Schutzlos: Thriller (German Edition)
Dasjenige, das ich im Sinn hatte, war vielleicht das beste davon.
Ich drückte eine Schnellwahltaste.
»DuBois.«
»Wer sind wir im Hillside?«
Wir haben verschiedene Tarnidentitäten für die einzelnen Zwischenstopps. Auch wenn ich mir sicher zu sein glaube, frage ich jedes Mal nach.
Ich hörte das Klappern der Tastatur, das Klimpern ihres Talisman-Armreifs. Dann sagte die junge Frau: »Sie sind Frank Roberts, Verkaufsleiter von Artesian Computer Design. Sie waren vor acht Monaten mit Pietr Smolitz und seiner Freundin dort.«
Das Wort »Freundin« kam frostig herüber; DuBois’ Meinung über die hochnäsige Geliebte des Whistleblowers stand ein für alle Mal fest. »Roberts – also Sie – hat Geschäftsbesuche in Tysons und Reston gemacht, zusammen mit Ihrem Partner aus Moskau. Das Einschussloch in der Wand wurde repariert, bevor sie etwas bemerkt haben.«
»An das erinnere ich mich.« Wir waren nicht angegriffen worden. Der verrückte Russe hatte heimlich eine Pistole bei sich getragen, die nach erheblichem Konsum von gleichermaßen heimlich mitgeführtem Wodka plötzlich aufgetaucht war. Die schallgedämpfte Waffe war versehentlich losgegangen, der daraufhin erfolgte Schuss mit der Elektropistole in seinen Rücken war dagegen meine volle Absicht gewesen.
»Ich checke jetzt dort ein«, sagte ich zu DuBois. »Ich rufe in zwanzig Minuten wieder an.«
»In zwanzig. Okay.«
Ein paar Meilen später reduzierte ich das Tempo, blinkte und bog in die lange Zufahrt des Hillside Inn ein. Das weiße Kolonialgebäude stand inmitten eines zwei Hektar großen, attraktiven Gartens. Geometrische Rasenmuster, Zierbäume, englische Gärten, noch immer üppig blühende Rosen. Ich bezweifelte zwar, dass sie in der Stimmung war, es zu würdigen, aber wegen ihres Interesses für Gartenarbeit hoffte ich doch, Joanne würde einen Blick auf die Anlagen werfen. Auch wenn mir Marees Sarkasmus auf die Nerven ging – ich bin tatsächlich so etwas wie ein Fremdenführer, und zwar insofern, als es zu meinem Vorteil ist, wenn meine Mandanten beschäftigt und zufrieden sind.
Das Hillside Inn lag tatsächlich an einem kleinen Hang, wenn auch mehr an dessen Fuß, dahinter erstreckte sich offenes Acker- und Weideland. Es gab einen schütteren Wald rechts von ihm, aber einem Lifter oder Killer würde es schwerfallen, sich unbemerkt zu nähern.
Ich fuhr die Zufahrt hinauf und dann rechts durch den Parkplatz
zur Rückseite des Motels, um die großen Fenster in der Eingangshalle zu vermeiden. Ich parkte und befahl meinen Passagieren, im Wagen zu bleiben, dann ging ich durch einen Bogen zwischen zwei Zimmerflügeln von hinten zur Rezeption. Auf dem Parkplatz standen zweiundzwanzig Autos. Ich habe einen Scanner mit einer direkten Verbindung zu einer Datenbank der nationalen KFZ-Registratur, aber so viele Autos zu scannen würde einige Zeit in Anspruch nehmen und verdächtig aussehen. Davon abgesehen habe ich in all meinen Jahren in diesem Geschäft nie einen Lifter oder Killer erlebt, der mit Nummernschildern, die ihn verraten würden, vor einem sicheren Haus oder einem Zwischenstopp geparkt hätte.
Ich fischte aus den zehn Kreditkarten mit verschiedenen persönlichen und Firmennamen die Artesian MasterCard auf den Namen Frank Roberts heraus. Artesian ist eine real existierende Firma – zumindest dem Register nach – und hat eine beeindruckende Website. Sollten wir jemals beschließen, tatsächlich in die Softwareentwicklung zu gehen, gäbe es bereits eine umfangreiche Liste potenzieller Kunden, die sich per Mail an uns gewandt haben. Meine Organisation unterhält eine Reihe solcher Tarnfirmen, und Recherchespezialisten wie DuBois machen sich einen Spaß daraus, Briefing-Unterlagen für sie zu verfassen, mit allen möglichen Informationen wie den Lebensläufen der Vorstände, exotischen Orten für Verkaufskonferenzen oder sogar ganzen Werbekampagnen. Schäfer verbringen Stunden damit, die Daten auswendig zu lernen, damit wir glaubwürdig sind, ein wenn auch nur kurzes Gespräch über Softwareentwicklung, Flugzeughydraulik, Feinkostlebensmittel und eine Reihe anderer Produkte und Dienstleistungen führen können. Man hat mir gesagt, meine Wiedergabe dieser Tarngeschichten sei wenig sexy, um nicht zu sagen langweilig, und würde nicht eben zu Nachfragen ermuntern. Was natürlich genau die Absicht ist.
Ich checkte ein, wobei mir weder an dem Empfangsangestellten
noch an dem Pagen etwas auffiel, dann kehrte ich zu dem SUV zurück. Auch
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