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Schutzwall

Schutzwall

Titel: Schutzwall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ross Thomas
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Party bei Jake Spivey begann sich gegen Sonnenuntergang aufzulösen, und es war kurz nach einundzwanzig Uhr, als Dill und Anna Maude Singe vor dem gelben Ziegelhaus an der Ecke 32nd und Texas Avenue ankamen. In der unteren Wohnung waren die Lichter an. Die Wetteransage im Radio des gemieteten Ford sprach davon, daß die Temperatur auf 35 Grad gefallen wäre, aber nach Dills Gefühl mußte es noch viel wärmer sein.
    »Er ist also zu Hause«, sagte Anna Maude, als sie das Licht in Harold Snows Wohnung sahen.
    »Halt sie im Wohnzimmer fest, falls er und ich in die Küche gehen«, sagte Dill. »Falls sie in die Küche gehen will, geh ihr hinterher, und richte es so ein, daß sie mindestens zwei oder drei Minuten dort bleibt.«
    »Okay.«
    Sie stiegen aus dem Auto und gingen den schmalen Weg entlang bis zur Tür mit dem Placken abblätternder Farbe. Dill klingelte. Bereits Sekunden später wurde die Tür von Harold Snow geöffnet, der eine verschlagene Miene aufgesetzt hatte. Bevor Snow noch irgend etwas sagen konnte, tönte Dill mit viel zu lauter Stimme: »Wir sind wegen der Miete gekommen, Harold.«
    Zuerst stutzte er und schaute verständnislos drein, doch dann dauerte es nur Sekunden, bis die schlauen Kojotenaugen ihr Begreifen signalisierten. Snow drehte den Kopf herum, um sicherzugehen, daß seine Stimme auch noch im Wohnzimmer gehört werden konnte. »Ja, richtig, die Miete.«
    Snow führte sie durch den kleinen Vorraum ins Wohnzimmer, wo Cindy McCabe gerade rosafarbenen Nagellack auf ihre Zehennägel auftrug, während sie sich gleichzeitig eine Fernsehsendung ansah, in der angejahrte englische Schauspieler für Unterhaltung sorgten. Dill machte die beiden Frauen miteinander bekannt, und Cindy McCabe sagte: »Hi.«
    »Mach den Scheiß aus«, sagte Snow. »Sie sind wegen der Miete hier.«
    Cindy McCabe schraubte den Verschluß der Nagellackflasche zu, stand auf und balancierte in dem Bemühen, den noch feuchten Lack auf ihren Zehennägeln zu schonen, ungeschickt auf den Hacken zu einem riesigen Fernsehgerät hinüber und schaltete es aus. »Was ist denn mit der Miete?« fragte sie.
    »Gott, ist das heiß draußen«, sagte Dill und hoffte, er würde nicht noch hinzusetzen müssen: Das macht mächtigen Durst.
    Er mußte nicht. Der Ausdruck von Schläue kehrte in Harold Snows Gesicht zurück, und er sagte: »Möchten Sie ein Bier oder irgendwas anderes?«
    Dill lächelte. »Ein Bier wäre phantastisch.«
    »Hol uns vier Bier, Puppe. Ja?« sagte Snow zu Cindy McCabe.
    Bevor sie antworten konnte, sagte Anna Maude Singe schnell: »Lassen Sie mich helfen, Cindy.« Cindy nickte abwesend und machte sich auf in die Küche, wobei sie noch immer ungeschickt auf ihren Hacken lief. Anna Maude ging mit ihr.
    »Wo sind meine tausend Mäuse?« brachte Snow hastig mit leiser Stimme heraus.
    »Hast du alles angeschlossen, Harold?«
    »Ich hab’s so installiert, wie Sie gesagt haben – im Wohnzimmer. Wo ist mein Geld?«
    Dill zog die zehn zusammengefalteten Hundertdollarscheine aus seiner Hosentasche und händigte sie Snow aus, der sie schnell durchzählte. »Jesus«, sagte er, »konnten Sie denn nicht irgendwo einen Umschlag auftreiben?« Er zählte die Scheine ein zweites Mal und stopfte sie dann in die rechte Tasche seiner Tennisshorts.
    »Und du bist sicher, daß alles funktioniert, Harold?« sagte Dill.
    »Es läuft alles. Ich hab’s ausprobiert. Sprachgesteuert, genau wie vorher. Komisch ist nur, daß ich noch was anderes gefunden habe.«
    »Was?«
    »Für das ›Was‹ gibt’s einen Aufpreis.«
    Dill schüttelte müde den Kopf. »Die Miete, Harold. Du brauchst diesmal deine Monatsmiete nicht zu bezahlen.«
    »Was ist mit nächstem Monat?«
    Dill knurrte. »Denk an dein Knie, Harold.«
    Auf diese Warnung hin machte Snow einen hastigen Satz nach hinten. Es war fast ein Hüpfer. »Aber ich muß diesen Monat keine Miete zahlen, richtig?«
    »Richtig.«
    »Also, ich habe herausgefunden, daß noch ein anderer Wanzen in der Wohnung angebracht hat. Im Wohnzimmer, meine ich. Sieht ganz so aus, als wären das die Bullen gewesen.«
    »Was meinst du damit, daß das Bullen waren?«
    »Ich meine, daß ein Profi drangewesen ist. Zwar kein Könner wie ich, aber einer, der sich auf sein Geschäft verstand. Ich hab alles an seinem Platz gelassen, aber was ich gemacht habe, war, ’ne kleine Überraschung ins Mikro zu stecken. Das nimmt jetzt zwar immer noch Geräusche auf, aber man braucht ’ne volle Woche, um die Verzerrung wegzubekommen.

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