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Schutzwall

Schutzwall

Titel: Schutzwall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ross Thomas
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Wenn sie’s nicht schaffen, sind nur ein paar komische Töne drauf.« Er runzelte die Stirn.
    »Sie scheinen ja gar nicht mal überrascht.«
    Dill vermutete, daß Clyde Brattle den Einbau der Abhöranlage an jenem Ort angeordnet hatte, wo das Treffen mit Senator Ramirez stattfinden sollte, und nichts, was Brattle jemals tun würde, konnte Dill überraschen. Er lächelte Snow zu und sagte: »Harold, nur um dir zu zeigen, wie sehr ich deine Bemühungen zu schätzen weiß, erlasse ich dir auch die Miete für nächsten Monat.«
    Statt nun zufrieden auszusehen, runzelte Snow schon wieder die Stirn. Er muß sich wieder was Krummes ausdenken, dachte Dill. Er muß der Sache noch einen besonderen Haken geben. »Sagen Sie Cindy nichts«, stieß Snow hastig hervor. »Ich meine, wir werden ihr einfach sagen, daß wir diesen Monat keine Miete zahlen müssen, aber nichts über nächsten Monat. Okay?«
    »Na gut.«
    »Also, wir sollten uns vielleicht besser hinsetzen«, sagte Snow und winkte zu dem cremefarbenen Stuhl hinüber, auf dem Cindy McCabe gesessen hatte, während sie sich ihre Zehennägel lackierte. Nachdem Dill sich gesetzt hatte, machte es sich Snow auf der Couch gegenüber bequem. Die Couch war mit einem Stoff bezogen, auf den farbenprächtige Chrysipposfalter aufgedruckt waren.
    Snow lehnte sich mit verschwörerischer Miene, die Ellbogen auf seine nackten Knie gestützt, nach vorn und flüsterte in einem vertraulichen Tonfall: »All das hat irgendwas mit Ihrer Schwester zu tun, stimmt’s?«
    »Falsch«, sagte Dill.
    Snows treuherziger Ausdruck wich, und er setzte eine skeptische Miene auf. Doch bevor er all seine Zweifel loswerden konnte, kam Cindy McCabe mit einem Tablett zurück, auf dem vier geöffnete Bierdosen standen. Dichtauf folgte ihr Anna Maude Singe mit je zwei Gläsern in jeder Hand.
    »Ich hab Gläser mitgebracht, falls jemand eins braucht«, sagte sie.
    Niemand wollte eins. Cindy McCabe reichte das Bier herum und setzte sich neben Harold Snow auf die Couch.
    Anna Maude Singe setzte sich in den einzigen Sessel im Zimmer. Cindy McCabe blickte zu Snow hinüber. »Was ist mit der Miete?« fragte sie.
    »Wir müssen diesen Monat nicht zahlen!«
    »Kein Scheiß? Wie kommt das denn?«
    Sie hatte die Frage an Dill gerichtet, doch Harold Snow beantwortete sie. »Er möchte, daß wir uns um das Ganze hier kümmern, bis er sich entschieden hat, was er damit tun will. Hin und wieder sogar Leute durchs Haus führen, verstehst du, die es eventuell kaufen wollen.« Er sah Dill an. »Richtig so?«
    »Richtig.«
    »He, das ist ja prima«, sagte Cindy McCabe und lächelte.
    »Aber nächsten Monat müssen wir wieder zahlen«, sagte Harold Snow.
    »Na ja, klar, aber ein Monat mietfrei ist auch nicht zu verachten.« Dann fiel ihr noch etwas ein. »Hast du dich bei ihm schon bedankt?«
    »Natürlich hab ich mich bedankt.«
    »Na ja, manchmal vergißt du’s nämlich.«
    Die Türglocke läutete, und Harold Snow sagte genau das, was jeder andere auch sagt, wenn es nach Einbruch der Dunkelheit an der Tür läutet. Er sagte: »Zum Teufel, wer kann das sein?«
    »Vielleicht Leute, die ’ne Rechnung eintreiben wollen«, sagte Cindy McCabe und rutschte auf ihrem Sitz herum.
    Mit der Bierdose in der Hand erhob sich Snow, durchquerte das Wohnzimmer und verschwand in dem kleinen Vorraum. Sie konnten hören, wie er die Eingangstür aufmachte. Sie hörten ihn auch noch sagen: »Ja, was gibt’s denn?«
    Dann hörten sie den ersten donnernden Schuß einer Schrotflinte. Dann den zweiten. Danach war absolute Stille, bis Cindy McCabe zu schreien begann. Sie stand nicht von der Couch auf. Sie saß einfach da, zerdrückte langsam die Bierdose mit beiden Händen und schrie wieder und immer wieder. Das Bier schoß aus der Dose und rann ihre nackten Beine hinab. Anna Maude Singe sprang schnell auf, ging zu Cindy hinüber und schlug sie zweimal kurz ins Gesicht. Das Schreien hörte auf. Anna Maude kniete sich neben Cindy McCabe, löste ihr sanft die Bierdose aus der Hand und nahm die laut schluchzende Frau in ihre Arme.
    Dill war aufgestanden. Ganz langsam, Schritt für Schritt, näherte er sich dem Vorraum. Ich möchte ihn nicht ansehen, dachte er. Ich will nicht mit ansehen, wie er aussieht. Er schluckte, als er Harold Snow sah, und holte viermal ganz tief Luft. Snow lag auf dem Rücken. Die Bierdose hielt er noch mit der linken Hand umklammert.
    Die rechte Gesichtshälfte war verschwunden, aber das linke Auge war unversehrt und stand weit

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