Schutzwall
und arbeitete sich bis zu seinen Augen hoch. Er schien Dills Augen ganz besonders interessant zu finden. »Wann?« fragte Brattle.
»Heute abend um zehn.«
»Wo?«
»In der Wohnung meiner Anwältin. Hier ist die Adresse.« Dill reichte Brattle einen kleinen Zettel, auf den Anna Maude Singes Namen und Adresse geschrieben waren. Brattle machte sich nicht die Mühe, ihn zu lesen.
Er steckte ihn einfach in seine Jackentasche.
»Wie sieht’s da aus?« fragte Brattle.
»Der einzige Weg nach oben sind die Treppen und ein Fahrstuhl. Jake bringt zwei seiner Mexikaner mit. Sie können sich von Harley und Sid begleiten lassen. Sie können alle irgendwo herumstehen und sich angiften.«
»Wer wird sonst noch da sein?« fragte Brattle. »Nur Sie, Jake und ich.«
»Warum Sie?«
Dill zuckte die Achseln. »Warum nicht?«
Nach einer kleinen Pause nickte Brattle mit seinem feinen Römerkopf. »Ich werd’s mir überlegen«, sagte er, ging zur Tür und schritt in den heißen Augustabend hinaus.
Es war noch nicht ganz acht Uhr abends, als Dill in das Wohnzimmer seiner toten Schwester zurückkam. Indem er Brattle nach unten begleitet hatte, hatte er dem Senator und Tim Dolan hinreichend Zeit gegeben, die nächsten Züge vorauszuplanen, die es ihnen ermöglichen würden, Brattles Vorschlag anzunehmen. Doch zuerst mußte es ihnen darauf ankommen, Dill aus der ganzen Sache herauszubugsieren. Er fragte sich, wie sie das wohl anstellen wollten. Er wußte, daß sie sich ausweichend verhalten würden; irgendwie hoffte er auch, daß sie clever sein würden.
Als er das Wohnzimmer wieder betrat, stellte ihm Tim Dolan eine Frage, die Dill sofort als gerissen einstufte.
Dolan fragte: »Was meinst du, hat er uns unsere Show abgekauft?«
»Brattle?«
»Ja.«
»Es schien ganz so«, meinte Dill.
Der Senator lächelte. »Ich glaube, wir haben alle diese Nummer mit ihm sehr gekonnt abgezogen. Finden Sie nicht?« Bevor Dill darauf antworten konnte, fuhr der Senator fort: »Besonders, als Tim hier seine Rolle als Trottel gespielt hat.«
Dill nickte. »Das war allerdings sehr überzeugend.«
»Er hat’s mir abgekauft«, sagte Dolan mit zuversichtlicher Miene, doch sein Tonfall drückte leichten Zweifel aus.
»Doch, doch, das hat er«, sagte Dill und fragte zum Senator gewandt: »Und was jetzt?«
»Jetzt? Nun, wir halten ihn ein oder zwei Tage hin, und dann liefern wir ihn aus. Ich würde allerdings meinen«, fügte er langsam hinzu, wobei sich ein weiser, gedankenvoller Ausdruck auf seinem beinahe vollkommenen Gesicht ausbreitete. »Das heißt, ich meine, von jetzt an sollten wir Tim alle Verhandlungen mit Brattle überlassen. Finden Sie nicht?«
»Er ist der Berater«, sagte Dill, »das sollte seine Aufgabe sein.«
»Gut«, sagte Ramirez. »Übrigens, Ben, ich möchte Ihnen ein Kompliment dafür machen, wie Sie das hier angepackt haben. Wirklich hervorragend.«
»Danke.«
Der Senator hatte noch eine weitere Frage auf dem Herzen. Er stellte sie so beiläufig wie möglich. »Glauben Sie, daß das alles wahr ist?«
»Sie meinen das mit den vier Namen der Männer, die er reich gemacht hat?«
Der Senator nickte.
»Ganz sicher«, sagte Dill. »Es ist wahr. Wenn es nicht so wäre, warum hätte Brattle sie dann wohl ins Spiel gebracht. Was hätte es ihm nutzen sollen?«
»Genau das, was ich auch denke.«
»Und ich auch«, meinte Dolan.
»Nun, dann«, verkündete der Senator mit viel zu munterer, launiger Stimme. »Ich bin am Verhungern. Warum besorgen wir uns nicht irgendwo ein riesiges Steak?«
»Ich muß später mal darauf zurückkommen«, sagte Dill und bemerkte einen kleinen Anflug von Erleichterung im Gesicht des Senators, das jedoch fast übergangslos einem Ausdruck leisen Mißtrauens Platz machte. Dill beeilte sich mit seiner Erklärung. »Ich will morgen oder übermorgen nach Washington zurückfliegen, und das ist jetzt wahrscheinlich die letzte Chance, die ich habe, mich hier noch einmal umzusehen, ob unter Felicitys Sachen irgend etwas ist, das ich haben will – Familienfotos, Briefe und Ähnliches. Nehmen Sie doch einfach den Wagen, und ich ruf mir dann später ein Taxi.«
Nachdem Dill Dolan die Autoschlüssel ausgehändigt und ihn gebeten hatte, sie im Postfach des Hotels zu hinterlegen, ließ der Senator seine Blicke ein letztes Mal durchs Wohnzimmer schweifen und sagte: »Ihre Schwester hat hier ziemlich lange gelebt?«
»Nein, nicht sehr lange.«
»Eine sehr gemütliche kleine Wohnung, wie?«
Nachdem der Senator
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