Schutzpatron: Kluftingers sechster Fall
gestaltete Kelche und allerlei Schmuck. Die genaue Untersuchung hatte ergeben, dass diese nicht nur materiell, sondern vor allem kunsthistorisch und auch aus Sicht der Kirche von unschätzbarem Wert waren.
Die Altusrieder hatte die ganze Sache nicht sehr überrascht. Vor allem die Alten hatten nur wissend genickt und die Sagen wieder hervorgeholt, die schon seit Jahrhunderten über die Burg kursierten, die geheimnisvollen Gänge darunter, das jähe Ende des steinernen Baus bei einem Erdrutsch und seine verborgenen Schätze, die dabei mit in die Tiefe gerissen worden waren.
Als junger Polizist hatte Kluftinger damals sogar mit dem Fund zu tun gehabt. Während die Archäologen, Kunsthistoriker und Restauratoren ihn aufarbeiteten, war es dann recht still darum geworden, dann aber ging er geradezu um die Welt: Immer wieder hatte Kluftinger in der Zeitung Meldungen gelesen, dass er in Paris, Rom, London und sogar New York im Rahmen großer Ausstellungen zu sehen war. Schließlich war es mehreren Gremien und Politikern aus dem Allgäu gelungen, den Schatz zurück in seine Heimat zu holen. Dafür war nach der riesigen Freilichtbühne ein weiteres sündteures Großprojekt der Gemeinde in Auftrag gegeben worden – ein eigens gebauter moderner Ausstellungsraum auf dem Gelände eines ehemaligen Bauernhofs neben der Burg. Kluftinger befürchtete bereits einen nicht enden wollenden Besucherstrom, der in Zukunft das Dorf heimsuchen würde.
Ein »Homm S’ mi?« seines Vorgesetzten riss den Kommissar aus seinen Gedanken. Er hatte gar nicht recht zugehört, gab aber mit einem »Mhm« zu verstehen, dass er Lodenbachers Ausführungen gefolgt war.
»Gut. Also zum Fall zurück: Roland und Richie, ihr fahrt heut zu den Nachbarn von dem Zahn, um sie zu befragen, bitte. Das war ich, also Kluftinger quasi.«
»Ach so«, meldete sich Strobl zu Wort, »wir haben gestern Abend noch einen Anruf einer Nachbarin bekommen, die schräg gegenüber wohnt. Sie hat unsere ganzen Autos vor dem Haus von den Zahns gesehen und will jetzt irgendwas Auffälliges beobachtet haben. Ich hab gesagt, du kommst im Lauf des Vormittags bei ihr vorbei. Ist dir das recht?«
»Hm?« Kluftinger dachte kurz nach. »Nein, das ist nicht recht, die soll bitte herkommen. Ich hab wirklich einen Haufen Arbeit, da kann ich nicht dauernd in der Weltgeschichte rumgondeln. Für was haben wir ein Büro.«
Strobl verstand nicht. Kluftinger nutzte doch sonst jede Gelegenheit, seinem Schreibtisch zu entkommen. Er schüttelte den Kopf und wollte gerade etwas sagen, als Lodenbacher vernehmen ließ, dass er das nur begrüßen könne, auch er finde, dass effizientes Arbeiten bei der Polizei am besten im Büro geschehe. Zudem erkläre er die Morgenlage-Besprechung hiermit für beendet, »seine Herrn« sollten jetzt an die Arbeit gehen. Noch einmal ermahnte er Kluftinger, pünktlich zu erscheinen, dann verabschiedete er sich mit einem »Lodenbacher Ende«.
Die Polizisten standen auf, Kluftinger bat Eugen Strobl aber, noch kurz bei ihm zu bleiben. Als die anderen die Tür geschlossen hatten, zog er ihn zu sich. Was Maier vorher über die Autodiebstähle erzählt hatte, hatte ihn auf eine Idee gebracht. Doch dafür galt es jetzt noch die nötigen Vorkehrungen zu treffen.
»Eugen«, begann er in konspirativem Ton, »sag mal, wenn man so einen Dienstwagen braucht, was muss man da noch mal schnell machen?«
Strobl sah ihn verwundert an.
»Ich mein, muss man sich die jetzt unten beim Präsidium anfordern, oder haben wir da grad was da? Also was, was frei wär?«
»Was, was frei wär?«, wiederholte Strobl.
»Ja, ich mein, den Audi wirst du ja nehmen, wenn ihr in die Stadt fahrt, was haben wir denn sonst noch?«
Strobl warf einen Blick aus dem großen Fenster auf den Hinterhof. »Also, wenn du es genau wissen willst: Wir hätten einen 3er BMW in Weiß, einen Golf Variant in Weinrot, einen grauen Opel Astra und den neuen schwarzen A 4, aber den nehmen meistens die vom Betrug. Aber sag mal: Wieso brauchst jetzt du auf einmal einen Dienstwagen? Ist dein Passat kaputt, oder wie?«
»Du …«, tat Kluftinger möglichst unbeteiligt, »einfach so. Ich schone halt jetzt mein Auto mal ein bissle. Steht mir ja auch zu, oder?« Gegen Ende des Satzes hatte seine Stimme einen fast schon feindseligen Klang angenommen.
»Ja, ja, schon gut«, antwortete Strobl und hob die Hände. »Also: Du gehst runter zum Fuhrpark, lässt dir einen Schlüssel geben und trägst dich in die Liste ein. Fertig.
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