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Schutzwall

Schutzwall

Titel: Schutzwall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ross Thomas
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hinüber«, sagte er, »alle in Uniform und gleich wie ein Ei dem anderen. Er kann sich von irgendwo eine Uniform von auswärts beschafft haben, zur Beerdigung gegangen, hier herausgekommen sein, dann auf Corcoran geschossen und sich auf der anderen Seite des Irrgartens aus dem Staub gemacht haben. Genauso könnte es passiert sein.«
    »Vielleicht«, sagte Dill.
    Strucker sah ihn mit neu erwachtem Interesse an. »Was meinen Sie mit ›vielleicht‹?«
    »Als ich mich dieses eine Mal mit Corcoran unterhalten habe, erzählte er mir, daß er oft als Leibwächter gearbeitet hat. Vielleicht war es auch das, was er hier gemacht hat – beinahe reflexartig. Er schaffte Anna Maude und mich aus dem Weg und nahm sich dann den Schützen vor – nur, daß es eben nicht so gut geklappt hat.«
    Strucker paffte nachdenklich an seiner Zigarre, hustete zweimal und nickte dann – ein bißchen mürrisch, wie Dill fand. »Und hinter wem war der Schütze her?« sagte Strucker, »hinter Ihnen?«
    Dill sah Anna Maude an. »Oder hinter ihr.«
    Anna Maude Singes Augen weiteten sich einen Moment lang, und ihr Mund klappte auf, schloß sich jedoch sofort wieder, so daß sie noch das ›M‹ in dem fassungslos hervorgebrachten »Mich?« bilden konnte.
    »Vielleicht«, sagte Dill.
    »Warum denn ich, zum Teufel?«
    »Man könnte genausogut sagen: Verdammt, warum überhaupt irgendeiner«, gab Dill zurück.

21
    Draußen vor der Polizeizentrale wartete Sergeant Mock im Wagen, während Dill und Anna Maude Singe eine kurze Aussage auf ein Tonband sprachen. Danach fuhr er sie zum Hawkins Hotel zurück. Die Frage, mit der Dill gerechnet hatte, kam erst, nachdem er und Anna Maude mit dem Fahrstuhl nach unten in die Tiefgarage gefahren waren und in dem gemieteten Ford saßen, dessen Motor im Leerlauf vor sich hin schnurrte und in dem die Klimaanlage auf vollen Touren lief. Die Anzeige außen an der First National Bank verriet ihnen, daß die Temperatur 39 Grad Celsius betrug und es genau 13.31 Uhr war.
    »Warum hast du ihnen nicht erzählt, was Clay über Jake Spivey gesagt hat?« fragte Anna Maude Singe.
    »Was hat er denn gesagt?«
    »Er sagte, da ist ein Bursche namens Jake Spivey, der –« Sie machte eine Pause. »Das war’s wortwörtlich.«
    »Da ist dieser Kerl namens Jake Spivey, der – nun was denn!« sagte Dill.
    »Ich weiß nicht.«
    »Ich weiß es genausowenig, und deswegen hab ich ihnen auch nichts davon erzählt. Warum hast du’s denn nicht gemacht?«
    »Du bist mein Klient.«
    »Das ist es doch nicht«, sagte Dill und fuhr den Ford rückwärts aus der Parkbox.
    »Vielleicht«, sagte sie, »vielleicht habe ich’s auch deswegen nicht getan, weil Clay gerade sagen wollte, ›da ist dieser Kerl namens Jake Spivey, der mich aufgefordert hat, Sonntag zum Barbecue zu seinem Haus zu kommen und in seinen Swimmingpool zu hüpfen, und man hat mir gesagt, daß ihr beide auch kommt‹ oder …« Sie ließ den Satz in der Luft hängen.
    »Oder was?« sagte Dill, während er die Rampe hochfuhr.
    »Ich weiß nicht.«
    Sie kamen in der Our Jack Street heraus, fuhren Ecke Broadway an eine rote Ampel heran, hielten an und bogen bei Rot rechts ab – eine durchaus logische Regelung, die sich die Stadt 1929 zu eigen gemacht hatte und die dann später auch ohne vorherige Absprache von Kalifornien übernommen worden war.
    Nachdem sie den Broadway zwei Blocks in nördlicher Richtung gefahren waren, fragte Dill: »Hunger?«
    »Nein.«
    »Also, dann bring das mit dem angefangenen ›Oder‹ zu Ende.«
    »Oder«, sagte sie, »da ist so ein Kerl namens Jake Spivey, der mich gebeten hat, bei ihm Leibwächter zu spielen und jemanden davon abzuhalten, ihn umzubringen.«
    »Gar nicht schlecht«, sagte Dill.
    Sie schüttelte den Kopf und verwarf all diese Mutmaßungen. »Die Variationen dazu sind endlos«, sagte sie, »und sie ergeben keinen Sinn.«
    »Bist du ganz sicher, daß du keinen Hunger hast?« fragte er.
    »Ich möchte einen Drink.«
    »Okay, dann halten wir irgendwo an, du bekommst deinen Drink, und ich bestell mir ein Sandwich und einen Drink.«
    »Und was dann?«
    »Dann«, sagte Dill, »nun, dann wollen wir mal nachsehen, wo Felicity wirklich gewohnt hat.«
    Anna Maude Singe änderte ihren Entschluß und wählte ein Sandwich mit Schinken, Salatblättern und Tomaten sowie einen Bloody Mary in Binkies Bar and Grille. Das »e« in der Endung von Grille hatte Dill anfangs etwas irritiert, doch drinnen war das Lokal ganz gemütlich, trotz übertrieben vieler

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