Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schutzwall

Schutzwall

Titel: Schutzwall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ross Thomas
Vom Netzwerk:
geschossen.«
    »Was ist mit Miss Singe?«
    »Auf sie auch nicht.«
    Strucker zog genießerisch den Rauch seiner Zigarre ein, blies ihn bedächtig in Wölkchen in die Luft und sagte: »Ich habe einige Stellen in Washington angerufen. Nicht viele. Höchstens zwei oder drei. Es scheint, daß man sie da oben sehr gut kennt. Jedenfalls gewisse Leute.
    Soweit ich verstanden habe, sind Sie hinter irgendwelchen Verrätern her, die irgendwo herumgeistern – und jeder einzelne von denen soll, so hab ich mir sagen lassen, ein höllisch harter, gefährlicher Brocken sein. Vielleicht hat einer von denen sich gedacht, sie wären ihm zu dicht auf den Fersen, hat sich in die Polizeiuniform eines anderen Bundesstaates geworfen (das würde doch ganz nach einem Schreckgespenst klingen, wie?), einen Schuß auf Sie abgegeben, Sie verfehlt und statt dessen den armen alten Clay Corcoran getroffen.« Er zuckte die breiten Schultern, und diesmal wirkte sein Schulterzucken etwas merkwürdig, geradezu mediterran. »So etwa könnte es doch gewesen sein.«
    »Nein«, sagte Dill, »das könnte es nicht.« Er stockte kurz, zum Teil wegen der Ausflüchte, die Strucker machte, aber eigentlich auch, weil es ihm widerstrebte, das zu sagen, womit er dann doch schließlich herauskam:
    »Mir ist zu Ohren gekommen«, sagte Dill, »daß Sie Bürgermeister werden wollen.«
    Strucker wedelte geringschätzig mit seiner Zigarre.
    »Bloßes Gerede.«
    »Aber falls es doch nicht nur bei bloßem Gerede bleibt, könnte Jake Spivey Ihnen doch ungeheuer von Nutzen sein.«
    »Nun ja, doch, seine Hilfe käme schon sehr gelegen, falls er es darauf anlegt, sie mir zu geben.«
    Dill beugte sich etwas vor, als wollte er Strucker näher in Augenschein nehmen. »Ich kann Jake die Schlinge um den Hals legen«, sagte er. »Ich kann ihn so weit in die Wüste schicken, daß er für niemanden mehr von irgendeinem Nutzen ist.«
    Strucker nuckelte wieder an seiner Zigarre, nahm sie aus dem Mund, schaute sie an und sagte: »Ihren ältesten Freund.«
    »Meinen ältesten Freund.« Dill lehnte sich in seinem Stuhl zurück. Seine Stimme war kalt und abweisend und beinahe ohne jede Betonung. »Sie war meine Schwester. Das einzige, was ich noch an Familie hatte. Ich kannte sie besser, als ich je in meinem Leben jemanden gekannt habe. Sie war nicht korrupt. Sie hat bei niemandem auf der Liste gestanden. Das weiß ich genau. Und ich bin mir auch ziemlich sicher, daß Sie das wissen. Ebenso glaube ich, daß Sie genau wissen, was mit Felicity geschehen ist und warum. Ich muß all das wissen, was Sie auch wissen. Entweder Sie sagen es mir also, oder ich laß meinen alten Freund und Ihre politische Zukunft den Bach runtergehen.«
    Struckers Nicken war fast verständnisvoll. »Muß schon irgendwie hart sein, zwischen einem noch lebenden Freund und einer toten Schwester wählen zu müssen.«
    »Ganz so schwer nun auch wieder nicht.«
    »Vielleicht nicht für Sie.« Er sog den Rauch seiner Zigarre wieder tief ein, stieß ihn langsam aus und betrachtete erneut gedankenverloren das Ende der Zigarre.
    »Wieviel Zeit lassen Sie mir – eine Woche?«
    »Drei Tage«, sagte Dill.
    »Eine Woche wäre besser.«
    »Ich würde sagen, okay, aber ich hab nur noch drei Tage.«
    Strucker erhob sich, reckte sich ein wenig und ließ wieder sein tiefes Seufzen hören. »Also, dann drei Tage.«
    Er starrte fast neugierig auf Dill herab. »Das würden Sie tatsächlich tun, nicht wahr – ihren alten Freund fallenlassen?«
    »Ja«, sagte Dill, »das würde ich tatsächlich.«
    Strucker nickte noch einmal, so als bestätigte sich für ihn eine zwar erwartete, aber nichtsdestoweniger unangenehme Neuigkeit, machte kehrt und ging aus dem Zimmer. Dill sah ihm nach. Als die Schiebetüren sich geschlossen hatten, stand Dill auf und ging hinter Spiveys Schreibtisch. Er tastete mit der Hand unter der Schreibtischkante entlang und fand schließlich den Schalter. Er ging auf Hände und Knie nieder, um ihn zu begutachten.
    Der Schalter stand auf »Ein«. Dill ließ ihn so, zog die oberste rechte Schublade des Schreibtisches auf, dann die mittlere und schließlich die ganz untere. Das japanische Tonbandgerät war in der untersten Schublade und drehte sich langsam. Es war offenbar von einem Fachmann dort angebracht worden. Dill schob die Schublade sachte zu und stand auf.
    Er sah sich im Zimmer um und sagte dann mit fester, lauter, klarer Stimme: »Ich habe ihm nichts vorgemacht, Jake. Ich würde es tatsächlich tun.«

30
    Die

Weitere Kostenlose Bücher