Schutzwall
Arme unter dem Kopf verschränkt, als Anna Maude Singe mit zwei Dosen Bier nackt ins Wohnzimmer zurückkam. Sie kniete sich neben ihm hin und stellte eine der eiskalten Dosen auf seine nackte Brust. »Jesus«, stöhnte Dill und grinste, zog hastig seine rechte Hand unter dem Kopf hervor und schnappte sich das Bier von seiner Brust.
Anna Maude erhob ihr Bier zu einem scherzhaften Toast und sagte: »Auf unseren stürmischen, ausgelassenen Nachmittag.«
»Das war er wirklich«, sagte er und stemmte sich hoch, so daß er sich auf den linken Arm stützen konnte.
»Läufst du regelmäßig?« fragte sie und unterzog ihn noch einmal einer eingehenden Musterung. »Du siehst aus wie ein trainierter Läufer.«
Dill schaute an sich herab. »Nein, ich laufe nicht. Das ist mein Erbteil, und ich fürchte, es ist bald aufgebraucht.
Das ist alles, was mir mein alter Herr hinterlassen hat – einen bemerkenswert gesunden Stoffwechsel. Auch die Nase hab ich von ihm, aber die hätte er gut und gern behalten können.«
»Es ist eine hübsche Nase«, meinte sie. »Du siehst damit aus wie Captain Easy, Soldier of Fortune. «
»Komm mir bloß nicht mit Captain Easy!«
»Der hatte einen ständigen Schatten namens Wash Tubbs. Ich hab früher mal einen Fall von Copyright-Verletzung übernommen. Es war ein alter Comic strip. Bei meinen Nachforschungen habe ich eine unglaubliche Menge über das gelernt, was man früher die Funnies genannt hat – wahrscheinlich viel mehr, als ich darüber wissen wollte. Aber es ist eigentlich das, warum ich Jura so spannend finde. Es führt dich auf die sonderbarsten Abwege.«
Sie stand auf, fröstelte leicht im Luftzug der Klimaanlage, stellte ihr Bier ab und schlüpfte in ihr weißes Neglige. Dill blieb in seiner faulen Seitenlage, aufgestützt auf seinen linken Ellenbogen. Anna Maude setzte sich auf die Couch und griff nach ihrem Bier.
»Na«, sagte sie, »woran denkst du gerade?«
Dill legte sich auf den Teppich zurück und starrte zur Decke. »Felicity hat keine Schmiergelder genommen.«
»Nein, ich glaub’s auch nicht.«
»Aber irgendwoher muß sie Geld haben.«
»Ich frag mich, von wem?«
»Wer weiß.« Ohne sich mit den Händen abzustützen, setzte Dill sich auf. Er langte nach seinem Hemd und den Shorts und begann, sich anzuziehen. »Was machst du hier bloß – hältst du die Zimmertemperatur so bei 19 oder 20 Grad?«
»Ich hab’s gern kühl«, sagte sie. Nach dem nächsten Schluck Bier bemerkte sie in einem leicht spielerischen Tonfall: »Jake Spivey.«
»Old Jake.«
»Clay Corcoran wollte uns irgend etwas über ihn erzählen.«
»Wer immer Corcoran erschossen hat, tat es nicht deswegen, um ihn davon abzuhalten, mit uns zu reden.«
»Wie willst du das wissen?« fragte sie.
»Es ist alles zu einfach, zu sauber, zu …«
»Bequem?«
»Auch das«, sagte er.
»Aber dann gibt’s ja auch noch diese andere Verbindung zwischen Spivey und Corcoran«, meinte sie.
»Sofern man Harold Snow Glauben schenken kann.
Vielleicht werd ich morgen Jake danach fragen.«
»Meinst du wirklich, daß er sich dazu äußert?«
»Könnte sein.« Dill griff sich seine Hosen, stand auf und machte sich daran, sie überzuziehen.
»Mein Gott!« sagte sie, »ein Bein nach dem anderen – genau wie jeder x-beliebige andere auch.«
»Was hast du denn erwartet?«
»Nach diesem Nachmittag irgendwas – nun ja, ganz anderes.«
Dill lächelte. »Ich betrachte das als Kompliment.«
»Das solltest du auch.«
Dill drehte sich um, um noch einmal den Maxfield-Parrish-Druck in Augenschein zu nehmen. »Mädchen«, sagte er schließlich, »eindeutig Mädchen.« Er wandte sich wieder zu Anna Maude. »Dieser alte Knabe in der Kirche …«
»Der Reporter?«
»Ja, Laffter. Ich glaube, ich werd noch mal mit ihm reden.«
»Ruf ihn doch an.«
Dill schüttelte den Kopf. »Irgend jemand hat ihm das mit Felicitys Geldproblemen gesteckt, unmittelbar nachdem sie gestorben war. Bis heute ist er auf der Story sitzengeblieben, aber jetzt hat man ihm mit einemmal grünes Licht gegeben, weil irgend jemandem daran liegt. Ich möchte wirklich gern wissen, wer all diese Jemande sind.«
»Weißt du, wo er wohnt?«
»Laffter? Ich weiß, wo er ständig herumhängt. Magst du Steak?«
Sie zuckte die Achseln. »Ich kann’s essen. Was meinst du denn, wohin wir gehen sollen?«
»In den Presseclub.«
»Wann?«
»So gegen acht.«
»Und was machen wir bis dahin?«
Dill grinste. »Wir könnten ja dein Bett ausprobieren.«
Sie gab
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