Schutzlos: Thriller (German Edition)
starrte auf das Bild, dann lächelte er traurig. Er redete weiter auf sie ein, trug seine Sache vor. Er beugte sich vor, um sie zu küssen, aber sie rutschte weiter weg von ihm und sagte noch etwas.
Er nickte. Dann sprang er wütend auf und schleuderte das Bild auf den Gehsteig, wo es zersprang. Maree zuckte zusammen und wich den Scherben aus. Er packte sie am Arm. Sie wand sich und schrie vor Schmerz auf. Er ballte die zweite Hand zu einer Faust und holte aus.
Ich stieg schnell aus dem Wagen.
Genau in diesem Moment stand Maree ebenfalls auf und rammte ihm den Handballen ins Gesicht. Andrew hatte mit keiner aggressiven Reaktion gerechnet und wurde vollkommen schutzlos erwischt. Sie hatte seine Nase getroffen. Der Schmerz würde heftig sein, wie ich wusste – ein Mandant, der in Panik geriet, hatte mich einmal versehentlich mit dem Ellbogen getroffen.
Er sank auf die Bank zurück, beugte sich vor und hielt sich die Hand vor das blutende Gesicht.
»Du verdammtes Miststück.«
»Ich habe dir gesagt, es ist vorbei«, sagte sie mit fester Stimme.
Jetzt, da ich nicht mehr im Wagen saß, konnte ich sie deutlich hören.
Er stand erneut auf und streckte die Hand blind nach ihr aus, aber sie stieß ihn gewaltsam zurück. Durch seine Tränen behindert, stolperte er und fiel auf das Pflaster. Er rappelte sich auf und suchte nach einem Taschentuch.
»Du hast mich angegriffen, du Schlampe! Ich rufe die Polizei.«
»In Ordnung«, sagte sie, die Ruhe selbst. »Aber denk dran, mein Schwager ist Polizist. Der würde sich sowieso liebend gern mal mit dir unterhalten. Er und ein paar Freunde.«
Ich freute mich, dass Maree in meiner Obhut gelernt hatte, einen Vorteil einzusetzen.
Sie sah leicht mitleidig auf ihn hinunter. »Ruf mich nie wieder an.« Dann schwang sie sich ihre Kameratasche über die Schulter und ging, ihren Rollkoffer hinter sich herziehend, langsam davon. Ich wartete, um zu sehen, ob Andrew ihr folgen würde. Er schien es zu erwägen. Er hob auf, was von dem Rahmen übrig war, und schleuderte ihn noch einmal zu Boden. Dann entfernte er sich in die entgegengesetzte Richtung, die Hand auf die blutende Nase gepresst.
Ich stieg in den Wagen und fuhr in die Richtung, die Maree eingeschlagen hatte. Ich entdeckte sie an der nächsten Kreuzung, wo sie darauf wartete, dass die Ampel grün wurde. Sie fuhr sich mit der Hand durchs Haar und sah zum Himmel hinauf, der langsam dunkler wurde. Sie musste riechen, was auch ich durch das offene Wagenfenster roch, den angenehmen Duft von Herbstlaub und den noch angenehmeren von Kaminscheiten aus dem Schornstein eines Backsteinhauses in der Nähe.
Die Ampel schaltete um. Maree überquerte die Straße und ging zu dem hohen, gläsernen Bau des Hyatt Hotels.
Ich blieb am Randstein vor dem Hotel stehen und zeigte meinen Ausweis einem Verkehrspolizisten, der nickte und weiterging.
Ich stellte den Motor ab.
Ich sah Maree durch die Drehtür gehen. Sie sah sich um und ging zum Empfangsschalter, ihren Koffer übergab sie unterwegs an einen Pagen. Sie sprach mit dem Angestellten am Empfang und holte Ausweis und Kreditkarte aus ihrer Handtasche.
Ich betrachtete sie einen Augenblick lang. Dann, da die letzte meiner Mandanten endlich in Sicherheit war, ließ ich den Volvo wieder an und fädelte mich in den Verkehr ein, um nach Hause zu fahren.
ENDSPIEL
Wenn ich dienstlich im Auto unterwegs war, gestattete ich mir nicht den Luxus, Musik zu hören; es lenkte zu sehr ab, wie ich Bill Carter erklärt hatte.
Aber in meiner Freizeit hatte ich immer das Radio an oder lauschte einer CD oder einem Download. Ich liebe Oldies, aber ich meine damit die Zeit von den 1930er- bis zu den 1960er- Jahren, nichts davor und kaum etwas danach.
Interpreten wie Fats Waller, Sinatra, Billie Holiday, Louis Armstrong, Rosemary Clooney, Ella, Sammy Davis jr., Dean Martin … wenn die Texte nicht zu doof waren. Worte sind wichtig. Das ist etwas, was, sagen wir, die Beatles bei aller Musikalität nicht begriffen haben. Großartige Musik, aber ich fand immer, sie hätten Kunst für die Ewigkeit geschaffen, wenn sie sich nur mal überlegt hätten, was sie da sangen.
Während ich mich nun zügig von Washington fortbewegte, kam Harry Connick jr. aus den Lautsprechern.
Ich genoss die Musik.
Ich genoss das Fahren.
Ich hatte die Stadt hinter mir gelassen. Ich hatte Maree und Joanne hinter mir gelassen. Amanda und Ryan.
Auch Henry Loving.
Bei ihnen allen war es, auf jeweils verschiedene Weise, ein Abschied
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