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Schutzwall

Schutzwall

Titel: Schutzwall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ross Thomas
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und Dolan gegangen waren, trug Dill den Küchenstuhl zurück ins Schlafzimmer. Er schob die Tür des Wandschranks auf, schob Felicitys Sachen zur Seite und stellte den Stuhl im Wandschrank direkt unter die Klappe, die auf den Zwischenboden der Garagenwohnung führte.
    Auf dem Küchenstuhl stehend, drückte Dill mit der Innenhand gegen die Falltür. Sie gab leicht nach. Er klappte sie auf eine Seite zurück. Der Küchenhocker war nur neunzig Zentimeter hoch, und Dill stieß mit dem Scheitel an die zwei Meter zwanzig hohe Decke. Er klammerte sich an die Kante der Falltür, sprang hoch, bekam seine Ellbogen über den Rand, und nach einigem wildem Gestrampel schaffte er es, ein Knie nachzuziehen. Danach war alles andere ziemlich leicht.
    Die Querträger der Decke waren mit übriggebliebenen Sperrholzabschnitten bedeckt, die eine Art Pfad bildeten.
    Dill holte die Kerze aus der Tasche, die er in der Küche gefunden hatte, und zündete sie mit einem Streichholz an.
    Er folgte der Spur der Sperrholzstücken, bis er über der Wohnzimmerdecke war. Als er über dem Sperrholz entlangkroch, redete er unaufhörlich mit dem toten Harold Snow: Du hast mich doch nicht belogen, Harold, oder? Nein, ausgeschlossen. Niemals. Tausend Dollar für fünfzehn Minuten Arbeit. Warum hättest du mich also anlügen sollen?
    Als Dill nach seiner Schätzung etwa auf der Mitte der Wohnzimmerdecke war, machte er halt, hielt die Kerze hoch und fand den Beweis dafür, daß Harold Snow nicht gelogen hatte. Das kleine Tonbandgerät mit der Sprachsteuerung befand sich genau da, wo Snow behauptet hatte. Dill drückte den Rücklauf, nahm die Kassette heraus und steckte sie in die Tasche. Er ließ das Tonband, wo es war, und kroch über die Sperrholzspur zurück zu der Falltür. Es war viel leichter, hinab- als heraufzusteigen.
    Wieder auf dem Küchenschemel stehend, ließ er die Klappe in ihre Halterung einrasten.
    Nachdem er den Hocker in die Küche zurückgetragen hatte, blieb er lauschend stehen. Es war nicht irgendein bestimmtes Geräusch, das ihn dazu veranlaßt hatte, sondern die völlige Stille. Er ging zum Küchenfenster und sah hinaus. Es ging auf die Durchfahrt, und gegenüber befand sich ein Hinterhof, der von sechs hohen Silberpappeln bestanden war. Gewöhnlich schwankten, rauschten und zitterten die Pappeln schon bei der leisesten Brise. Sie waren jetzt vollkommen still, weil nicht der leiseste Luftzug ging. Dann plötzlich kam es herab aus dem Norden, herunter von Kanada und Montana und den Dakotas.
    Anfangs zitterten die Pappeln, dann schwankten sie, und schließlich tanzten sie wie verrückt geworden in dem kalten, scharfen Nordwind.
    Bis Dill alle Lichter gelöscht, sich vergewissert hatte, daß sämtliche Fenster geschlossen, die Treppe hinab und aus der Tür gegangen war, war es zwanzig Uhr dreiunddreißig und stockfinster. Die Temperatur war innerhalb der vergangenen fünfunddreißig Minuten um 18 Grad gefallen und betrug jetzt nur noch 19 Grad. Der Nordwind kam in heftigen Böen. In der Luft lag der Geruch von Regen. Dill fröstelte in der plötzlichen Kühle und fand diese Empfindung seltsam ungewohnt. Aber so geht es einem schließlich an jedem kalten Augusttag, dachte er.
    Dill ging quer über den alten Ziegeleihof, der in einen Park umgewandelt worden war. Als er zu der städtischen Badeanstalt kam, wo er und Jake Spivey schwimmen gelernt und Dill sich das Kunstspringen beigebracht hatte, setzte der Regen ein – große, dicke, niederprasselnde Tropfen, die auf den staubigen Boden auftrafen und einen wunderbar sauberen Geruch verströmten. Dill blieb stehen und hob sein Gesicht dem Regen entgegen. Das angenehme Gefühl hielt nur wenige Sekunden vor, dann schauderte er vor Kälte. Dill trabte jetzt schnell durch den Regen. Er wurde naß, weichte dann völlig durch, und als er schließlich nahe der 18th und dem TR Boulevard aus dem Park herauskam, war er pudelnaß, zitterte und wünschte sich, daß der Regen aufhören würde.
    Seit vielen, vielen Jahren war an der Ecke 18th und TR Boulevard ein Drugstore gewesen, wie Dill sich erinnerte.
    Er fragte sich, ob er wohl noch dort wäre. Die King Brothers, so fiel ihm wieder ein. Lieferung frei Haus. Sie hatten ihre Trinkbrunnen mit Sodawasser behalten, noch lange, nachdem alle anderen Drugstores sie abgeschafft hatten. Die King Brothers hatten damals erklärt, ein Drugstore ohne einen Trinkbrunnen mit Sodawasser könnte gar kein richtiger Drugstore sein. Als Dill aus dem Park herauskam,

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