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Schutzwall

Schutzwall

Titel: Schutzwall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ross Thomas
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griff in seine Jackentasche und zog eine Karte im Format DIN A7 heraus. Er reichte sie zuerst Dolan hinüber, dessen Augenbrauen hochzuckten, nachdem er sie gelesen hatte, und der dann fast bestürzt vor sich hinmurmelte: »Heilige Mutter Gottes.« Er reichte die Karte an den Senator weiter, der sie ohne die leiseste Regung las und gerade in die Tasche stecken wollte, als er Dills ausgestreckte Hand sah. Nach einigem Zögern gab der Senator die Karte an Dill weiter, der die vier Namen, die darauf geschrieben waren, mit klarer, lauter Stimme vorlas.
    Zwei der Namen waren allen bestens aus den Schlagzeilen vertraut, vorausgesetzt, sie hörten zumindest gelegentlich die überregionalen Nachrichten, las die Aufmacher mindestens einer Tageszeitung und war Käufer oder Abonnent jeder beliebigen anderen Zeitschrift neben dem TV-Guide. Die beiden anderen Namen waren etwas weniger gut bekannt, doch hatten sie immerhin bei denen einen vertrauten Klang und wurden respektvoll von ihnen erwähnt, die sich selber für Makler der politischen Macht in Washington hielten. Der erste, weniger bekannte Name gehörte einem Mann, der noch immer ein sehr hochgestelltes Tier bei der CIA war. Der zweite, weniger klangvolle Name war der eines anderen Mannes, der ebenfalls Spitzenagent bei der CIA gewesen war, sich jedoch inzwischen als Lobbyist in Washington betätigte, dessen Dienste einiges kosteten. Der erste, landauf, landab bekannte Name war der eines stellvertretenden Stabschefs im Weißen Haus. Der zweite Name war der eigentlich sensationelle Hit: Es war der eines vormaligen CIA-Superstars, der sich inzwischen zum US-Senator gemausert hatte.
    »Was Sie damit wohl zu verstehen geben wollen, Clyde«, bemerkte Dill, »ist doch, daß Sie all diese Typen hier in der Tasche haben.« Und wieder las Dill die vier Namen vor, doch diesmal mit normaler, fast gleichgültiger Stimme.
    »Ich habe allen vieren zu Reichtum verholfen«, sagte Brattle. »Na ja, auf jeden Fall zu Wohlstand.«
    »Sie können das natürlich beweisen«, sagte der Senator.
    »Ich kann’s beweisen.«
    Von Tim Dolans nächster Frage war Dill in höchstem Maße überrascht. Und er hatte die Vermutung, daß seine Kumpane in Boston nicht nur überrascht gewesen wären, sondern auch tief enttäuscht. Dolans Frage lautete: »Und jetzt möchten Sie, daß wir dabei helfen, diese vier Typen in die Pfanne zu hauen!«
    Der Senator konnte die wütende Ungeduld in seiner Stimme nicht ganz zurückhalten, als er sich Dolan zuwandte und grollend sagte: »Herrgott noch mal, Tim.«
    Dolan starrte den Senator an, und dann breitete sich auf seinem hübschen irischen Gesicht ein Ausdruck tiefen Verstehens und entzückten Einverständnisses aus. Dill glaubte auch eine Spur von Ehrfurcht in seiner Miene festzustellen, als Dolan sich langsam zu Brattle zurückwandte und sagte: »Oh. Ja. Jetzt verstehe ich. Sie wollen sie nicht im Knast haben. Was Sie uns bieten wollen, ist die Gelegenheit, sie draußen zu halten.«
    Brattle lächelte Dolan ermunternd an, so wie er etwa einem leicht begriffsstutzigen Schüler zugelächelt haben würde, der ganz unerwartet zu größeren Hoffnungen berechtigte. »Genau«, sagte er und wandte sich wieder zu Ramirez. »Nun, Senator?«
    Dill glaubte jetzt zu wissen, welchen Kurs der Senator einschlagen würde. Trotzdem gab er ihm stillschweigend einen guten Rat mit. Bring wichtige Männer ins Gefängnis, junges Herrchen, und alles, was du dabei gewinnst, ist ein sehr vergänglicher Ruhm. Bewahre wichtige Männer vor dem Gefängnis und stell dabei sicher, daß sie genau wissen, daß du es bist, der sie davor bewahrt, und du erwirbst dir beträchtliche Macht. Und Macht ist doch selbstverständlich das, worum sich in deinem erwählten Beruf alles dreht: Wie man sie bekommt; wie man sie behält; wie man sie verwendet.
    Es verstrichen etwa zehn Sekunden, bevor der Senator auf Clyde Brattles Frage antwortete. »Ich glaube schon«, sagte er ganz langsam, »daß wir zu irgendeiner Vereinbarung gelangen können, Mr. Brattle.«
    Und im selben Moment wußte Dill auch, daß Jake Spivey, vorausgesetzt, der tote Harold Snow hatte ihn nicht angelogen, nie auch nur einen einzigen Tag im Gefängnis absitzen müßte.

35
    Dill brachte Clyde Brattle die Treppen hinunter. Als sie auf der letzten Stufe standen, sagte Dill: »Jake möchte ein Treffen. Er will mit Ihnen ein Geschäft machen.«
    Brattle wandte sich zur Seite und musterte Dill eingehend. Die Prüfung begann bei Dills Schuhen

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