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Schutzwall

Schutzwall

Titel: Schutzwall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ross Thomas
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dich.«
    »Danke.«
    Spivey nahm Anna Maude bei der Hand. »Also, gehen wir, Süße.«
    Chief of Detectives Strucker lächelte nicht, geschweige denn, daß er ihm diesmal zunickte, als Dill, wieder in Hemd und Slacks, die Bibliothek betrat. Strucker saß vor Spiveys großem Schreibtisch, und Dill dachte einen Augenblick lang daran, dahinter Platz zu nehmen, doch verwarf er diesen Einfall sogleich wieder, als dumm und kindisch. Auch Strucker trug ganz legere Kleidung – ein teures dunkelblaues Sporthemd, Slacks in Hellbeige, ein Paar neu aussehende, randgesteppte durchbrochene Halbschuhe mit stark geriffelten weißen Socken. Dill fand, daß Strucker diese Aufmachung wie eine neue und unbequeme Uniform trug.
    Sobald sich Dill auf dem anderen Stuhl vor dem Schreibtisch niedergelassen hatte, sagte Strucker: »Ihre Schwester hat Schmiergelder genommen.«
    Dill äußerte sich nicht dazu. Das Schweigen zwischen ihnen dehnte sich. Sie starrten einander an, und dem Blick des älteren Mannes gelang es irgendwie, sowohl leidenschaftslos als auch unversöhnlich zu wirken. Es war der Blick von jemandem, der für sich schon vor langer Zeit die Trennlinie zwischen Recht und Unrecht festgelegt hatte – und der unbeirrbar zu wissen meinte, wer der Schuldige war. Es war ein gnadenloser Blick. Es war das Auge des Gesetzes. Endlich sagte Dill: »Wieviel?«
    Wie in dem Versuch, eine schwierige Addition im Kopf durchzurechnen, schaute Strucker zur Decke hoch. Er nahm eine Zigarre aus seiner Hemdtasche. »Innerhalb von achtzehn Monaten«, sagte er und zündete die Zigarre mit einem Streichholz an, »vielleicht eine Woche mehr oder weniger …« Er vergewisserte sich, daß die Zigarre gut brannte. »Wir schätzen, daß ungefähr sechsundneunzigtausendzweihundertdreiundachtzig Dollar durch ihre Hände gegangen sind.« Mit einem Wedeln der Hand löschte er das Streichholz aus und ließ es in einen Aschenbecher auf Spiveys Schreibtisch fallen. »So um die eintausendzweihundertfünfzig pro Woche oder etwas weniger, wenn Sie das im Durchschnitt nehmen.« Er legte eine Pause ein, um das brennende Ende der Zigarre zu mustern. »Wir wissen auch, wohin einiges davon gegangen ist: in das Haus, in ihre Lebensversicherung, die Miete für die Zweitwohnung, die sie hatte – die Garagenwohnung –, aber es fehlen dann noch immer etwa fünfzigtausend.« Er zog an der Zigarre. »Die fünfzig Riesen sind irgendwie interessant.«
    Dill nickte. »Das ist ungefähr die Summe, die sie für die Anzahlung brauchte.«
    »So ungefähr.«
    »Warum haben Sie mit diesem ganzen Dreck die Tribune gefüttert und dann noch dafür gesorgt, daß dieses üble Zeug gebracht wurde?«
    Strucker zuckte die Achseln. »Publicity ist oft die wirksamste Waffe bei einer Ermittlung. Das wissen Sie selbst doch ganz genau, Dill.«
    »Der alte Fred Laffter hat mir erzählt, vor einiger Zeit hätte er ein harmloses nettes kleines Feature über Felicity geschrieben. Man behauptet, Sie hätten das abgewürgt. Warum?«
    Wieder zuckte Strucker die Achseln. »Wir dachten, das wäre noch verfrüht. Das ist schon alles. Daß es ihr vielleicht mehr schaden als nützen würde.«
    »Auf wessen Bestechungsliste hat sie gestanden?«
    »Das wissen wir nicht.«
    »Warum wurde sie getötet?«
    »Auch das wissen wir nicht, und bevor Sie mich fragen, wer sie umgebracht hat oder was sie tun mußte, um sich die eintausendzweihundertfünfzig Dollar die Woche zu verdienen, muß ich Ihnen in Erinnerung rufen, daß dies eine noch schwebende Morduntersuchung ist und daß ich Ihnen nicht viel mehr erzählen kann, als ich bereits getan habe.«
    »Erzählen Sie mir, wo das Verbindungsglied ist zwischen meiner Schwester und der Ermordung von Clay Corcoran.«
    »Da gibt’s gar keins.«
    »Bockmist.«
    »Bockmist«, sagte Strucker nachdenklich, ganz so, als wäre er gerade über ein neuartiges und interessantes Synonym gestolpert. »Nun, hier ist noch einiges mehr: Corcoran wurde mit einer abgeplatteten Kugel vom Kaliber .25 aus einer Entfernung von annähernd elf Metern getötet. Ich bin überrascht, daß das Loch in seiner Kehle nicht noch viel größer gewesen ist. Ich bin sogar noch mehr überrascht, daß der, der auf ihn geschossen hat, ihn auch treffen konnte. Er muß tatsächlich der gottverdammt beste Schütze der Welt sein, falls er überhaupt auf Corcoran gezielt hat.«
    »Auf wen sollte er denn sonst gezielt haben?«
    »Nun, da sind noch Sie und dann Miss Singe.«
    »Niemand hat auf mich

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