal, seit ich sie kannte.
    Mir war nicht wohl in meiner Haut. »Wo ist sie jetzt?«
    »Sie trifft ihn in einer Stunde im Washington Park, in der Innenstadt.«
    Wie ich Claire DuBois und allen meinen anderen Zöglingen immer klarmache, endet die Beziehung eines Schäfers zu seinen
Mandanten in der Minute, in der ein Lifter oder Killer und ihr Auftraggeber verhaftet oder ausgeschaltet sind. Therapie, Scheidung, tragische Unfälle, und lebten glücklich bis an ihr Ende … alle diese möglichen Ausgänge haben nichts mit uns zu tun. Bis das Leben der Kesslers nach den Schrecknissen der letzten Tage auf die eine oder andere Weise wieder in Ordnung kam, würde ich in einem anderen sicheren Haus oder irgendwo unterwegs sein und neue Mandanten beschützen.
    »Bitte.«
    Ich musste an das Tosen des Potomacs unter mir denken. »Also gut.«
    Der Druck an meinem Arm wurde stärker. »Oh, danke …« Sie wischte sich die Tränen fort.
    Ich stand auf.
    »Corte.«
    Ich wandte mich zu ihr um.
    »Wissen Sie noch, wie wir über die zwei Leben gesprochen haben, die man führt, wenn man einen Job wie Sie hat oder wie ich ihn hatte und gleichzeitig eine Familie haben will? Ich sagte, man kann nicht beides haben. Aber ich bin mir nicht so sicher. Vielleicht geht es doch. Wenn man es richtig anpackt.« Sie lächelte ausnahmsweise einmal. »Und wenn der Wille dazu groß genug ist.«
    Ich wusste nicht, was ich darauf sagen sollte, nickte ihr zum Abschied zu und ging leicht hinkend in Richtung meines Wagens.
    Vierzig Minuten später war ich im Washington Park, nicht weit vom DuPont Circle entfernt. Er war klein und ging auf die Frühzeit der Stadt zurück. Manche Parkbänke in der Stadt sind neu und werden aus wiederverwerteten Reifen oder Milchkartons gemacht, wie ich höre. Das ist schön grün und gut für die Menschheit, aber ich bevorzugte die alten wie diese hier. Sie sahen aus, als wären sie aufgestellt worden, als Teddy Roosevelt
etwa fünf Kilometer entfernt in der Pennsylvania Avenue am Werk war. Schwarzes, stellenweise rostiges Gusseisen mit Holzlatten darauf, die schon uneben waren von den häufigen schlampigen Anstrichen.
    Ein Paar ging durch den Park, blieb einmal stehen, um einen Strauch, eine Kamelie, glaube ich, in voller Blüte zu betrachten, und ging dann weiter. Einen Moment später war der Park leer. Es war ein stürmischer Tag mit bedecktem Himmel. Ich parkte an einer Stelle, wo ich einen Blick auf alle Bänke hatte und Maree auf jeden Fall entdecken würde. Ich stellte den Motor ab und klappte den Sonnenschutz herunter. Damit war ich ausreichend unsichtbar. Ich hatte

Weitere Kostenlose Bücher