Schutzlos: Thriller (German Edition)
wieder, dann verfielen sie in ein bedeutungsloses Gespräch über die Highschool, irgendwelche Freundinnen und einen Skiurlaub, den sie für Weihnachten geplant hatten.
Ich bog abrupt ab. Ein Blick in den Rückspiegel – niemand folgte uns, aber ich sah, wie Maree zusammenzuckte, und dachte, sie sei auf unserer Flucht verletzt worden. Dann fiel mir jedoch ein, dass ich einen Verband an ihrem Arm gesehen hatte. Sie rollte den Ärmel hoch und untersuchte ihn.
»Alles in Ordnung mit Ihnen, Maree?«
»Ich hab mir nur letzte Woche den Arm angestoßen.«
»Ist es schlimm?« Ich klang mitfühlend, aber ich fragte, weil ich wissen musste, ob sich die Verletzung auf meine Bewachertätigkeit auswirken würde. Lifter machen sich wie Raubtiere an die Schwachen und Verwundeten heran. Brüche brauchen mindestens sechs Wochen, bis sie verheilt sind.
»Nein. Der Orthopäde sagt, es ist nur ein übles Hämatom. Tolles Wort. Klingt sehr viel sexier als ›blauer Fleck‹.«
»Tut es sehr weh?«
»Ein bisschen. Nicht allzu schlimm. Aber ich hole alles raus, was ich dafür kriege.« Sie lachte und erklärte dann: »Ich habe Bilder im Zentrum von Washington geschossen, und dieses Arschloch mit seinem Handy ist in mich gerannt, sodass ich ein paar Stufen hinuntergerutscht bin. Er hat sich nicht einmal richtig entschuldigt. Es klag mehr wie: Was müssen Sie auch hier fotografieren, wenn andere Leute auf dem Weg zu richtigen Jobs sind?«
Die Quelle der Verletzung interessierte mich nicht, nur ihr Heilungszustand, aber Maree fuhr laut und empört fort: »Ich konnte danach ein paar Tage lang keine Fotos machen. Ich war so benommen. Ich hätte mir seinen Namen geben lassen und
ihn verklagen sollen.« Ihre Stimme versiegte. Dann sah sie in meine Richtung. »Hey, Mr. Tour Guide, darf ich meinen Freund anrufen? Bitte. Bitte sehr!« Das kindliche Quengeln wieder.
»Wen?«
»Den Typen, bei dem ich bleiben wollte. Bevor der Terminator meine Pläne versaut hat. Ich wollte ihn um sechs treffen. Wenn ich nicht auftauche, wird er sich Sorgen machen.«
»Glaubst du nicht, es ist besser, du lässt es, Maree?«, fragte Joanne. »Andrew wird es sich schon zusammenreimen. Ich meine, Agent Corte wollte vorhin nicht, dass du von diesem Münztelefon aus anrufst.«
»Nein«, sagte ich, »das war nur, weil ich keine Zeit mehr auf dem Parkplatz verbringen wollte. Aber wenn Sie anrufen wollen, nur zu. Keine schlechte Idee. Wir wollen nicht, dass er neugierig wird und zum Haus kommt – jetzt, da Loving weiß, wo es ist.«
Ich gab ihr mein sicheres Handy. »Aber machen Sie es kurz. Sagen Sie nichts darüber, wo wir sind und was passiert ist. Verstanden?«
»Klar.«
Und damit legte Maree alles Flatterhafte ab und wurde zögerlich – vermutlich weil sie begriff, dass wir das Gespräch alle mithören würden. Oder vielleicht auch, weil sie ihre Pläne einfach nicht ändern wollte. Schließlich rief sie an. Ich warf einen Blick in den Rückspiegel und sah, wie sie die Schultern vor Anspannung hochzog. Nach einer Weile entspannte sie sich jedoch sichtlich, und ich folgerte, dass sie an Andrews Anrufbeantworter geraten war. Sie klang wieder wie ein Teenager. »Hi, ich bin’s … Äh, ich fühle mich furchtbar. Ich wollte dich wirklich so gern sehen, aber jetzt kann ich doch nicht kommen. Es ist was passiert, und es ist irgendwie ernst. Mit der Familie. Es ist total wichtig, deshalb schaffe ich es heute Abend nicht. Ich melde mich wieder, sobald ich kann. Okay, einen schönen Tag noch. Es tut mir leid.«
Sie trennte die Verbindung und gab mir das Telefon zurück.
Ihre Hand schien zu zittern. Sie fragte Joanne unvermittelt etwas über ihre Pläne für Thanksgiving, und die beiden führten ein Gespräch, dem ich nicht mehr zuhörte.
Der Verkehr wurde spärlicher, und ich gab Gas. Jetzt, da wir nicht verfolgt wurden, überschritt ich die Höchstgeschwindigkeit allerdings nicht um mehr als zehn Stundenkilometer. Meine Organisation benutzt keine Regierungskennzeichen – die Fahrzeuge waren auf ein Dutzend verschiedene Gesellschaften zugelassen, kommerzielle wie gemeinnützige –, und bei einer Radarkontrolle würde man uns stoppen, was unangenehm und gefährlich werden konnte.
Ein Flüstern von Ryan. »Kann ich was fragen?«
»Sicher.«
»Es waren zwei dort beim Haus? Loving und sein Partner?«
»Wahrscheinlich. Es könnten auch drei oder mehr gewesen sein, aber meist arbeitet er nur mit einem Partner.«
»Na ja, es ist nur … da waren fünf
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